MEMRI Special Dispatch – 11. April 2006
Interview mit Husni Mubarak:
Irak, die Hamas und das Verhältnis zu den USA
In einem langen Interview mit dem arabischen
Satellitensender Al-Arabiya äußerte sich Ägyptens Präsident Husni
Mubarak unter anderem zur Situation im Irak ("Die Iraker wollen keine
ausländischen Truppen im Land – auch keine arabischen.... aber wenn die
Amerikaner jetzt den Irak verließen, wäre das ein Desaster"), zur
Haltung der Hamas gegenüber Israel ("Auch wir haben früher gefordert,
dass Israel ins Meer getrieben werden muss... aber wir haben unsere
Position geändert") sowie zur Rolle der Schiiten in der Region und zum
Verhältnis Ägyptens zu den USA.
Im Folgenden dokumentieren wir Auszüge aus dem
Interview, das in revidierter Langfassung in Al-Ahram vom 10.4.2006
erschienen ist. Englisch untertitelte Originalausschnitte des Interviews
können Sie sehen unter
http://www.memritv.org/search.asp?ACT=S9&P1=1105.
'Im Irak ist doch schon Bürgerkrieg'
"Frage: Denken Sie, dass der Irak am Rande eines Bürgerkrieges steht?
Husni Mubarak: Nein, 'nicht am Rande' - der Bürgerkrieg ist doch schon
mehr oder weniger ausgebrochen. Da sind die Schiiten, Sunniten, Kurden
und da sind die Leute, die aus den asiatischen Staaten gekommen sind.
... Die Lage ist sehr schwierig und ich weiß nicht, wie der Irak all das
zusammenhalten will. Ich persönlich sehe nicht, wie das gehen könnte.
Der Irak ist halb zerstört.
Frage: Denken Sie, dass der iranische Einfluss diese Krise im Irak
verursacht hat? [1]
Mubarak: Iranischer Einfluss auf wen?
Frage: Auf die Schiiten natürlich. Außerdem wird gesagt, dass der Iran
auch Einfluss auf den Widerstand hat.
Mubarak: Zweifellos übt der Iran Einfluss auf die Schiiten aus - 65% der
irakischen Bevölkerung sind Schiiten. In allen Ländern der Region gibt
es einen hohen Anteil von Schiiten. Und die Schiiten standen dem Iran
schon immer loyal gegenüber. Die meisten von ihnen stehen eher dem Iran
loyal gegenüber und nicht den Ländern, in denen sie leben...
Frage: Hat dies die Probleme im Irak verkompliziert oder denken Sie,
dass eher die Amerikaner das Problem sind?
Mubarak: Die Lage ist grundlegend kompliziert, weil der Irak sich aus
verschiedenen Gruppen zusammensetzt. Das verhindert, dass sich die Lage
schnell beruhigen könnte. Wenn Saddam [während seiner Regierungszeit]
gerecht gewesen wäre, wäre das alles nicht passiert. [...]
Frage: Was würde passieren, wenn sich die Amerikaner heute aus dem Irak
zurückziehen sollten?
Mubarak: Jetzt? Das wäre ein Desaster. Der Krieg untereinander würde
heftiger werden und viele Kräfte von außen würden eingreifen. Das wäre
das Szenario für einen schrecklichen Bürgerkrieg. Auch die
Terrorangriffe würden dann noch zunehmen - nicht nur im Irak, sondern
auch an vielen anderen Orten. [...]"
'Auch wir wollten die Israelis einmal ins
Meer jagen...'
"Mubarak: Die Hamas hat die Wahlen in Palästina gewonnen. Es war eine
demokratische Wahl des Volkes [...], welche die Hamas an die Macht
gebracht hat. Ich habe vor kurzem mit einer israelischen Journalistin
gesprochen und sie fragte: Wie können wir mit der Hamas umgehen, die
Israel ins Meer jagen will? Ich antwortete ihr: Früher haben auch wir
einmal erklärt, dass wir euch ins Meer jagen würden, aber unsere
Position hat sich inzwischen verändert. Dieses ganze Gerede dient
innenpolitischen Zwecken. Ich glaube, dass die Hamas ihre Positionen
unweigerlich ändern und mit den Israelis sprechen muss. Premierminister
Haniya erklärte bereits, dass es den Ministern erlaubt sei, Kontakte mit
ihren israelischen Amtskollegen zu unterhalten, um das alltägliche Leben
der Bevölkerung zu erleichtern. Das könnte ein Anfang sein.
Frage: Das hieße die Anerkennung Israels.....
Mubarak: Sie werden es nicht Anerkennung nennen, aber sie werden mit den
Israelis sprechen. Sie werden mit einem benachbarten Staat reden und
nicht mit Dämonen."
'Eines Tages werden wir ohne amerikanische
Finanzhilfen auskommen'
"Frage: Ist Präsident Husni Mubarak ein Freund der Amerikaner?
Mubarak: Natürlich, wir haben gute Beziehungen miteinander. Da gibt es
keine Probleme. Das ganze Gerede darüber, dass sie Ägypten unter Druck
setzen ist falsch. Sie haben uns niemals unter Druck gesetzt. Sei können
mit uns über alles sprechen. Wir sagen unsere Meinung und dann sehen
wir, ob es zusammen passt [...].
Frage: Warum sagt man, dass die Beziehungen zwischen den Präsidenten
Husni Mubarak und George Bush nur lauwarm sind? [...]
Mubarak: Nein, die Beziehungen zwischen George Bush und mir sind sehr gut.
Ich kannte George schon bevor er Präsident wurde. Ich kenne seinen
Vater. Wir waren Freunde and ich kenne seine Familie. Unsere Beziehungen
sind gut und sie sind weder lauwarm noch kochen sie über – ganz normale
Beziehungen eben. Wir kommunizieren regelmäßig miteinander und ich
bekomme Nachrichten von ihm auf der 'hot line'.
Frage: Können die Amerikaner materiellen und finanziellen Druck auf
Ägypten ausüben?
Mubarak: Mit ihren Hilfszahlungen?
Frage: Genau.
Mubarak: Es sind ihre Leistungen und sie können sie reduzieren wenn sie es
wollen. Und sie tun das auch schon. Die Wirtschaftshilfen beliefen sich
einmal auf 850 Millionen Dollar jährlich. Sie haben sie kontinuierlich
um 40 Millionen gekürzt, jedes Jahr 40 Millionen weniger. Das ist kein
Problem.
Frage: Herr Präsident, können Sie ohne die finanzielle Hilfe der
Amerikaner auskommen?
Mubarak: Eines Tages werden wir ohne diese Hilfen auskommen, weil sie
nicht für immer weitergehen werden. Die Wirtschaftshilfen sind reduziert
worden und betragen jetzt noch 400 Millionen. Die Militärhilfe liegt bei
1,3 Milliarden. Gleichzeitig kostet etwas, was Anfang der 80er Jahre nur
20 Millionen Dollar gekostet hat, heute 200 Millionen."
[1] Die Fragen zum Iran und seinem Einfluss tauchen in der
Interviewfassung in Al-Ahram nicht auf.
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