Mehr als 100
Kurden bei kurdischem Neujahrsfest verhaftet
Der 19 Jahre alte kurdische Rekrut Mohammed Othman ist während seines
Militärdienstes in der vergangenen Woche zu Tode gequält worden. Wie ein
zuverlässiger Gewährsmann aus Syrien der Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV) in Göttingen am Mittwoch mitteilte, habe sich der junge Mann kurz vor
seinem Tod am 28. März noch bei seinem Vater darüber beklagt, dass er und
andere kurdische Rekruten regelmäßig von Kameraden und Vorgesetzten
geschlagen werden. Häufig sei er außerdem mit kaltem Wasser übergossen und
gezwungen worden, sich anschließend bei großer Kälte nackt vor dem Haus
aufzuhalten. Als er krank wurde, habe ein Arzt ihn nicht behandeln wollen.
Nach anfänglicher Weigerung des Militärs, den Angehörigen seine Leiche zu
übergeben, sei der Tote dann doch in der Nacht vom 29.3.2006 von
Militärfahrzeugen in das Heimatdorf gebracht worden. Obwohl er laut
Anweisung des Militärs sofort beerdigt werden sollte, konnten seine
Angehörigen noch Fotos von dem Leichnam machen.
Deutlich seien darauf die Spuren der Misshandlungen zu erkennen. Mohammed
Othmann war erst vor knapp einem Monat zum Wehrdienst eingezogen worden.
Beunruhigende Nachrichten erreichten die GfbV auch aus der zweitgrößten
syrischen Stadt Aleppo (Chalep). Dort wurden während des kurdischen
Neujahrsfestes am 20. März nach Angaben von Augenzeugen mehr als 100 Kurden
festgenommen. Die Namen von 73 Inhaftierten liegen der GfbV vor. Rund 5.000
Kurden waren an diesem Abend in Aleppo dem Aufruf aller kurdischen Parteien
und Organisationen des Landes gefolgt und wollten zum Gedenken an
inhaftierte und getötete Kurden in Syrien Kerzen entzünden. Während ihrer
friedlichen Versammlung seien Lieder zum Neujahrsfest gesungen und kurdische
Fahnen geschwenkt worden. Schon zu diesem Zeitpunkt sei es zu ersten
Verhaftungen gekommen. Dann hätten Sicherheitskräfte die Versammlung unter
Einsatz von Tränengas aufgelöst. Als die Demonstranten begannen, die
Sicherheitskräfte mit Steinen zu bewerfen, hätten diese in die Menge
gefeuert. Angaben über Verletzte gibt es jedoch nicht.
Landesweit leuchteten während des Neujahrsfestes kurdischen Schätzungen
zufolge bis zu eine Million Kerzen. Mit etwa zwei Millionen Menschen stellen
die Kurden rund zwölf Prozent der Gesamtbevölkerung Syriens.
Sprachliche und kulturelle Rechte werden ihnen vorenthalten. Rund 200.000
Kurden wurde im Zuge der Arabisierung die Staatsbürgerschaft entzogen und
bis heute trotz Versicherungen des syrischen Diktators Bashar al Assad nicht
zurückgegeben.
Gesellschaft für bedrohte Völker, Göttingen, den 05.04.2006
Nahostreferat, Dr. Kamal Sido, Tel: 0551. 49906-18, Fax: 0551 58028,
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