Vorwürfe gegen Verlag M. DuMont Schauberg:
Ein Anwesen gegriffen
Der Kölner Verlag M.
DuMont Schauberg und die Inhaberfamilie Neven DuMont sollen in der
Nazizeit von der Enteignung jüdischer Immobilienbesitzer profitiert
haben. Diesen Vorwurf erhebt ein Artikel des Nachrichtenmagazins
SPIEGEL vom 13.02.2006. Der Verlag verwahrt sich gegen die
Anschuldigungen.
Von Ulrike Letzien
"Klüngeln im Krieg" ist der Titel des
SPIEGEL-Artikels vom vergangenen Montag (SPIEGEL 07/2006), in dem
der Autor Nils Klawitter dem Kölner Verlag M. DuMont Schauberg (MDS)
und der Familie Neven DuMont vorwirft, "Profiteure der
'Arisierungen'", also der zwangsweisen Enteignung jüdischen
Eigentums in der Nazizeit, gewesen zu sein.
Der Verlag und Mitglieder der Familie hätten
zwischen 1938 und 1941 mehrere zwangsversteigerte und
zwangsenteignete jüdische Immobilien zu Schleuderpreisen gekauft.
Darunter Grundstücke in Kölns bester Lage, als "besonderes
Schnäppchen" sogar drei Häuser in direkter Nachbarschaft zur Kölner
Verlagszentrale.
Bei den früheren Eigentümern der Häuser handelte
es sich um den Stahlkaufmann Albert Ottenheimer, den Kaufmann Emil
Lippmann und um Fritz Brandenstein, einen Wäschefabrikanten. Die
Nationalsozialisten hatten sie zur Emigration gezwungen oder, im
Fall des Kaufmanns Emil Lippmann, in Konzentrationslager
verschleppt. Der Verlag und die Familie kauften die Immobilien von
so genannten "Abwesenheitsverwaltern" oder von den jeweiligen neuen
Eigentümern. Diese hätten laut SPIEGEL aber nur als
"Zwischenhändler" fungiert. Die Familie Neven DuMont und der MDS
Verlag hätten also absichtlich und wissentlich enteignetes jüdisches
Eigentum gekauft. Trotzdem, so der SPIEGEL weiter, würde sich die
Verlegerfamilie Neven DuMont gern als Opfer der Nazis inszenieren
und zu Anlässen wie dem 200jährigen Bestehen des Verlages "die
antifaschistische Haltung des Hauses" hochleben lassen.
In einer Pressemitteilung wies der MDS Verlag die
Vorwürfe zurück. Der SPIEGEL-Beitrag sei "in seiner gewollten
Tendenz journalistisch unverantwortlich", hieß es dort. Man habe die
genannten Grundstücke zwar tatsächlich erworben, dass man aber von
ihrem Enteignungshintergrund gewusst habe, sei vom SPIEGEL
"leichtfertig unterstellt." Außerdem habe es nur in einem Fall eine
Entschädigungsforderung der früheren Eigentümer gegeben, der Verlag
habe daraufhin eine Summe von 10.000 DM ausgezahlt.
In einem Artikel des Kölner Stadtanzeigers (MDS
Verlag) vom 22.02.2006 ist zudem zu lesen, dass die Immobilien
keineswegs unter Wert an den Verlag und an die Familie verkauft
wurden. Im Vergleich mit den Verkaufspreisen ähnlicher Immobilien
könne man nicht von "Schleuderpreisen" sprechen. Ein Grundstück sei
sogar schon im Jahr 1933, also "vor jeglicher Arisierung", wegen der
Überschuldung des Eigentümers versteigert worden. Woher diese
Angaben genau stammen, geht aus dem Artikel aber nicht hervor.
Der Verlag verteidigt sich und die Verlegerfamilie
auch gegen den Vorwurf, man inszeniere sich als Opfer. "Kein
Mitglied der Familie Neven DuMont hat zu irgendeinem Zeitpunkt
behauptet, dass vom Kölner Verlag oder von der eigenen Familie
Widerstand ausging" heißt es in der Pressemitteilung. Dennoch
beschreibt die Mitteilung in großer Länge die liberale Grundhaltung
in der Familie Neven DuMont. Sie weist auf jüdische Freunde hin und
auf die Tatsache, dass der damalige Verlagschef Dr. Kurt Neven
DuMont bis Kriegsende eine jüdische Sekretärin beschäftigte und
deren Schwester vor den Nationalsozialisten versteckte. Dass
derselbe Dr. Kurt Neven DuMont ab 1937 Mitglied der NSDAP war,
erklärt man in der Mitteilung damit, er "habe geglaubt, sein
Unternehmen bewahren zu können" und sei außerdem "kein Nazi
gewesen." Die Apologese vermag allerdings nicht wirklich zu
überzeugen, weil ihr ein entscheidender Teil fehlt – Ein Ausdruck
des Bedauerns über die Enteignungen.
Inwieweit der MDS Verlag und die Familie Neven
DuMont tatsächlich in den NS-Staat verstrickt waren, soll jetzt ein
"unabhängige[r], renommierte[r] Historiker" "differenziert"
aufarbeiten. Diesen will der Verlag aber "noch gewinnen." Es ist
eigenartig, dass das nicht schon längst geschehen ist.
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