Die lang gediente rechtsgerichtete Regierung ablösen:
Dramatische politische Wende
Auszüge aus einem Kommentar von Yoel Marcus, Ha'aretz,
29.03.2006
Übersetzung Daniela Marcus
Es war nicht das Erdbeben, das Ariel Sharon geplant und
das er sich gewünscht hatte. Es war auch nicht diejenige Wende von 1977, die
damals die Herzen der Menschen bewegte. (Anmerkung der Übersetzerin: 1977
wurde erstmals seit der Gründung des Staates Israel keine linksgerichtete
Regierung unter Führung der Avodah bzw. ihrer Vorgängerin Mapai gewählt,
sondern die Likudpartei ging als Siegerin aus den Wahlen hervor und bildete
gemeinsam mit verschiedenen Koalitionspartnern eine rechtsgerichtete
Regierung.)
Doch basierend auf den Ergebnissen der Wählerbefragung hat die Wahl am
Dienstag zu einer dramatischen politischen Veränderung geführt. Anstatt
einer rechtsgerichteten Regierung, angeführt von Benjamin Netanyahu und den
Likud-Rebellen, die jeden Versuch, in Richtung eines Friedensabkommens
vorwärts zu gehen, unterminiert haben, wird Israel nun eine Regierung
erhalten, die die Mittel besitzt, den Plan von Ehud Olmert umzusetzen. (…)
Kadima startete bei Null. Auf dem Weg zu dem, was sie gestern erreichte,
rannte sie den Likud um und ließ Leute wie Uzi Landau und Yisrael Katz am
Wegrand zurück. Darüber hinaus machte sie Netanyahu (…) zu einer
irrelevanten Person. Der Wähler zeigte klar, dass seiner Meinung nach
Netanyahu dem Staat genug Schaden zugefügt hat und dass er zurück in die
Vereinigten Staaten gehen kann, um dort Möbel zu verkaufen.
Trotz der enttäuschenden Zahlen hat Ehud Olmert sicherlich die Möglichkeit
schnell eine Koalition zu bilden (…), die lang gediente rechtsgerichtete
Regierung abzulösen und eine moderate Regierung zu schaffen, die eine
Friedenspolitik betreiben wird.
Die Avodah, die ihren Anteil am Kuchen Dank Amir Peretz (…) erhöht hat, ist
eine neue Avodah: frisch und nach Erfolg strebend, wenn es um Frieden und um
soziale Themen geht. Jeder, der Peretz’ Entwicklung während der Zeit der
Wahlkampagne bemerkt hat, kann in ihm nicht nur einen Partner für Olmert
sehen sondern auch jemanden, der die Avodah zurück zu ihrem früheren Glanz
führen kann. (…)
Die Zahlen sind nicht die, von denen wir geträumt haben. Doch trotzdem
repräsentieren sie eine Wende. Die gesamte politische Landkarte hat sich
verändert: Anstelle von Sharon, Olmert; anstelle des Likud, Kadima; anstelle
von Peres, Peretz. Das Land kann wieder Farbe in die Wangen bekommen wenn es
schnell damit beginnt, die anstehenden schwierigen Aufgaben zu bearbeiten.
Olmerts Plan der Annäherung (Anmerkung der Übersetzerin: auf Hebräisch
"hitkansut" genant, im Vergleich zu Sharons Abkopplungsplan "hitnatkut")
spricht von der Evakuierung von 60.000 Siedlern aus den "Siedlungsblöcken".
Solch ein Schritt wird nicht ohne gewalttätige Opposition zu gehen sein. Und
er braucht die finanzielle Hilfe der USA im Umfang von 150 Milliarden NIS
(Anmerkung der Übersetzerin: derzeitiger Umrechnungsstand: 1 € = ca. 5,63
NIS). Selbst wenn es Olmert schafft, eine Friedensregierung zu bilden, so
ist er nicht Sharon. Doch die Tatsache, dass der Wähler (…) die
rechtsgerichtete Regierung zerschlagen hat, scheint eine Botschaft an den
amtierenden Premierminister zu sein: "Halt die Fackel fest und geh weiter."
hagalil.com 29-03-2006 |