Ein langer, harter Kampf:
Bis sie Einsicht gewinnen
Kommentar von Yoel Marcus, Ha'aretz, 21.04.2006
Übersetzung Daniela Marcus
Wenn "Ha'aretz" nicht so eine angesehene Zeitung wäre und
nicht so pedantisch bezüglich der Wortwahl, dann würde ich meinen Kommentar
mit folgenden Worten beginnen: "Idioten seid ihr gewesen und Idioten werdet
ihr bleiben." Diese Worte beziehen sich nicht auf die Palästinenser an sich,
sondern auf ihre Führer.
Jedes Mal wenn sie nahe daran sind, etwas zu erreichen,
schneiden sie sich ins eigene Fleisch – oder in das ihrer Landsleute,
genauer gesagt. Sie hätten auf den Dächern tanzen sollen, denn endlich hatte
ein israelischer Staatsführer den Mut frei heraus zu sagen, dass wir nicht
über ein anderes Volk herrschen können und dass die Zeit gekommen ist, den
Traum eines Groß-Israels aufzugeben. Endlich gab es einen israelischen
Staatsführer, der Worte in Taten verwandelte, Gush Katif evakuierte und die
israelische Armee aus dem Gazastreifen abzog. Doch was tun die
Palästinenser? Sie provozieren uns, sie feuern Tag für Tag Kassam-Raketen
auf uns.
Heute gibt es über eine Milliarde Moslems auf der Welt. Einige von ihnen
schwimmen im Geld. Würden die palästinensischen Führer weniger
Kriegsgeschrei von sich geben, könnten sie ihre reichen Brüder dazu bringen,
mit anzupacken und Hochhäuser auf dem von Israel evakuierten Land bauen.
Dadurch könnten sie das Wohnproblem der Flüchtlinge lösen. Sie könnten
Hotels für Touristen bauen, die die schöne Landschaft genießen wollen. Sie
könnten der Welt zeigen, dass sie es wert sind einen Staat wie alle anderen
Staaten zu haben. Und sie könnten Israel den Anreiz geben, mit den Phasen
zwei und drei des Rückzugsplans weiterzumachen. Ist es nicht das, wovon sie
geträumt und wofür sie gekämpft haben?
Staatsführer wie Ariel Sharon, die den Mut haben, israelischen Fanatikern
entgegen zu treten, werden nicht jeden Tag geboren. Anstatt das, was Sharon
tat, anzuerkennen und seine Nachfolger zu ermutigen, auf dem gleichen Weg
weiterzugehen, verbringen die Palästinenser ihre Tage damit, Israel mit
Raketen zu beschießen. Sie brachten Hamas an die Macht – eine Organisation,
von deren Händen jüdisches Blut tropft, die vom Iran und der Hisbollah
angeheizt und angefeuert wird und vom größten Teil der Welt als
Terroreinheit abgestempelt ist. Der Islamische Dschihad sprang auf den Zug
der Hamas auf, nahm seine Selbstmordanschläge unter der israelischen
Zivilbevölkerung wieder auf und seine Führer versprechen uns feierlich, dass
noch 70 weitere Selbstmordattentäter auf dem Weg zu uns sind. Vielen Dank.
Und die Kassam-Raketen fallen weiterhin auf Israel. Bisher haben sie keinen
katastrophalen Schaden angerichtet, doch das heißt nicht, dass sie es nicht
eines Tages tun werden. Wo ist der gesunde Menschenverstand der
palästinensischen Führung? Wo hat sie ihr Gehirn gelassen? Ist dies die Art,
Ehud Olmert zu begrüßen, der versicherte, in Sharons Fußstapfen
weiterzugehen und versprach, dass Israel innerhalb von vier Jahren ein Ort
sein wird, an dem es Spaß macht zu leben? Die palästinensischen Führer, die
sich untereinander bekriegen, enttäuschen ihr Volk, das hoffte, sein Leben
würde sich nach der Abkopplung verbessern. Und Israelis, die sich auf die
Früchte der politischen Kehrtwendung gefreut haben, weil sie dachten, diese
bringe endlich Ruhe, fangen an zu verzweifeln.
Irans Drohungen, Israel auszulöschen und der Angriff auf unser persönliches
Sicherheitsgefühl, der durch eine neue Runde von Terror ausgelöst wurde,
haben Olmerts Mannschaft durcheinander gebracht. Der fundamentalistische
Islam hat Wind in die Segel der Siedler geblasen. Diese lehnen Olmerts Plan
eines weiteren Rückzugs ab. Die Extremisten in unserer Mitte bereiten sich
auf gewaltsamen Widerstand vor. "Dieses Mal wird es nicht mit Tränen sondern
mit Blut enden", sagte kürzlich einer der Krawallmacher von der Hügeljugend.
Militärische Quellen sagen, Israel befinde sich in einem langen, harten
Kampf, der Geduld und Nerven aus Stahl erfordere. Die Armee hat schon vor
langer Zeit gelernt, dass es für Angelegenheiten wie diese keinen passenden
Zauberspruch gibt. Nichtsdestotrotz bestehen die Oberen der Armee darauf,
dass der Abschuss der Kassam-Raketen früher oder später aufhören wird. Um
den Terror zu zügeln, sind viele gezielte Operationen notwendig, doch nicht
auf diese bombastische Art, die der Zivilbevölkerung schadet. Am Ende werden
wir die Dinge unter Kontrolle haben, sagte eine militärische Quelle.
Olmert darf sich von den Launen der beiden Widerstandsfronten –intern und
extern- nicht beeinflussen lassen. Die Abkopplung in Koordination mit der
palästinensischen Führung vorzunehmen, ist das Beste. Doch wenn es keinen
Dialogpartner gibt, muss der Rückzug einseitig vorgenommen werden, um
unserer eigenen Interessen willen. Das Ziel ist, Reibungspunkte
einzuschränken und die Frontlinien zu verkürzen, so wie man das im Krieg
macht.
Ziele auf ein Abkommen, doch wenn dies nicht funktioniert, wähle die
zweitbeste Methode. Wir haben den Gazastreifen nicht verlassen, um die
Palästinenser zu belohnen, sondern um die Dinge für uns selbst einfacher zu
machen. Ihre Einwände müssen nicht auf uns abfärben. Wir müssen uns von
ihnen trennen. Zu unserem eigenen Besten brauchen wir kürzere Frontlinien,
selbst wenn die Palästinenser dies als Sieg betrachten. Mit der Abkopplung
fortzufahren ist ein zionistisches, militärisches und politisches Muss. Wie
beim Kampf gegen Verkehrsunfälle müssen wir wahrscheinlich noch viele Jahre
warten, bis das Problem vollkommen gelöst ist – oder bis die Palästinenser
so viel Einsicht gewinnen, dass sie verstehen, was Sharons Israel schon
heute versteht: Es gibt keinen Frieden ohne Zugeständnisse. Und ohne
Verhandlungen und Kompromisse gibt es keinen unabhängigen Staat mit
dauerhaften Grenzen.
hagalil.com 21-04-2006 |