World Press
Freedom Review 2005:
Arbeitsbedingungen der Medien im Nahen Osten und
Nordafrika (MENA)
Von Karl Pfeifer
Am
30. März 2006 präsentierte das Internationales Presse Institut (IPI) in Wien
seinen Jahresbericht 2005. (World Press Freedom Review 2005,
www.freemedia.at)
Der
von Catherine Power verfasste Teil über den Nahen Osten weist auf folgendes
hin:
Die
Regierungen im MENA bestehen darauf, "rote Linien" rund um Themen zu
markieren, von denen Journalisten nicht berichten sollten. Viele
Journalisten haben diese 2005 nicht beachtet, und wurden als Vergeltung,
"eingeschüchtert, schikaniert, geschlagen, angehalten und verhaftet". 26
Journalisten in der Region haben den höchsten Preis bezahlt und wurden
getötet.
Im
Irak allein wurden 23 Journalisten getötet. Alle mit einer Ausnahme waren
IrakerInnen. Anders als früher sind weniger bei Gefechten umgekommen, 70 %
der Todesfälle geschahen, als Journalisten von den "aufständischen Gruppen"
ermordet wurden.
Im
Libanon, hatte die Ermordung von zwei prominenten Journalisten einen
einschüchternden Effekt auf die Medien, die lange Zeit zu den lebendigsten
der Region gehörten. In Libyen, hat der grauenvolle Tod durch Folter eines
freimütigen Journalisten die harten Maßnahmen beleuchtet, mit welchen dieses
Land jede Kritik an der Unterdrückung ahndet.
Im
Iran, Tunesien und Syrien, wo wegen dem harten Durchgreifen Journalisten
sich eher im Internet betätigen, ist man dazu übergegangen, die
cyber-Dissidenten mit langer Inhaftierung zu bestrafen. Dies zeigt auf, dass
die Behörden die Absicht haben, die letzten Reste unabhängiger Medien zum
Schweigen zu bringen.
"Die
Behörden in jedem Land des Nahen Ostens und Nord Afrikas versuchen die
Journalisten daran zu hindern über sensitive Themen, wie Religion, interne
Sicherheit oder Außenpolitik zu berichten" sagte IPI Middle East and North
Africa Press Freedom Advisor Catherine Power. "Das Niveau des Drucks
rangiert von der Verfügung Nachrichten von Regierungszensoren beurteilen zu
lassen in der ganzen Region bis zu harten und unverhältnismäßigen Strafen,
während restriktive Pressegesetze aufrechterhalten werden."
Zwar hat IPI-Direktor Johann P. Fritz während der Pressekonferenz
erklärt, dass Israel nicht zu diesen Staaten gehört, doch im Report wurde
das nicht vermerkt. Was wiederum zeigt, dass sich IPI – aus was für Motiven
immer – anscheinend nicht traut, auf diesen wesentlichen Unterschied
hinzuweisen.
Der
Bericht über die PA vermerkt positiv die Wahl M. Abbas im Januar [2005 K.P.]
zum Präsidenten der PA, die Räumung des Gazastreifens durch Israel und die
Öffnung des Grenzübergangs Rafah die "neue Hoffnung in der PA"
signalisieren.
Doch
dies hat nicht zu größerer Stabilität in der Region geführt und die
Sicherheitssituation bleibt sowohl im Gazastreifen als auch auf der West
Bank prekär. Palästinensische und ausländische Journalisten sind der
Einschüchterung ausgesetzt.
"Journalisten und Medienmitarbeiter sind gesteigerten Bedrohungen der
Fraktionen innerhalb der PA ausgesetzt. Ein Anwachsen der Zahl der
Entführungen 2005 hat wachsende Besorgnis für die Sicherheit der
Journalisten ausgelöst. Militante palästinensische Gruppen wollen durch
Entführungen von Journalisten und anderen Zivilisten die PA in Verlegenheit
bringen und benützen die Geiseln als Mittel, um inhaftierte Kameraden
freizubekommen oder Reformen durchzuführen.
Das
PA Innenministerium wurde auch kritisiert, für seine Bemühungen in diesem
Jahr [2005 K.P.] die Pressefreiheit einzuschränken. Am 3. August hat das
Innenministerium eine Verordnung erlassen, wonach Journalisten verpflichtet
werden das Ministerium über alle Berichte über Polizei und Sicherheitskräfte
zu informieren. Damit wurde die Publikation jeder geschriebenen,
gesprochenen oder audiovisuellen Nachricht verboten, die nicht vom
Pressebüro der nationalen Sicherheitsbehörde erlaubt wurde.
"The directive, which was
aimed at all local, Arab and international media was seen as a clear attempt
to restrict investigative reporting, limit access to information and impose
censorship."
Die
Weisung, welche sich an die lokalen die arabischen und internationalen
Medien richtet, wurde als ein klarer Versuch gesehen, investigative
Berichterstattung zu beschränken, den Zugang zu Information zu begrenzen und
Zensur aufzuerlegen.
Beamte des Ministeriums sagten, die Anordnung ist eine Antwort auf die
Veröffentlichung von Nachrichten und Bildern, welche die "nationale
Sicherheit und das höchste nationale Interesse untergraben" und dass es eine
Bemühung wäre jede Hetze zur Gewalt, die durch unprofessionelle
Berichterstattung erfolgt, einzuhemmen.
Verteidiger der Menschenrechte innerhalb der PA haben diese Gründe
kritisiert, diese als eine Ausrede des Ministeriums für die Begrenzung der
Freiheit der Presse und für das Einschränken des Publikationsrechtes
genannt. Das in Gaza befindliche Al Mezan Zentrums für Menschenrechte
argumentiert, dass diese Verordnung dem 1995 erlassenem Gesetz über
Veröffentlichungen widerspricht und das jeder Verstoß durch die Presse
individuell von den Gerichten geahndet werden solle und nicht willkürlich
durch pauschale Beschränkungen.
Drohungen innerhalb der PA kamen auch von militanten Gruppen, die in diesem
Jahr ihre Angriffe auf die Presse steigerten. In den frühen Morgenstunden
des 14. Januars haben unbekannte Angreifer eine Handgranate auf das Büro der
Wochenzeitung Al Reslala in der Stadt Gaza geworfen. Die Zeitung wird von
der Islamic National Salvation Party herausgegeben. Das Büro wurde
beschädigt.
Als
erster einer Serie von Entführungen wurde am 14. August Mohamed Quathi, ein
Tontechniker von France 3 Television mit Waffengewalt von drei Männern
entführt als er mit drei seiner Kollegen ins Hotel zurückkam. Quathi wurde 8
Tage später am 22. August unverletzt freigelassen. Niemand übernahm dafür
die Verantwortung. Reuters berichtete, dass eine militante Gruppe seine
Freilassung vermittelte, doch seine Entführer wurden nicht identifiziert.
Anfang August, haben Bewaffnete fünf UNO-Mitarbeiter im Gaza-Streifen
festgenommen, die sie aber noch am gleichen Tag freigelassen haben.
Am
10. September wurde der italienische Journalist Lorenzo Cremonesi in Deir El
Balah im Gaza-Streifen von fünf maskierten Bewaffneten festgenommen, die ihm
aus seinem Auto zerrten und in ein Auto drückten, um mit ihm in das
Flüchtlingslager Nusseirat zu fahren. Cremonesi, ein Reporter von Corriere
della Sera, Milano, wurde noch am gleichen Tag unverletzt freigelassen.
Obwohl keine Gruppe die Verantwortung übernahm, sagte Cremonesi, er glaube,
die Entführer gehörten zur Al Aqsa Martyrs Brigade [Teil der PLO K.P.].
Die
sich verschlechternde Sicherheitslage im Gaza-Streifen im Oktober vergrößert
das Risiko für Journalisten. Z..B. als der amerikanische Reporter Dion
Nissenbaum und der britische Fotograf Adam Pletts, beide Mitarbeiter des
Knight Ridder Zeitungskonzerns mit Waffengewalt entführt wurden. Die beiden
arbeiteten, als sie von sechs Maskierten an der Weiterfahrt gehindert
wurden, berichtete ihr palästinensischer Übersetzer Ziad Abu Mustafa. Beide
Männer wurden am 12. Oktober, Stunden nach ihrer Entführung befreit, nachdem
Fatah Funktionäre und Vertreter des PA Innenministeriums miteinander
verhandelten. Palästinensische Sicherheitsleute sagten, die Männer wären von
abtrünnigen Mitgliedern der herrschenden Fatah-Partei entführt worden.
Laut
einem Reuter-Bericht, wurden die Entführungen von ausländischen Journalisten
und Mitgliedern von Hilfsorganisationen durch militante Gruppen durchgeführt
und in der Regel begleitet von Forderungen zur Anstellung oder um die
offizielle Korruption zu beenden.
Diese
Tatsachen werden bei der Nahostberichterstattung viel zu wenig beachtet.
Auch mit diesem IPI-Bericht wird der Anschein einer Symmetrie zwischen
Israel und seinen Nachbarn erweckt. Die Tatsache, dass es leichter und
gefahrloser ist, aus Israel zu berichten, führt dazu, dass sich gewisse
Medien auf Israel konzentrieren, während sie die fürchterlichsten
Menschenrechtsverletzungen in arabischen und islamischen Staaten kaum
beachten.
hagalil.com 03-04-2006 |