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Nach der Wahl 2006:
Ein Parteien-Überblick
Von
Ulrich Sahm, Jerusalem
11 Parteien werden ins neue israelische Parlament einziehen. Für eine
regierungsfähige Mehrheit werden 61 Mandate von 120 benötigt. Weder der
linke noch der rechte Block verfügt über die absolute Mehrheit, was die
Errichtung einer Koalition sehr erschweren und dem voraussichtlichen
Ministerpräsidenten Ehud Olmert die Hände binden könnte.
Hier Informationen zu den wichtigsten Gruppierungen (mit Mandaten nach
Auszählung von 99 Prozent der Stimmen. In Klammern die Zahl der Sitze in der
vorigen Knesset):
Kadima 28 (0)
Die Partei, die von Ariel Scharon neu gegründet wurde, hat sich erfolgreich
in der Mitte des politischen Spektrums positioniert. Dabei hat sie auch den
Schock der schweren Erkrankung des Ministerpräsidenten und damit seines
Ausfalls an der Spitze der Gruppierung gut überwunden. Sie wird aus dem
traditionell linken wie rechten Lager dabei unterstützt, die Grenzen Israels
bis 2010 festzulegen, selbst wenn es keine Einigung mit den Palästinensern
gibt. Dies bedeutet weitere einseitige Aufgaben von Gebieten im
Westjordanland sowie die Annexion anderer Landstriche, die von israelischen
Siedlern bewohnt werden.
Arbeitspartei 20 (22)
Der neue Parteichef Amir Perez hat das Programm der Partei wieder stärker an
Wirtschaftsfragen ausgerichtet und vertritt eine sozialistische Linie. Im
Konflikt mit den Palästinensern unterstützt die Arbeitspartei weitere
Rückgaben von Land an die Palästinenser.
Schas 13 (11)
Die ultra-orthodoxe Schas vertritt die sefardische Gemeinde, also religiöse
Juden, die aus arabischen Ländern und Nordafrika eingewandert sind. Sie
konzentriert sich auf soziale Themen und hat in den Koalitionen Ende der
neunziger Jahre regelmäßig das Zünglein an der Waage gespielt, bis Scharon
sie von 2002 an gezielt umgangen hat.
Jisrael Beitenu 12 (7)
"Israel unsere Heimat" ist eine ultranationalistische Partei, die von
jüdischen Einwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion gegründet wurde. Die
Partei will durchsetzen, dass arabische Dörfer in unmittelbarer
Nachbarschaft zu israelischen Siedlungen aufgelöst werden.
Likud 11 (40)
Mit Scharons Austritt aus der rechts-konservativen Partei ist der Likud
unter Ex-Ministerpräsident Benjamin Netanjahu aus dem Tritt geraten.
Zurückgeblieben sind in der früheren Regierungspartei die Gegner der von
Scharon propagierten Lösung, noch mehr Land - wie im Sommer den Gazastreifen
- aufzugeben.
Nationalreligiöse Partei und Nationale Union 9 (13)
Die beiden ultranationalistischen Parteien treten gemeinsam an, um ihre
Chancen zu verbessern. Die Nationalreligiöse Partei will vor allem eine
stärkere religiöse Bildung durchsetzen, die Nationale Union ist gegen jeden
Rückzug aus dem Westjordanland.
Gil (Rentner und Pensionäre) 7 (0)
Die Greisen wollen ihren Lebensabend finanziell polstern und haben ansonsten
(noch) kein politisches Konzept.
Merez 4 (6)
Die linke Merez ist für Verhandlungen mit den Palästinensern, unterstützt
einen Rückzug aus dem Westjordanland und vertritt ein säkulares, liberales
Programm.
Arabische Parteien 10 (8)
Obwohl die Araber ein Fünftel der israelischen Bevölkerung von knapp sieben
Millionen Menschen ausmachen, werden Parteien wie die Hadasch (3), Balad (3)
und Vereinigte Arabische Liste (4) nur schwach unterstützt, haben aber
zugelegt.
Ultraorthodoxe-religiöse Parteien 6 (5)
Diese Parteien gelten als a-politisch, mischen sich in die große Politik
nicht ein, bestehen aber traditionell auf dem Vorsitz des Finanzausschusses
in der Knesset, um so eine Finanzierung ihrer Erziehungseinrichtungen zu
sichern. Sie meiden Regierungsverantwortung und stellen keine Minister,
selbst wenn sie der Koalition beitreten.
Andere
Insgesamt 31 Parteien standen zur Wahl. Die meisten schafften nicht die 2
Prozent Hürde. Die Wahlbeteiligung lag bei 63,2 Prozent niedriger als je
zuvor in der Geschichte Israels.
[Die Wahlen zur 17. Kneseth am 28. März 2006 - 28.
Adar 5766] |
© Ulrich W. Sahm / haGalil.com |
hagalil.com 29-03-2006 |
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