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"Ein Land, in dem es Spaß macht zu leben":
Ausschnitte aus einem Interview mit Ehud Olmert

Von Aluf Benn und Yossi Verter, Ha'aretz, 10.03.2006
Übersetzung Daniela Marcus

Sagen Sie uns bitte, fragen wir den amtierenden israelischen Premierminister Ehud Olmert, muss ein Staatsführer ein Vorbild für seine Landsleute sein? "Auf jeden Fall", antwortet er mit einer Spur von Misstrauen.

Wie wird Ihre persönliche Vorbildfunktion aussehen? wollen wir wissen.

"Ich möchte nicht aufgeblasen klingen", sagt er. "Doch zu allererst muss ein Staatsführer führen. Er muss ein Mensch sein, der die Stärke, den Mut und die Fähigkeit besitzt, schwierige Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. So etwas wird von einem Menschen erwartet, der einem Staat vorsteht. Ein Staatsführer muss Selbstdisziplin, Fleiß und Hingabe ausstrahlen. Viele Dinge wurden während der vergangenen Jahre über mich gesagt. Doch es wurde niemals gesagt, dass ich dem, was ich tue, nicht treu ergeben bin. Ich investiere Leib und Seele in die Verantwortung, die mir auferlegt wurde. So werde ich es auch als gewählter Premierminister machen."

Sprechen wir von der Zukunft, vom letzten Tag Ihrer Amtszeit. Wie wird das Land aussehen, das Sie hinterlassen?

"Es wird ein anderes Land sein, in anderen Grenzen. Es wird von der großen Mehrheit der palästinensischen Bevölkerung getrennt sein. Es wird ein Land mit weniger auswärtiger Gewalt und mehr persönlicher Sicherheit sein. Ein Land, das effektiver mit sozialen Krankheiten umgeht." Er macht eine kurze Pause und fügt dann an: "Es wird ein Land sein, in dem es Spaß macht zu leben. Die Menschen werden nicht nur das Land lieben, sondern sie werden auch lieben zu sagen, dass sie es lieben."

Das hört sich ein bisschen nach "Grünes Blatt" an, d. h. nach der Partei, die den Marihuana-Konsum legalisieren will, sagen wir.

Die Grenzen markieren

Diese Woche entschied Ehud Olmert, den Nebel zu vertreiben, der seine Positionen seit der Nacht, in der er von Premierminister Ariel Sharon die Amtsgewalt übernehmen musste, eingehüllt hatte. Am Mittwoch präsentierte der Vorsitzende der Kadima-Partei –und gemäß Umfrageergebnissen der führende Kandidat für den Premierminister-Posten- in einem Interview seinen Plan bzgl. diverser Staatsangelegenheiten. Seine Botschaft kann nicht missverstanden werden: Olmert bereitet die israelische Öffentlichkeit auf einen Rückzug aus dem größten Teil der Westbank und auf das Festsetzen einer neuen Grenze hinter dem Sicherheitszaun vor. Der Zaun wird die großen Siedlungsblöcke und das "vereinigte" Jerusalem umfassen. Das Festsetzen der Grenze mit breiter interner und internationaler Zustimmung wird Olmerts Meinung nach die Hauptaufgabe der nächsten Regierung sein.

"Ich glaube", sagt Olmert, "dass sich Israel in vier Jahren von der großen Mehrheit der palästinensischen Bevölkerung abgekoppelt haben wird. Israel wird neue Grenzen haben, und der Verlauf des Zauns, der bisher ein Sicherheitszaun war, wird der neuen Linie einer dauerhaften Grenze angepasst sein. Es könnte sein, dass wir den Zaun gemäß einer Linie, der wir zustimmen, in manchen Fällen nach Osten verlegen und in anderen Fällen nach Westen. Wir werden bzgl. der Prägung Israels als jüdischer Staat mit einer soliden, stabilen jüdischen Mehrheit, die nicht in Gefahr ist, einen entscheidenden Schritt nach vorne gehen."

Wenn er die Wahlen gewinnt, beabsichtigt Olmert sofort, einen "innenpolitischen Dialog" über Israels dauerhafte Grenzen "mit allen Elementen, die für eine solche Entscheidung wichtig sind" zu beginnen, sagt er.

Inklusive des Yescha-Rates (i. e. Siedlerrat)?

"Natürlich. Der Yescha-Rat ist ein wichtiger Teil der israelischen Öffentlichkeit. Wir dürfen den Dialog nicht aufgeben. Wir müssen versuchen, die Meinungsunterschiede mit ihm zu verringern und vielleicht sogar eine Übereinstimmung zu erreichen. Jeder, der wie ich denkt, dass es nötig ist, mit unseren Feinden zu verhandeln, ist sicherlich auch der Meinung, dass es vor allem nötig ist, mit uns selbst zu verhandeln."

Olmert ist vorsichtig mit Versprechen vor der Wahl und will sich nicht festlegen. Nicht bezüglich Menschen und nicht bezüglich Entscheidungen. Er weigert sich z. B. zu sagen, ob er hinsichtlich Israels Grenzen einen Volksentscheid anstrebt. Seiner Meinung nach ist es zu früh, dies zu erwägen.

"Das Prinzip, das mich bei der Führung dieses Dialogs leiten wird", sagt Olmert, "ist das Zusammentreffen der großen Siedlungsblöcke und die Verdichtung dieser Blöcke. Zum jetzigen Zeitpunkt möchte ich nicht präziser darauf eingehen, doch jeder weiß, dass Gusch Etzion innerhalb des Staates Israel bleiben wird und ebenso die Umgebung Jerusalems und Ma’aleh Adumim."

Werden Sie trotz US-amerikanischer Einwände innerhalb des Gebietes E1, zwischen Jerusalem und Ma'aleh Adumim, bauen?

"Natürlich. Schließlich ist es undenkbar, dass wir über Ma'aleh Adumim als Teil des Staates Israel reden und es dann wie eine Insel oder isolierte Enklave zurücklassen. Es ist vollkommen klar, dass das Gebiet zwischen Jerusalem und Ma'aleh Adumim bebaut wird. Dies ist sowohl den Palästinensern wie auch den Amerikanern klar. Meiner Meinung nach gibt es bezüglich dieser Angelegenheit eine vollständige Übereinstimmung in Israel. Selbst Yossi Beilin, mit dem ich in der Regel nie übereinstimme, sagte, dass Ma'aleh Adumim innerhalb von Israel bleiben muss."

Und das Jordantal?

"Unsere Sicherheitsgrenze wird auf jeden Fall entlang des Jordans verlaufen. Es gibt diesbezüglich strategische Betrachtungen, die wir nicht aufgeben können."

Parallel zum innenpolitischen Dialog beabsichtigt Olmert, Gespräche mit der internationalen Gemeinschaft aufzunehmen, um deren Unterstützung zu gewinnen. Seiner Meinung nach gibt es nun eine seltene Gelegenheit, breite internationale Zustimmung für die dauerhaften Grenzen, die er plant, zu erhalten. Die Kombination von Hamas’ Aufstieg an die Macht in der palästinensischen Autonomiebehörde und der Unterstützung, die Israel in Folge der Abkopplung vom Gazastreifen erhalten hat, erlaubt die Erzielung eines Abkommens, das in einigen Jahren schwer zu erreichen sein könnte.

Eigeninitiative

Olmert legt das obligatorische Lippenbekenntnis für die so genannte "Road Map" und den Dialog mit den Palästinensern ab, doch es ist offensichtlich, dass er nicht ernsthaft daran glaubt und es vorzieht, dass Israel einseitige Schritte mit US-amerikanischer und europäischer Unterstützung ausführt. Er erwähnt erneut die "Anfangsbedingungen" für Verhandlungen mit der Hamas-Regierung: eine Änderung in der Charta der Bewegung, Anerkennung von Israels Existenzrecht, Entwaffnung und die vollständige Beendigung des Terrors.

Und wie lange werden Sie warten, bis die Hamas diesen Forderungen nachkommt?

"Wenn wir nach einer vernünftigen Zeitspanne –die nicht in Jahren gemessen wird- zu der Schlussfolgerung gelangen, dass die Palästinenser nicht beabsichtigen, gemäß diesen Prinzipien zu handeln, wird der Staat Israel kein Risiko eingehen. Wir sind nicht bereit unbegrenzt darauf zu warten, ob diese Autonomiebehörde uns nun vom Terror zu einer Art von Verhandlungen und dann zurück zum Terror und wieder zu Verhandlungen schaukelt. Wir erlebten diese Vorgehensweise während der letzten 10 bis 15 Jahre und gewannen dadurch nichts. Doch jedes Mal wenn wir uns entschieden, selbst die Initiative zu ergreifen, haben wir etwas erreicht." (…)

Seit Olmert die Verantwortung übertragen bekam, legte er großen Wert darauf, seine Schritte mit den Hauptdarstellern in der internationalen Gemeinschaft zu koordinieren. Als Grundlage für diplomatische Unterstützung misst er der persönlichen Bekanntschaft unter Staatsoberhäuptern große Bedeutung zu. (…)

Koalitionsgedanken

Über die Koalition, die er in Gedanken zusammensetzt, sagt er nichts außer der allgemeinen Bemerkung, dass er keine "jüdische und zionistische Partei" ausschließe. (…)

Er handelt nicht nach Sharons Weise. Sharon hatte am Vorabend der Wahlen im Jahr 2003 erklärt, dass Shaul Mofas den Posten des Verteidigungsministers erhalten würde. Olmert zieht es vor, keine Koalitionskarte aufzudecken. Außer dem Amt des Bildungsministers, das gemäß Sharons Versprechen für Professor Uriel Reichman vorgesehen ist, ist alles Verhandlungssache. Olmert ist auch nicht bereit zu sagen, wer sein Stellvertreter werden wird, sollte er Premierminister werden. In der Vergangenheit wurde gesagt, dass Justiz- und Außenministerin Tzipi Livni diesen Posten erhalten sollte. Doch Olmert weigert sich, darauf Bezug zu nehmen.

So weit er betroffen ist, sollen sie alle schwitzen. Das macht Sinn. Wenn Kadima mehr als 40 Sitze erhält, kann Olmert gegenüber jedermann großzügig sein. Wenn Kadima weniger als 35 Sitze bekommt, wird er für die Koalition, die er bildet, zahlen müssen.

Er nennt Kadima –die Partei, die Sharon ihm hinterlassen hat- "die israelische Starbesetzung". (…) "Wir haben das beeindruckendste Team, das jemals für den Regierungsanspruch im Staat Israel gekämpft hat", sagt er begeistert. "Kadima trägt die Botschaft von Regierungsstabilität. Und jeder, der Stabilität möchte, und jeder, der kein System möchte, das häufig der Erpressung der kleinen Parteien ausgesetzt ist, muss Kadima wählen."

Die Erwähnung von Amir Peretz’ Namen ruft im Gegensatz zu Benjamin Netanyahus Namen keine gehässigen Bemerkungen hervor. Vielleicht ist dies ein Zeichen für die Zusammensetzung der nächsten Koalition. Bezüglich der Angelegenheit, den Mindestlohn anzuheben –das Hauptbanner der Werbekampagne der Arbeiterpartei- ist Olmert nicht bereit, nachzugeben.

"Es ist unverantwortlich, in Wahlsprüchen über die Erhöhung des Mindestlohns zu reden wenn der Preis dafür der Verlust von Tausenden von Arbeitsplätzen ist. Alle Wirtschaftswissenschaftler sagen das, abgesehen von einer kleinen, radikalen, populistischen und sozialistischen Gruppe, die Peretz umgibt und sich seinen Wahlsprüchen unterwerfen muss." (…)

Olmert privat

Sharon war es niemals peinlich zu sagen, dass ihm seine Position gefällt. Gefällt Ihnen diese Position als Premierminister?

"Mir wurde niemals falsche Bescheidenheit nachgesagt", erwidert er, "doch es scheint mir voreilig zu sein, über Gefallen zu reden. Ich kann z. B. nicht mehr mit meiner Frau zu Hause sitzen und tun, was mir gefällt. Ich kann nicht mehr spontan einen Film anschauen. (…) Ich kann nicht mehr zu den Spielen der Fußballmannschaft Betar Jerusalem gehen. Der Gedanke, dass Betar Jerusalem Hapoel Tel Aviv schlagen wird und ich es nur zu Hause anschauen kann, gefällt mir nicht."

Sie vermitteln das Bild eines reichen Mannes – Zigarren, Spitzenanwälte, ein Mann, der ein Haus für 3 Millionen Dollar verkauft hat.

"Warum nicht 8 Millionen?" wendet er ein. "Die genaue Summe beträgt 2,7 Millionen, noch genauer, 2,69 Millionen." (…) Ich war niemals ein Spitzenanwalt. Ich hatte schlichtweg nicht die Zeit dazu. Ich habe 15 Jahre als Anwalt gearbeitet. Gleichzeitig hatte ich meine Arbeit in der Knesset. Damals erlaubte das politische System dies. Meine Frau und ich kauften das Apartment für 300.000 $ plus 150.000 $ Hypothek – das ist mein ganzer Wohlstand. Zwanzig Jahre später, im Alter von 60, verkaufte ich das Apartment. In der Zwischenzeit habe ich Schulden abbezahlt und meinen Kindern geholfen, so wie es in jeder israelischen Familie geschieht."

Die Familie bringt einen anderen Olmert zutage. Einen sanfteren. Seine Frau Aliza entlockt ihm Superlative. "Meine Frau ist einzigartig", sagt er begeistert. "Sie engagiert sich für Millionen von Dingen, ohne Publicity und ohne einen Cent für ihre Ausgaben ersetzt zu bekommen. Es gibt viele Institutionen für Risikokinder, für misshandelte Frauen, für Kultur und Kunst, die nur Dank meiner Frau existieren."

Welche Art von First Lady wird sie sein?

"Sie hat gesagt: Ich werde nicht Hillary Clinton und nicht Sonia Peres sein."

Haben Sie je daran gedacht, sich aus dem politischen Leben zurückzuziehen?

"Es gab solch eine Möglichkeit, und zwar am Abend der letzten Regierungsbildung (Anmerkung der Autoren: als Sharon Olmert informierte, dass er nicht Finanzminister werden würde), doch diese Möglichkeit war schnell vorbei. Auf jeden Fall", sagt er, "ist es gut für einen Premierministerkandidaten, wenn er eine andere Option außerhalb des politischen Lebens hat. Es ist gut für die innere Ausgeglichenheit und für das Urteilsvermögen."

Welches sind Ihre Optionen?

"Entweder gewählter Premierminister zu sein", sagt er, "oder Betar Jerusalem zu coachen." (…)

hagalil.com 12-03-2006

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