19 Millionen und 28 Millionen:
Ein Kommentar zu den Nachrichten der letzten Tage
Von Ramona Ambs
Da wird in Potsdam ein Mensch fast zu Tode geprügelt.
Er wird mit Erbrochenem in der Lunge und vielen anderen schweren
Verletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert. Er hat eine Frau und zwei
kleine Kinder und eine dunkle Hautfarbe. Letzteres nahmen zwei junge Männer
als Vorwand, den Mann zusammenzuschlagen. In der Politikersprache heißt das
dann: "die Tat habe möglicherweise einen rassistischen Hintergrund" oder wie
Innenminister Jörg Schönbohm im rbb Inforadio: meinte, ...dass es einen
Zusammenhang zwischen der Tat und der schwarzen Hautfarbe des Opfers gäbe,
könne lediglich vermutet werden. Und Schönbohm wird nicht müde zu betonen,
daß es in Potsdam keine fest gefügte rechtsextremistische Szene gäbe. Also
Entwarnung: alles kleine verirrte Einzeltäter. Und dass die "Nigger" gerufen
haben, muß ja nichts bedeuten.
Dummerweise gibt es nun neben einer solchen Version auch
wissenschaftliche Untersuchungen, die manchmal zu ganz anderen Schlüssen
kommen als beispielsweise Politiker und die diese Tat als "schwersten
Übergriff seit langem" bezeichnen. Eine neue Studie unter der Leitung von
Lars Rensmann vom Moses-Mendelsohn-Zentrum in Potsdam zeigt, daß es sowohl
eine organisierte rechtsextreme Szene in Potsdam, als auch eine konstant
hohe Zahl gewalttätiger Übergriffe aus dem rechtsextremistischen Lager gibt,
die seit dem Jahr 2000 angestiegen ist.
Es gab seit 2003 mindestens drei rassistisch motivierte
Angriffe, bei denen das Opfer sterben sollte. Aber solche "Vorfälle" werden
schnell vergessen und was aus den Opfern wird, danach fragt in drei Wochen
kein Mensch mehr. Jetzt allerdings werden Politiker aller Couleur nicht müde
zu betonen, daß man natürlich weiter gegen Rechtsextremismus vorgehen muß,-
obwohl sie eine Minute zuvor betonten, daß solche Vorkommnisse nur
Ausfälle Einzelner seien und man eigentlich kein rechtsextremistisches
Problem habe, will man jetzt dagegen vorgehen- das ist zwar ein bißchen
widersprüchlich, aber das fällt ja nicht unbedingt auf und man ist ja auch
schon daran gewöhnt! Also betont man nun in jedem Mikrofon, daß im
Koalitionsvertrag vereinbart sei, Projekte gegen Extremismus auch weiterhin
künftig mit 19 Millionen Euro zu fördern.
Das ist natürlich sehr löblich. Bedauerlich ist in diesem
Zusammenhang allerdings, daß bisher von 19 Millionen Euro Projekte gegen
Rechtsextremismus und Rassismus gefördert wurden und nun zukünftig von der
gleichen Fördersumme auch noch Projekte gegen Linksextremismus und
Islamismus gefördert werden sollen. Defacto ist das also eine Mittelkürzung
für die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Gruppen gegen rechts. Fällt
das eigentlich keinem Mikrohalter auf oder warum wird nicht nachgefragt?
Aber diese 19 Millionen Euro, die die Bundesregierung
jährlich in den Kampf gegen Extremismus investieren will ist ohnehin gering,
verglichen mit den Summen, mit denen unsere gewählten Vertreter sonst so
hantieren müssen. Da sind nämlich noch die 28 Millionen für den Bau eines
neuen Gesundheitsministeriums in Bonn. Da hat man nämlich gleich mal Adolfs
Geburtstag genutzt und den Grundstein gelegt für einen repräsentativen
Neubau für die 400 Mitarbeiter. Quasi ein Schnäppchen in Zeiten leerer
Kassen und kleiner Probleme. Das Gesundheitsministerium kümmert sich dann ja
vielleicht auch "irgendwie" in bürokratischer Manier um die Folgen solcher
"Zwischenfälle", die mit Erbrochenem in der Lunge in einem Krankenhaus
liegen. Und in drei Wochen fragt ohnehin kein Mensch mehr nach...
[FORUM]
Am Morgen des 16.04.06 wurde in Potsdam ein 37-jähriger
Potsdamer äthiopischer Herkunft angegriffen und lebensbedrohlich verletzt.
Im Rahmen der umfangreichen Ermittlungen der im Polizeipräsidium Potsdam
gebildeten Soko „Charlottenhof“ konnte der Mailboxmitschnitt des Handys der
Ehefrau des Opfers aufbereitet werden:
Täterstimmen wav 1.7 MB
Täterstimmen mpeg 621.0 KB
Text:
Taeter 1: So, Nigger...
Taeter 2: Wie heisst deine Mutter, Mann?
Taeter 1: Was soll denn passieren, sag ?
Taeter 2: Was meinst du, Schwein?
Opfer: Warum sagst du Schwein? Was denn? Geht doch mal bitte, ja?
Taeter 2: Scheiss Nigger!
Taeter 1: Was soll uns passieren? Wir machen dich platt, du Nigger! Was soll
passieren?"
hagalil.com 24-04-2006 |