Wafa
Sultan (geb. 1959, in Syrien) ging auf Distanz zum Islam, nachdem sie
miterleben musste, wie Islamisten ihren Professor an der Universität von
Aleppo (Haleb, Syrien) ermordeten. 1989 wanderte sie mit ihrem Mann in
die USA aus, beide sind inzwischen amerikanische Staatsbürger.
Schon im vergangenen Jahr war ihr Auftreten in einer Talkshow auf
al-Dschazira spektakulär, als sie mit dem algerischen Islamisten Ahmad
bin Muhammad über Terrorismus und religiöse Erziehung diskutierte. Sie
warf ihm vor, die Erziehung von Kindern zu Terroristen zu begünstigen,
indem sie schon in jungen Jahren bestimmte Verse des Korans auswendig
lernen müssen, ohne diese zu reflektieren. Ahmad bin Muhammad konnte auf
die meisten Vorwürfe nicht antworten. Er warf Wafa Sultan vor, sie würde
mit "Vorwürfen argumentieren". Schließlich verweigerte er die
Diskussion, da er formell keine Kommunikationsebene erkennen könne.
Ihr
Auftritt am 21. Februar 2006 bei al-Dschazira brachte ihr zahlreiche
Morddrohungen ein. Thema einer TV-Diskussion war der "Kampf der Kulturen".
Wafa sieht weder einen Konflikt der Religionen noch von Kulturen. Es sei
eher ein Konflikt zwischen zwei Epochen, zwischen einer Mentalität des
Mittelalters und einer des 21. Jahrhunderts, zwischen Zivilisation und
Rückständigkeit.
Im Folgenden dokumentieren wir Auszüge aus der Sendung in Al-Jazeera (vom
21. Februar 2006).
Als TV-Clips mit englischen Untertiteln sind diese auch unter
memritv.org zu sehen.
Wafa
Sultan: "Der Konflikt, den wir weltweit erleben, ist weder ein Konflikt
der Religionen noch von Kulturen. Es ist eher ein Konflikt zwischen zwei
Gegensätzen, zwischen zwei Epochen. Es ist ein Konflikt zwischen einer
Mentalität, die zum Mittelalter gehört und einer, die dem 21. Jahrhundert
angehört.
Es ist ein Konflikt zwischen Kultur und Rückständigkeit, zwischen
Zivilisierten und Primitiven, zwischen Barbarei und Rationalität. Es ist ein
Konflikt zwischen Freiheit und Unterdrückung, zwischen Demokratie und
Diktatur. Es ist ein Konflikt zwischen Menschenrechten auf der einen Seite
und dem Missbrauch dieser Rechte auf der anderen Seite. Es ist ein Konflikt
zwischen denen, die Frauen wie Tiere behandeln und denen, die sie wie
Menschen behandeln.
Was
wir heute sehen, ist kein Konflikt der Kulturen. Kulturen kämpfen nicht,
sondern sie konkurrieren gegeneinander. [...]"
Moderator: "Sie behaupten also, dass das was heute passiert, ein
Konflikt zwischen der Kultur des Westen und der Rückständigkeit und Ignoranz
der Muslime ist?"
Wafa Sultan: "Ja, genau das meine ich." [...]
Moderator: "Wer hat denn das Konzept vom Kampf der Kulturen
erfunden? War das nicht Samuel Huntington?
Es
war jedenfalls nicht Bin Laden. Diesen Sachverhalt würde ich gerne mit Ihnen
diskutieren, wenn Sie nichts dagegen haben..."
Wafa Sultan: "Die Muslime waren die ersten, die diesen Ausdruck
benutzten. Die Muslime haben mit dem Kampf der Kulturen angefangen. Der
Prophet des Islams sagte: "Ich habe den Auftrag, die Menschen zu bekämpfen
bis sie an Allah und seine Propheten glauben."
Als die Muslime die Menschen in Muslime und Nicht-Muslime einteilten und
dazu aufriefen, die anderen solange zu bekämpfen bis sie an das glauben, an
was sie selbst glauben, haben sie den Kampf der Kulturen eingeläutet und
diesen Krieg angefangen. Für diesen Krieg müssen sie heute lediglich ihre
islamischen Bücher und Studieninhalte studieren, die voll von Forderungen
nach takfir (= Beleidigung und Verfolgung anderer Muslime als Abtrünnige,
Ketzer oder Verräter) und dem Kampf gegen die Ungläubigen sind.
Mein
Gesprächspartner (Zu dem Al-Jazeera-Streitgespräch war neben Wafa Sultan der
islamische Geistliche Dr. Ibrahim Al-Khouli aus Doha zugeschaltet) hat
gesagt, er habe niemals den Glauben anderer Menschen beleidigt. Aber welche
Kultur auf Erden erlaubt es ihm, anderen Menschen Namen zu geben, die sie
sich nicht selbst ausgesucht haben?
Früher bezeichnete er sie als Dhimmi, dann als 'Leute des Buches' (Juden und
Christen gelten u.a. als Angehörige der Buchreligionen, ahl al-kitab) und
dann wieder vergleicht er sie mit Affen und Schweinen oder bezeichnet die
Christen als die, 'die Allahs Zorn auf sich ziehen'.
Wer hat Ihnen gesagt, dass sie 'Völker des Buches' sind? Sie sind nicht die
Leute eines Buches, sondern vieler Bücher. All die nützlichen
wissenschaftlichen Bücher, die man heute benutzt, sind von ihnen, das
Resultat ihres freien und kreativen Denkens.
Was
gibt Ihnen das Recht, sie als 'die, die Allahs Zorn auf sich ziehen' oder
'die, die vom rechten Weg abgekommen sind' zu bezeichnen? Und dann kommen
Sie hierher und behaupten, dass Ihre Religion ihnen sagt, dass Sie den
Glauben anderer nicht beleidigen sollen?
Ich bin weder Christin, Muslima noch Jüdin. Ich bin ein säkularer Mensch.
Ich glaube nicht an das Überirdische, aber ich respektiere das Recht
anderer, daran zu glauben."
Dr. Ibrahim Al- Khouli: "Sind Sie eine Ketzerin?"
Wafa Sultan: "Sie können sagen, was Sie wollen. Ich bin säkular
und glaube nicht an das Überirdische." [...]
Dr.
Ibrahim Al- Khouli: "Wenn Sie eine Ketzerin sind, brauche ich Sie nicht
zurecht zu weisen, wenn Sie gegen den Islam, den Propheten und den Koran
lästern..."
Wafa Sultan: "Das ist meine persönliche Angelegenheit, die Sie
nichts angeht. [...]
Bruder, Sie können meinetwegen an Steine glauben, solange Sie diese nicht
auf mich werfen. Sie können an alles glauben, aber der Glaube anderer
Menschen geht Sie nichts an, egal ob diese nun an den Messias als Gott oder
Sohn von Maria oder den Satan als Sohn der Maria glauben. Gestehen Sie den
Menschen ihren eigenen Glauben zu." […]
Wafa
Sultan: "Die Juden haben die Tragödie (des Holocaust) hinter sich und
die Welt gezwungen, sie zu respektieren - mit ihrem Wissen und ihren
Leistungen und nicht mit Terror oder Gekreische. [...] Wir haben keinen
einzigen Juden gesehen, der sich in einem deutschen Restaurant in die Luft
gesprengt hat. Wir haben keinen Juden gesehen, der eine Kirche zerstört hat
oder protestiert, indem er andere Menschen umbringt. Die Muslime haben drei
Buddha-Statuen zerstört. Aber wir haben keinen einzigen Buddhisten gesehen,
der eine Moschee oder Botschaft abgebrannt oder einen Muslim umgebracht hat.
Nur die Muslime verteidigen ihren Glauben, indem sie Kirchen niederbrennen,
Menschen umbringen und Botschaften zerstören. Dieser Weg führt zu nichts.
Die Muslime müssen sich selbst fragen, was sie für die Menschheit tun
können, bevor sie verlangen, dass die Menschheit sie respektiert."