Aufräum-Truppe:
Ägyptische Truppen in den Gazastreifen?
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Ägypten könnte Truppen in den Gazastreifen entsenden,
um zwischen Hamas und Fatah-Milizen zu trennen. Das meldete die
palästinensische Nachrichtenagentur Maan. Der Hamas-Premierminister Ismail
Hanije und dar Fatah-Präsident Mahmoud Abbas wollen die Idee "abwägen" und
seien ihr "nicht abgeneigt".
Ägypten ist seit dem israelischen Rückzug im vergangenen August schon mit
einer unbekannten Anzahl Geheimdienstagenten im Gazastreifen präsent. Bis
zum Sechs-Tage-Krieg 1967 war Ägypten zudem die Besatzungsmacht in dem
Landstreifen, den die Palästinenser als Teil eines künftigen Staates für
sich beanspruchen.
Der Gazastreifen ist heute fast nur noch über Ägypten zugänglich, nachdem
Israel seine Grenzen abgesperrt hat und nur noch sporadisch den
Warenterminal Karni öffnet, wenn nicht gerade akute Warnungen über
bevorstehende Anschläge vorliegen. Lediglich Journalisten, Diplomaten und
wenige Palästinenser mit Sondergenehmigung können noch von Israel nach Gaza
wechseln.
Gemäß Äußerungen des ehemaligen Premierministers Ariel Scharon bezweckte der
israelische Rückzug aus Gaza und die Aufgabe aller Siedlungen auch eine
Übernahme der Verantwortung der arabischen Welt für das Schicksal der
Palästinenser, während Israel sich mitsamt einer einseitigen Grenzziehungen
aus der Verantwortung zurückziehen wolle.
Eine Präsenz ägyptischer Truppen im Gazastreifen könnte nicht nur die
blutigen innerpalästinensischen Fehden unter Kontrolle bringen, sondern
dürfte auch den täglichen Beschuss Israels mit Kurzstreckenraketen vom Typ
Kassam und Grad unterbinden.
Noch ist unbekannt, in welcher Truppenstärke ägyptische Soldaten in den
Gazastreifen verlegt werden könnten, welches Mandat sie erhalten und wie
Israel darauf reagiert. Ein hoher israelischer Beamter erklärte auf Anfrage,
dass ägyptische Truppen nur mit israelischer Genehmigung in den Gazastreifen
verlegt werden könnten, "weil das sonst ein Vertragsbruch" wäre. Israel habe
sich zum Beispiel geweigert, europäische Truppen in den Gazastreifen
einzulassen, weil es keine "fremden Truppen" vor seiner Haustür in den
Palästinensergebieten wolle. Der Beamte schränkte ein, die Einzelheiten des
Vorschlags nicht zu kennen. Zudem erwartet er langwierige Beratungen in
Israel, ehe es so weit kommen könnte. Deshalb könne er sich nur anonym zu
dem Vorschlag äußern.
Nach Angaben der Agentur Maan wolle Israel schon in den nächsten Tagen dem
Palästinenserpräsidenten Abbas einen Report über den Beschuss von
Kassam-Raketen vorlegen. Wie Maan berichtet, drohe Israel mit einem
"Blutbrief" als Antwort auf die Raketen oder gar mit einer erneuten
Besetzung des Gazastreifens, falls der Beschuss nicht ende. Am Sonntag traf
eine Kassamrakete eine Schule in der Kleinstadt Sderot. Nur durch ein
Wunder, weil die Schüler sich wegen ihres Morgengebets noch nicht in ihre
Klassenräume begeben hatten, gab es keine Opfer. |