Arabische Selbstkritik:
Unsere Rückständigkeit ist nicht Israels Schuld
[FORUM]
Vom Westen kaum wahrgenommen finden Kritik und Selbstkritik ihren
Weg in die arabische Medienöffentlichkeit. Ein Beispiel dafür ist eine
Debatte im libanesischen NEW TV, in deren Verlauf der libanesische
Journalist 'Uqab Saqr kritisierte, dass die arabisch-muslimische
Identität auf der Konstruktion von Feindbildern beruhe.
[VIDEO:
memritv.org=1033 New TV - 6. Februar 2006]
War Saddam Hussein weniger schlimm als der niederträchtigste Besatzer
im Irak?
'Uqab Saqr: "Wann immer wir amerikanische Werte in Frage stellen,
müssen wir auch unsere eigenen Werte hinterfragen. Wenn wir die
amerikanische Besetzung im Irak in Frage stellen, müssen wir auch fragen:
War Saddam Hussein weniger schlimm als der niederträchtigste Besatzer im
Irak? Hat Amerika in seiner Geschichte ähnliches vorzuweisen wie Saddam
Hussein, als er Iraker verbrannte, durch Säure töten ließ und deportierte.
[... ]
Was
bedeutet Identität für Araber und Muslime?
Ihre Identität basiert auf zwei Grundvoraussetzungen: Die erste ist die
Feindseligkeit gegenüber anderen. Das heißt, ich definiere mich als Feind
von irgend jemand anderem. Die zweite besteht darin, diese Feindseligkeit zu
verinnerlichen. Wenn wir uns selbst also durch die Feindschaft gegen andere
definieren, seien es Amerikaner, Israelis oder der so genannte
'Zion-Amerikanismus', zu dem alles westliche, nicht-muslimische und
nicht-arabische gerechnet wird - wenn wir all dies ablehnen, was erzeugen
wir dadurch? Wir schaffen eine Kultur der Opposition. [... ]
China hatte es nicht nötig, seine Opposition zu [den USA] zu
demonstrieren, indem es Flugzeuge in Hochhäuser stürzen ließ, um unschuldige
Menschen zu töten, und dadurch auch noch die chinesische Kultur zu
entstellen. China hat eine starke Wirtschaft, es besitzt Handelsbeziehungen
zu anderen Märkten und hat wissenschaftliches Knowhow entwickelt. Auf diese
Weise hat es China geschafft, den USA die Stirn zu bieten, ohne in
Opposition zu gehen.
Auch Japan hat eine Kultur entwickelt, ohne gegenüber den USA in Opposition
zu gehen.
Eine
Kultur des Hasses?
Wie kommt es, dass wir uns in der arabischen und islamischen Welt zurück
entwickeln, während sich der Westen weiterentwickelt? Warum reproduzieren
wir die Kultur des Hasses? Einfach weil wir nicht die Fähigkeit haben,
unsere eigene Kultur zu entwickeln; eine Kultur, die Araber und Muslime
vorwärts bringt. [...]
Die Amerikaner waren nicht in Mauretanien, Sudan oder Somalia, und auch
Israel grenzt an keines dieser Länder. Was ist dann der Grund für die
Rückständigkeit dieser Länder? Haben sie etwa jemals an Israel gegrenzt?
Nein, das Problem liegt bei uns selbst."
[FORUM]
Adonis:
Wir brauchen eine neue arabische Kultur
und Identität
In einem Interview mit Dubai TV setzte sich der 1930 in Damaskus geborene
und weltweit renommierte Dichter Adonis (Ali Ahmad Sa'id) für eine
Demokratisierung und einen grundlegenden Wandel in der arabischen Welt
ein...
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