Gesamtgesellschaftliches Engagement:
haGalil? - Nein Danke!
Aus mehreren Quellen haben wir inzwischen erfahren, dass der Antrag des
haGalil e.V. im Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend
(BMFSFJ) noch nicht einmal in die Vorauswahl der zur Förderung
zivilgesellschaftlicher Initiativen in Frage kommenden Projekte aufgenommen
wurde. Dies erstaunt umso mehr, als gerade das
vom haGalil e.V. beantragte Projekt "Or" in besonderer Weise auch den neuen
Richtlinien des BMFSFJ entspricht - vermutlich sogar mehr als jedes andere,
der sehr wohl als Teil der deutschen Zivilgesellschaft anerkannten Projekte.
Die Behinderung antisemitischer Propaganda stellt sich nämlich nicht nur
Rechtsextremisten, sondern auch linksextremistischen Antizionisten und
islamistischen Fundamentalisten in den Weg.
Dieser Ansatz müsste dem zuständigen Leiter des Referats 503 im BMFSFJ
spätestens seit einem Treffen im Frühjahr 2003, mit dem Herausgeber von
haGalil, bekannt sein, denn schon damals dachte Dr. Obst über die
Erweiterung des Extremismusbegriffs nach.
Inzwischen scheinen diese Überlegungen Gestalt anzunehmen, man will mit
gleichen oder eingeschränkten Mitteln ein breiteres Feld beackern. Die
Absicherung der selbst im Ministerium als "richtig und wichtig" angesehenen
Arbeit des haGalil e.V. und insbesondere die sonst so betonte
"Nachhaltigkeit", scheint im Falle haGalil aber wieder einmal nachrangig.
Offensichtlich kann man sich jüdische Initiativen gegen Antisemitismus nur
unter dem Dach und unter Finanzierung (wie vom ehemaligen Staatssekretär im
BMFSFJ auch tatsächlich "angeregt") des Zentralrats der Juden vorstellen.
Als Teil der gesamtgesellschaftlichen Anstrengung möchte man doch lieber auf
- ja wen denn - etwa echte Deutsche (?) - zurückgreifen.
Der Verdacht bestätigt sich erneut, dass für "Christian und Kristin" sicher
noch ein kleines aber feines Projekt dringewesen wäre. Das wäre dann
bewährte Hausmannskost, denn schließlich muss man der Welt ja beweisen, dass
Deutschland alles fest im Griff hat - und mit dem Antisemitismus werden
"echte Deutsche" doch wirklich am allerbesten alleine fertig.
Das
freie Radio Erfurt
führte hierzu ein Interview mit Andrea Livnat: [Soundfile-18042006-mp3].
Das Internet gilt als Ort der unbegrenzten Möglichkeiten.
Die herrschenden Wissenshierarchien werden aufgeweicht, im Prinzip kann
jeder und jede anderen Wissenswertes und Interessantes zur Verfügung
stellen. Was einerseits zur Demokratisierung des Wissens beiträgt, bringt
auf der anderen Seite auch Probleme mit sich. So nutzen Neonazis das
Internet, um ihre rassistische und antisemitische Propaganda zu verbreiten.
Den rechten Lügen und Verdrehungen seriöse und fundierte Informationen
entgegen zu setzen, dass hat sich seit einigen Jahren hagalil.com zur
Aufgabe gesetzt. Jetzt droht dem größten jüdischen Internetportal in
deutscher Sprache das Aus. Über das Angebot und die finanziell schwierige
Situation von hagalil sprach Radio FREI mit der Redakteurin Andrea Livnat.
*) Aus den Mitteln des nach antisemitischen Anschlägen in
Düsseldorf vom damaligen Bundeskanzler Schröder im Oktober 2000 ausgerufenen
"Aufstands der Anständigen" sollten endlich jene Initiativen, die sich schon
seit Jahren dem - immer weiteren Boden gewinnenden - Rechtsextremismus
entgegengestellt hatten, Anerkennung und verlässliche Unterstützung zu Teil
werden.
Siehe auch
Monitorbeitrag: "Nach dem Brandanschlag auf die jüdische Synagoge in
Düsseldorf im Oktober 2000 rief Bundeskanzler Schröder vollmundig den
"Aufstand der Anständigen" aus. Die jüdische Onlinezeitung "haGalil"
(Galiläa) war bis zum Jahresende ein erfolgreiches Element in dem mit
Bundesmitteln finanzierten Aktionsprogramm gegen Antisemitismus und
Fremdenfeindlichkeit. "100 Seiten Wahrheit für jede Seite Lüge und Hass" –
das ist das Arbeitsprinzip. Durch die Aktivitäten haGalils wurde u.a. die
umstrittene Rede des CDU-Politikers Martin Hohmann bundesweit bekannt"...
**) Das Bundesprogramm
entimon ist Teil des Aktionsprogramms der Bundesregierung "Jugend
für Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit
und Antisemitismus". Die Mittel des "Aufstands der Anständigen", immerhin
fast 200 Mio. Euro (!) wurden dem Referat 503 im BMFSFJ zur Verwaltung
übergeben. Das Programm entimon ist eines von drei Programmen dieser Art und
wird durch die Gesellschaft für soziale Unternehmensberatung (gsub)
mbH umgesetzt, die 1991 zur Stärkung arbeitsmarktpolitischer Programme im
Auftrag des Landes Berlin gegründet worden war.
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