Arte und Israel,
Israel und arte:
Neues über den Konflikt im Nahen Osten?
Von
Miriam
Magall
Soviel wurde bereits über den arabisch-israelischen und den
palästinensisch-israelischen Konflikt gesprochen, geschrieben und gefilmt,
dass es beinahe scheint, als sei schon alles gesagt. Oder doch nicht ganz?
Dieser Meinung mussten wohl die Produzenten des Dreiteilers "Israel und die
Araber" gewesen sein, als sie sich daran machten, das umfangreiche
Archivmaterial über diesen Konflikt zu sichten und zu eben diesem Dreiteiler
zusammenzuschneiden. Hohe Erwartungen geweckt hat er vielleicht nicht
gerade, aber doch soviel Interesse, dass der Zuschauer an drei Abenden an
einem Mittwoch im März (s.u.) zur besten arte-Sendezeit einschaltete und
sich das Ergebnis ihrer Mühen anschaute.
Der erste Teil am 15. März 2006 berichtete von dem erfolglosen
Camp-David-Gipfel unter der Schirmherrschaft des amerikanischen Präsidenten
Clinton, der zweite am 22. März 2006 von Arafats Hausarrest in seinem
Regierungssitz in Ramallah und der dritte am 29. März 2006 von Bush’s
Bemühungen um einen Frieden im Nahen Osten. In seiner Ankündigung versprach
der Film bzw. der Sender, es würde neues Material gezeigt. Ja, und auch das:
"Der Film zeigt, was Israel unternahm, um Arafat zu demontieren".
Aber eigentlich zeigte dieser Dreiteiler, wie so viele Filme über diesen
unglückseligen Konflikt in der Vergangenheit wie wohl auch in der Zukunft,
nichts Neues. Ein Interview mit Madeleine Albright, gewiss, oder die
Aussagen einiger Palästinenser, vor allem der zu "Guerrillakämpfern"
hochstilisierten Terroristen, auch. Aber sonst? Nichts weltbewegend Neues.
Es wiederholt sich wieder und wieder und wirkt langsam langweilig. Die
Araber, gleichgültig, ob Syriens Assad oder Palästinas Arafat, wollen von
vorneherein, noch bevor irgendwelche Verhandlungen aufgenommen werden, "den
ganzen Golan bis zum See Genezareth", das "gesamte Ostjerusalem als
Hauptstadt des palästinensischen Staates". Worüber, fragt sich der kritische
Zuschauer, soll danach noch verhandelt werden, wenn die Syrer von
vorneherein alles erhalten? Wenn Arafat -- und seine heutigen Nachfolger --
ganz Ostjerusalem und die gesamte Westbank erhält, alle Flüchtlinge nach
Israel zurückkehren dürfen? Worüber verhandelt man danach noch? Über die
endgültige Auflösung des Staates Israel? Ist es da ein Wunder, wenn die
Israelis nicht freiwillig allen arabischen bzw. palästinensischen
Vorbedingungen zustimmen?
Dass man selten alles bekommt, hat schon ein sehr bekannter Herr namens
Hitler vor mehr als einem halben Jahrhundert erfahren müssen, mit
schmerzlichen Kosten für sein eigenes Volk. Dass das palästinensische Volk
ebenfalls schmerzlich leidet, nimmt man auf palästinensischer Seite
anscheinend billigend in Kauf. Für einen höheren Zweck sind leider schon
viel zu viele Menschen völlig unnötig gestorben -- und tun es immer noch.
Sehr viel pragmatischer war da Ben-Gurion. Er erklärte sich einverstanden
mit dem lächerlich winzigen Flecken, den die UNO den gerade der
Nazi-Mordmaschine entflohenen traurigen Überresten seines Volkes anbot. Mit
beiden Händen griff er zu. Die Geschichte gab ihm Recht.
Und immer wieder ist da noch die Sache mit den Flüchtlingen, den
palästinensischen, wohlgemerkt. Lag es an der eher nachlässigen Übersetzung,
siehe unten, oder an der wie auch immer gearteten Redaktion, dass man im
Dreiteiler anfangs nicht so klar mit der Sprache herauswollte, gegen welche
Rückkehr von Flüchtlingen Israel sich wehrt? Nach vielem Stolpern und noch
mehr Umwegen kommt es dann endlich heraus: Der böse Arik Sharon will nicht,
dass Millionen palästinensischer Flüchtlinge in den Staat Israel
zurückkehren! Nein, sie sollen ihm zufolge gefälligst in den neu zu
schaffenden Palästinenserstaat gehen. Auch in dieser Frage ist Israel, wie
in so vielem, unflexibel und unnachgiebig, tönt es bedauerlich aus dem
Fernseher.
Ganz nebenbei seien noch die Fehler und Mängel im nur scheinbar
Nebensächlichen in diesem Dreiteiler erwähnt. Anscheinend hat der Übersetzer
vor allem der deutschen Untertitel schlecht hingehört, als er seine
Übersetzung in die Tasten hämmerte. Es soll ja Zuschauer geben, die sowohl
des Englischen, Französischen, Arabischen und auch des Hebräischen mächtig
sind und daher prüfen können, was da so alles an übersetzten Untertiteln
erscheint. Ständig sprechen sie von einem "Präsidenten", nicht dem
amerikanischen, sondern einem palästinensischen, wenngleich in den o.a.
erwähnten Sprachen von einem "Vorsitzenden" die Rede ist. Ebenso sprechen
die Israelis vorgeblich von einem "Großisrael", während sie im Hebräischen
lediglich Israel erwähnen. Komisch, komisch. Und was ist das "Pescha-Fest"
für ein jüdisches Fest? Nach bestem Wissen und Gewissen kann die Verfasserin
dieser Zeilen behaupten, dass es zwar ein jüdisches Pessach-Fest, veraltet
ökumenisch nennt man es noch immer Pascha-Fest gibt. Aber ein "Pescha-Fest"?
Was ist das?
Nun ja, atmet der Zuschauer am Ende des dritten Teils auf. Nichts Neues. Die
Israelis wollen sich partout nicht in Staub auflösen, und die Araber wollen
keine Verhandlungen, wenn sie nicht schon von vorneherein alles bekommen,
was sie fordern. Und das wird sich auch in absehbarer Zeit leider nicht
ändern. Denn Arafats Erben erklären nach ihrem demokratisch errungenen
Wahlsieg, sie strebten weiterhin die Zerstörung des Staates Israel an, siehe
die Hamas-Charta, und die Gründung eines palästinensischen Staates an seiner
Stelle. Dazu sei noch einmal ein Blick in die Geschichte gestattet: Auch die
Partei des Herrn mit der Bürste unter der Nase, Hitler genannt, wurde in
demokratischen Wahlen ins deutsche Parlament gewählt. Auch er verkündete
schon lange vor seinem Amtsantritt -- nicht "Machtübernahme", es fanden
demokratische Wahlen statt im damaligen Deutschland -- er wolle die Welt von
den Juden befreien.
Genauso hält es auch Arafats Nachfolgerin, die Hamas, genau wie er
demokratisch gewählt, und verkündet laut und deutlich: Weg mit den Juden!
Ist es da ein Wunder, dass Israel sich weigert, seinen potenziellen Mördern
die Hand zu reichen? Auch darüber wird wohl noch viel Tinte vergossen bzw.
werden viele Meter Film verdreht werden.
"Israel und die
Araber".
arte. Mittwoch, 15. März 2006, 60 Minuten; Mittwoch, 22. März 2006, 55
Minuten, und Mittwoch, 29. März 2006, 55 Minuten.
hagalil.com 30-04-2006 |