„Bündnis für Erziehung“ – Forderung:
Unverzügliche Einbindung oder Rücknahme
„Ohne eine unverzügliche Erweiterung auf alle
sachverständigen Verbände und Berufsgruppen sowie die anerkannten
Religionsgemeinschaften wirkt die Initiative zum „Bündnis für Erziehung"
kontraproduktiv und sollte zurückgezogen werden", so der Generalsekretär des
Zentralrats der Juden, Stephan J. Kramer zur Initiative von
Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen.
„Das „Bündnis für Erziehung" ist grundsätzlich ein Schritt in die richtige
Richtung. Wenn diese Erziehung allerdings nur – vermeintlich - christliche
Werte vermitteln soll, dann ist dieser Schnellschuss gleichzeitig ein
Rückschritt in das Mittelalter", so Kramer skeptisch. „Weder sind wir Juden
„eifersüchtig", wie Bundestagsvizepräsident Thierse meint, noch sind die
10-Gebote christlich, wie Frau von der Leyen meint– wenn schon dann
jüdisch," so Kramer weiter.
„Enttäuschend ist, dass weder die Politik, noch die Kirchenvertreter in
Person von Bischöfin Käßmann und Kardinal Sterzinsky beim Start der
Initiative an das sonst so gerne in öffentlichen Erklärungen bemühte
jüdisch-christliche Wertefundament des Abendlandes gedacht haben", so
Kramer.
„Der Ansatz verkennt aber auch die Bedürfnisse einer modernen, pluralen
Gesellschaft, wo religiöse Werte auch, aber nicht nur eine Rolle spielen.
Mit dieser leichtfertigen Polarisierung wird das zarte Pflänzchen des
dringend benötigten, gesamtgesellschaftlichen Wertekonsens, über Religions-
und Kulturgrenzen hinaus, platt gewalzt bevor es auch nur sprießen konnte",
so Kramer. Beispielhaft sind hierfür eine Vielzahl von jüdischen Gemeinden,
die Kindergärten und Schulen unterhalten, in denen auch christliche Kinder
nach universellen Werten erfolgreich unterrichtet werden.
„Auch das Argument, eine Einbeziehung anderer Verbände hätte den Start der
Initiative verzögert ist fadenscheinig, denn die große Anzahl von
Bildungsträgern, wie Wohlfahrtsverbänden, Familienverbänden sowie Erziehern
und Lehrern sind seit Jahrzehnten in der Bildung engagiert und tragen diese
als stabiles Fundament. Hier braucht man keine Besserwisserei und
staatlich-religiöse Lenkung sondern Vernetzung und Förderung, auch
finanzielle, für ein Familien- und bildungsfreundliches Klima, ohne dabei
diejenigen auszugrenzen, die sich individuell zunächst gegen eine eigene
Familie entschieden haben", sagt Kramer.
„Wir brauchen einen Wettbewerb um die besten Bildungskonzepte unter
Einbeziehung aller praktischen Erfahrungen und keine Zementierung
konservativer Erziehungsmodelle. Hierbei hat der Staat seine religiöse
Neutralität unbedingt zu wahren, andernfalls steht uns ein Kampf der
Kulturen und auch der Religionen bevor", so Kramer abschließend.
Berlin, den 21.04.2006 |