Protest gegen Moschee:
Instrumentalisierte Angst
In der Hoffnung ein paar
Prozentpunkte für die kommende Abgeordnetenhauswahl zu sammeln, mobilisiert
die NPD derzeit gegen den geplanten Bau einer Moschee in Berlin-Pankow.
Bisher nur mit mäßigem Erfolg.
Von Ralf Fischer
Am Fronttransparent steht ein blondes Mädel das den
Anschein macht, als wäre es frisch aus dem Lebensborn eingeflogen. Sie
schaut, ebenso wie all ihre Kameraden von der NPD, nur sehr selten in die
Vielzahl von Kameras. Ihre Gesichtsmimik soll dem Anliegen mehr Ausdruck
verleihen – und bestimmt keine Freude ausstrahlen. Schließlich geht es ja
heute um das Überleben des deutschen Volk!
Die Kulisse könnte auch den Hintergrund für einen
schlechten Film hergeben. Doch statt in Potsdam-Babelsberg zum Filmdreh,
haben sich die braunen Statisten am Pankower S-Bahnhof Wollankstraße zur
Durchführung einer Demonstration versammelt. 150 Anhänger der rechtsextremen
Partei stehen bereit um gegen die, wie sie es selbst sagen "schleichende
Überfremdung" des nordöstlichen Bezirkes auf die Straße zu gehen.
Ausgangspunkt für die nicht nur von der NPD lokalisierte Überfremdung ist
der geplante Bau einer Moschee im Bezirk sein. Gegen diese mobilisiert auch
eine lokale Bürgerinitiative mit Unterstützung der CDU.
Für die lokale NPD um den Vorsitzenden Jörg Hähnel ist die
Debatte um den Standort der womöglich ersten Moschee in Ostberlin ein
gefundenes Fressen um im Vorfeld der Abgeordnetenhauswahlen ein wenig Staub
aufzuwirbeln. Mit kaum einem anderen Thema könnte es die 1%-Partei besser
schaffen im bürgerlichen Milieu Pankows erfolgreicher als in der
Vergangenheit auf Stimmenjagd zu gehen.
Pankower Rattenfänger…
Während im Wind die Fahnen der NPD Seit an Seit mit der
Berlinfahne flattern, ertönen aus den Lautsprechern Schlachtrufe a la
‚Mehmet, Ali, Mustafa – Ab zurück nach Ankara’. In geschlossener Formation
und umringt von starken Polizeikräften bahnt sich der braune Mob seinen Weg.
Mann könnte fast meinen es ist 1683 und die türkischen Truppen ständen vor
Berlin statt wie damals vor Wien.
Rattenfängermobil on Tour
Doch von den Truppen des Sultans ist weit und breit keine
Spur. Stattdessen trommeln die NPD-Anhänger als würde ihnen noch heute die
Angst von damals in den Knochen stecken. Mittendrin im Pulk die üblichen
Verdächtigen. Sie trotten ebenso im Aufzug der Moscheegegner mit, wie
Jugendliche die vom Äußeren her, ebenso auf der Seite der Gegendemonstranten
hätten auflaufen können. Am Rande der Demonstration agieren die Aktivisten
der so genannten Anti-Antifa während im Demonstrationszug ehemalige
Republikaner den Schulterschluss mit Mitgliedern der militanten 'Autonomen
Nationalisten' üben. Vorneweg ein Transparent auf dem ein Minarett mit
Sprechblase zu sehen ist. "Denn heute gehört uns Kreuzberg und morgen die
ganze Welt" ist in der Sprechblase zu lesen.
Propaganda vorm Kopf
Stammtischparolen auf unterstem Niveau prägen die
Szenerie: Als der Demonstrationszug an einer typischen Berliner
Bierabfüllstation vorbeikommt, stürmen die männlichen Insassen aus dem
Inneren der Kneipe hervor um ihre inhaltliche Übereinstimmung mit den
Neonazis lauthals kundzutun.
So viel Zuspruch gar nicht gewöhnt verfallen einige
Kameraden dem Eifer durch das rhythmische bewegen ihrer Hände auf die
bierseligen Mitläufer zu reagieren. Es macht sich Kneipenstimmung im Aufzug
breit. Statt nur 50 Personen wie an den Wochenenden zuvor hat es die Partei
diesmal geschafft wenigstens 150 Menschen für ihre Kampfdemonstration zu
mobilisieren.
… ohne Erfolg
Die Gegenkundgebungen sind von der Polizei hermetisch
abgeriegelt. Nur vereinzelt schaffen es kleine Grüppchen von
Gegendemonstranten an die Marschroute der Neonazis zu gelangen. Doch bis auf
eine kleine Transparentaktion am Anfang der Demonstration werden alle
Störversuche von Gegendemonstranten von der Polizei frühzeitig im Keim
erstickt.
Gegenprotest an der Route
Den meisten Antifaschisten bleibt, wie schon einige Tage
zuvor auf der Bürgerversammlung veranstaltet von der
Bezirksverordnetenversammlung für die Heinersdorfer Anwohner, nur die Rolle
der stillen Beobachter. Die Tatsache, dass kaum einer von den am Donnerstag
mobilisierten 1500 Anwohner, auf der Demonstration der NPD mitmarschiert,
ist für sie schon fast so etwas wie ein Erfolg.
Für Anetta Kahane – Vorsitzende der
Amadeu-Antonio-Stiftung – ist die Gefahr damit aber trotzdem noch lange
nicht gebannt. "Der tobende Bürgermob" vom vergangenen Donnerstag ist für
sie das Problem, nicht die NPD, "die isoliert auf den Straße Pankows
demonstriert". Sie hält die inhaltliche Auseinandersetzung mit den
Ressentiments der Pankower Bürger für wichtiger, als jede Straßenblockade
gegen demonstrierende Neonazis.
©
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de - 5.4.2006
Eindrücke aus der deutschen Hauptstadt:
Hoyerswerda in Pankow
In Berlin-Pankow empören sich Bürger und die NPD darüber, dass eine Moschee
errichtet werden soll...
hagalil.com 13-03-2006 |