Arbeitspartei gespalten:
Israelische Regierung am Donnerstag
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
"Ach wie sehr genieße ich, dass mein Freund Dani Jatom
heute über Mindestlohn redet. Vor kurzem noch sprach er von pfeifenden
Kugeln." Amir Peretz sagte den "Generalen und Admiralen" in der
Arbeitspartei den Kampf an, verzichtete aber darauf, weitere schwere
Beleidigungen aus seinem vorbereiteten Manuskript zu verlesen. Nur mit
knapper Mehrheit, 677 Stimmen der "Peretz-Fraktion" gegen 633 aus dem Lager
der Generäle, erhielt Peretz die Zustimmung des Parteitags, selber seine
künftigen Minister in der Koalitionsregierung mit Kadima unter Ehud Olmert
auszuwählen.
Einige neue Prominente der Arbeitspartei, so der
ehemalige Admiral und Geheimdienstmann Ami Ayalon, Autor eines liberalen
"Friedensplans" mit den Palästinensern, wie der weltbekannte
Wirtschaftsfachmann und ehemalige Präsident der Ben Gurion Universität,
Avischai Bravermann, gingen leer aus. Zutiefst beleidigt über die Vorstöße
des Parteivorsitzenden, der für sich selber den Posten des
Verteidigungsministers bei Olmert eingefordert hatte, antwortete General
a.D. Matan Vilnai: "Ich entschuldige mich dafür, mit 287 Kämpfern nach
Entebbe geflogen zu sein, um dort die Geiseln zu befreien." Zynisch fügte er
hinzu: "Ich verspreche, so etwas nie wieder zu tun."
Die Arbeitspartei ging tief gespalten aus ihrem Parteitag hervor. Peretz
hatte Tabus gebrochen, indem er sich über die verdienten "Helden Israels"
lustig machte und Spitzenpolitiker wie Bravermann und Ayalon ins Abseits
drängte. Dabei haben gerade sie entscheidend dazu beigetragen, dass die
Sozialisten nach dem Weggang von Schimon Peres und der Wahl des
Gewerkschaftsführers Peretz immerhin 19 Knesset- Mandate bei den
Parlamentswahlen im März gewannen, zwei weniger als in der vorigen Kadenz.
Obgleich Peretz allein mit gesellschaftlichen Themen wie Mindestlohn und
Hilfe für die Bedürftigen seinen Wahlkampf führte, verlangte er bei den
Koalitionsverhandlungen für sich den angesehenen Posten des
Verteidigungsministers, nachdem ihm Olmert klargemacht hat, dass der
allmächtige Posten des Finanzministers bei der Kadima-Partei bleibe.
Peretz hat aber keinerlei Erfahrung in militärischen Angelegenheiten.
Obgleich der künftige Regierungschef Olmert alle parlamentarischen
Staatssekretäre abschaffen will, weil seine Mammutregierung mit 27 Ministern
mit und ohne Amtsbereich viel zu teuer kommt, verlangte Peretz für sich eine
Ausnahme. Er will einen erfahrenen Militär an seiner Seite, um nicht ganz
alleine die Verantwortung für Israels Armee und die täglichen
Militäraktionen zu tragen. Die Meinungen in Israel sind gespalten, ob ein
Zivilist als Verteidigungsminister ein Segen für das Land sein werde oder
ein unverantwortlicher innenpolitischer Schachzug.
Neben der Arbeitspartei schließen sich die Greisen-Partei und die
orientalisch-fromme Schasspartei der Koalition an. Deren
Regierungsbeteiligung wird kaum politische Auswirkungen haben und nur Geld
kosten, etwa für eine Aufbesserung der Renten oder für die Finanzierung
frommer Schulen.
Die neue Regierung ist schon fast komplett und soll am Donnerstag von Olmert
in der Knesset vorgestellt werden. Außenministerin wird Zipi Livni werden,
eine der beeindruckendsten Persönlichkeiten der jüngeren Generation. Der
bisherige Verteidigungsminister Schaul Mofaz wurde wegen Peretz auf den
Posten des Verkehrsministers abgeschoben und soll sich um Israels
"strategischen Dialog mit den Ländern der Welt" kümmern. Der altgediente
Schimon Peres soll sich um die Entwicklung der Negewwüste und Galiläas
kümmern und "regionale Wirtschaft" im Nahen Osten.
Die Arbeitspartei wird neben der Verteidigung noch Erziehung, Sport, Kultur,
Infrastruktur, Tourismus und die Landwirtschaft verwalten. Justiz, Polizei,
Finanzen, das Außen- und Innenministerium bleiben bei der Kadima-Partei. Der
bisherige Minister für innere Sicherheit, Gideon Esra, wird sich künftig mit
Umweltschutz befassen. Der bisherige Tourismusminister Abraham Hirschsohn
wird den wichtigen Vertrauensposten erhalten und Israels Finanzen verwalten. |