Ehemaliger Nazi-Offizier:
Thora-Rolle als Ausweis-Hülle
Rabbiner Yitzhak David Grossman saß vergangene Woche
(28.3.) in seinem Haus in Migdal Haemek und berührte zum zigsten Mal das
Pergament, das vor 60 Jahren in einer Synagoge in Osteuropa aus der Thora
herausgeschnitten wurde. Es scheint, dass das immer noch sehr bewegend für
ihn ist, obwohl sich das Pergament bereits seit einigen Tagen in seinen
Händen befindet.
Ein Offizier der deutschen Luftwaffe hatte die Seite im
Zweiten Weltkrieg aus der Rolle geschnitten und als Hülle für seinen
Offiziersausweis benutzt. Nun ist es in die Hände des Rabbiners von Migdal
Haemek gekommen, der der pädagogischen Institution "Migdal Or" vorsteht und
Träger des Israel-Preises ist.
Rabbiner Grossman erzählt, dass vor einiger Zeit Moti
Dotan, Leiter des Regionalrats von Unter-Galiläa, zu ihm gekommen sei und
ein kleines Heft in den Händen hielt. Dotan war direkt von einer Feier zum
25-jährigen Bestehen der Städtepartnerschaft zwischen dem Regionalrat und
der deutschen Region Hannover (Stadt- und Landkreis Hannover) gekommen.
Er erzählte, dass ein Mitglied des Regionalrats von
Hannover, Detlev Herzig, ihn am Ende des Abends angesprochen und darum
gebeten habe, mit ihm zu sprechen. "Mein Vater Werner ist vor einigen Wochen
verstorben", so Herzig, "vor seinem Tod sagte er, dass er mit mir sprechen
wolle und erzählte mir, dass er am Krieg und an den Verbrechen beteiligt
gewesen sei. Er erklärte mir, dass es wichtig für ihn sei, mir das zu
erzählen, denn es gäbe heute viele Holocaust-Leugner." Dotan erzählt, dass
der Vertreter des Regionalrats von Hannover hinzufügte, dass der Vater ihm
gesagt habe, dass er an der Inbrandsetzung einer Synagoge an der russischen
Front beteiligt gewesen sei.
Nach den Worten Dotans gab ihm der Sohn Herzig das Heft
und bat ihn, einen heiligen Menschen in Unter-Galiläa zu finden und diesem
den Rest der Thora-Rolle zu geben. "Ich dachte, dass Rabbiner Grossman eine
heilige Arbeit macht und er derjenige sein sollte, der das Heft erhält", so
Dotan. "Als ich zu ihm kam und ihm das Heft gab, habe ich ihm die Geschichte
erzählt. Er hielt das Pergament in den Händen und begann zu weinen", so
erinnert sich Dotan. Für ihn symbolisiert Rabbiner Grossman all das Gute im
Judentum und weiß diesen Gegenstand richtig zu gebrauchen.
Haaretz, 29.3.,
www.israel.de
hagalil.com 03-04-2006 |