Unveränderter Zustand:
Bei Scharon bewegt sich nichts
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Seit Januar liegt Ministerpräsident Ariel Scharon im
tiefen Koma im Siebenten Stock des Hadassah-Hospitals. Sieben Mal ist er
seitdem operiert worden. Doch gibt er immer noch kein Zeichen von sich. Wie
ein Sprecher des Hospitals verriet, liegt Scharon auf der Intensivstation
der Neurologie und wird weiterhin abgeschirmt, damit ihn niemand
fotografieren kann. Sechs weitere Patienten liegen in dem Saal, aber Scharon
ist von ihnen getrennt, im "Quarantäneraum".
Seine medizinische Behandlung wird wie ein gut gehütetes Staatsgeheimnis
behandelt. Er erlitt einen schweren Hirnschlag und dann gab es noch
Komplikationen, sodass ein Teil seines Dickdarms wegoperiert werden musste.
Wer zu Scharon vorgelassen wird, muss sich einer genauen Körperuntersuchung
unterziehen, darf weder Handy noch anderes Gerät bei sich tragen.
Behandlungsergebnisse werden nur mündlich weitergegeben. Nichts darf
aufgeschrieben werden.
Öffentlich diskutiert wurde vor Kurzem der Ort seines künftigen Grabes.
Scharon will neben seiner vor zehn Jahren verstorbenen Frau Lili begraben
werden. Doch ihr Grab befindet sich im Gelände der Privatfarm Scharons in
der Nähe von Sderot. Das ist kein offiziell deklarierter Friedhof und
deshalb musste die Regionalverwaltung vorsorglich eine Sondergenehmigung für
eine Beerdigung Scharons dort erteilen. Die israelische Presse berichtete
zudem, dass wohl der Beschluss gefasst worden sei, Scharon nach den Wahlen
am kommenden Dienstag (28. März) in eine Reha-Klinik zu überführen.
Niemand kann vorhersehen, wie lange er noch leben wird, zumal Euthanasie in
Israel grundsätzlich verboten ist. Kein Arzt würde Scharon eigenwillig von
der künstlichen Beamtung oder Ernährung trennen. Obgleich Familienangehörige
und Behandler ständig auf ihn einreden, um ihn so zum Aufwachen zu
animieren, gilt Scharon als "hinüber", politisch wie physisch.
Noch bleibt bei Kabinettssitzungen Scharons Stuhl leer, zumal sein
voraussichtlicher Nachfolger an der Spitze der neuen Kadima-Partei, Ehud
Olmert, bis zur Einführung einer neuen Regierung nur "amtierender
Ministerpräsident" einer Übergangsregierung ist. Aber dieser Tage wurden aus
dem Büro Scharons die "Zettel" entfernt, auf denen er sich Notizen machte,
oder mit denen er seinen Kabinettskollegen kurze Nachrichten übermittelte.
Diese Zettel enthalten angeblich keine Staatsgeheimnisse und wurden seiner
Familie übergeben. Ein Archivar soll eingestellt werden, um sie zu ordnen.
Alle anderen Dokumente der Regierung Scharons werden wie üblich dem
Staatsarchiv übergeben.
© Ulrich W. Sahm / haGalil.com
hagalil.com 23-02-2006 |