Religiöse Ahnungslosigkeit:
Das "Sakrileg" ist ein ziemlicher Frevel
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
"Die Leute sind von einer solchen religiösen
Ahnungslosigkeit, dass sie jeden Blödsinn glauben und auf den Leim gehen."
Das sagte Dr. Claus-Hunno Hunzinger, anerkannter Forscher der Tote Meer
Rollen, zu dem Buch von Dan Brown "Da Vinci Code" und dem dazu gedrehten
Hollywood-Film "Sakrileg". Am 18. Mai soll der in den deutschen Kinos
starten.
Der Qumran-Experte Alexander Schick und der Theologe
Michael Welte haben gemeinsam ein Buch über das "Wahre Sakrileg" verfasst,
nämlich all dem "Humbug", "Quatsch", "breitgetretenen Quark" und sonstigen
"Unfug", der inzwischen 40 Millionen Leser eines weltweiten Bestsellers
"überzeugt" hat, jedoch wissenschaftlicher Schwachsinn ist.
Das gut recherchierte und vor Allem wissenschaftlich
fundierte Buch von Schick und Welte besteht aus einer Mischung von
Interviews mit anerkannten Experten, darunter Archäologen, Theologen und
Forschern der Qumran-Rollen, persönlichen Erfahrungen von Schick und
fundierten Hintergrundinformationen über die Essener, Zeitgenossen Jesu, und
über die Entstehungsgeschichte biblischer Manuskripte.
Die Kirche habe nicht das Geringste zu befürchten, sagt
einer der zitierten Experten über das Brown-Buch, über den Film und
Begleitwerke, wie "Der Heilige Gral und seine Erben" von Braigent und Leigh.
Was diese Autoren als "Verschlusssache Jesus" und jetzt als Verschwörung der
katholischen Kirche darstellen, kann Schick anhand historischer Fakten und
wissenschaftlicher Darstellungen leicht widerlegen. So etwa die Behauptung,
dass die Römer gekreuzigte Verbrecher nicht zur Beisetzung durch ihre
Familien freigegeben hätten. Den simplen Gegenbeweis liefert ein gewisser
"Jochanan Ben Hagkol". Dessen Gebeine wurden in einem sogenannten
Knochenkasten 1967 bei Ausgrabungen in Jerusalem gefunden. Der Kasten trug
seinen Namen. Er wurde also von seiner Familie nach jüdischer Sitte
bestattet. Das besondere an ihm: In seinem Fußknöchel steckte noch ein
verbogener Nagel mit einem Stückchen Holz. Das ist bisher der einzige
physische Beweis für die grausame römische Hinrichtungsmethode und zugleich
ein Beweis dafür, dass die Hingerichteten sehr wohl zum Begräbnis
freigegeben wurden.
Die Liste der Geschichtsklitterungen und sinnlosen
Behauptungen, die Dan Brown angeblich aufgrund ausführlicher Forschungen in
seinen Roman eingebaut hat, ist zu lang, um hier komplett wiedergegeben zu
werden. Der Buchstabe "M", den Brown auf Leonardo Da Vincis Fresco vom
"Letzten Abendmahl" anhand der Gestaltung der Figuren "entdeckt" habe, stehe
für "Maria Magdalena" oder "Matrimonium". Leonardo-Forscher Frank Zöllner
kontert treffend: "Das kann auch für Marshmellows stehen." Browns Sakrileg
sei bestenfalls Fiktion, schlimmstenfalls eine 40 millionenfach gelesene und
fast ebenso oft geglaubte Lüge.
Ein zentraler "Beweis" für Dan Browns Theorie, wonach
Jesus mit Maria Magdalena verheiratet war und dass deren Nachkommen bis
heute leben, liefert angeblich die in Qumran gefundene 7,34 Meter lange
Abschrift des biblischen Prophetenbuches Jesaja. Doch wie unwissend Brown
und seine Herausgeber seien, zeigt die Abbildung eines Kapitels dieser
hebräischen Schriftrolle in den Büchern Browns. Der hebräische Text, mehrere
Jahrhunderte vor Jesus entstanden, ist auf dem Titelblatt von Dan Browns
Begleitbuch "The Da Vinci Code Travel Journal" spiegelverkehrt und noch dazu
auf dem Kopf stehend wiedergegeben. Für jedes israelische Kind bedeutet das
peinliche Unkenntnis.
Obgleich polemisch gegen "Sakrileg" angelegt, ist Schicks
Buch auch ein Gewinn für jene, die weder den Bestseller noch den Film
beachten. Es liefert leicht verständlich Einblicke in die
Entstehungsgeschichte des Christentums, in die jüdische Umwelt Jesu, in die
Bedeutung der Tote-Meer-Rollen und in die erstaunlich exakte Überlieferung
biblischer Texte seit über 2000 Jahren, trotz zahlloser handschriftlicher
Kopien.
Alexander
Schick
mit Michael Welte:
Das wahre Sakrileg
Die verborgenen Hintergründe de Da-Vinci-Codes
Knaur Taschenbuch Verlag, München
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hagalil.com 16-05-2006 |