[haGalil
Notausgabe]
Die Furcht vor der Pressefreiheit:
Von roten Linien und ganz kleinen Karos
Was bedeutet Pressefreiheit? Warum
bringen wir hier, selbst in der Notausgabe, die unten als Beispiel
angefügte Pressemeldung der Giordano-Bruno Stiftung? Einige dieser
Gedanken geben ganz sicher nicht unsere Meinung wieder und auf den
verlinkten Seiten befinden sich Darstellungen, die dazu angetan sind,
religiöse Empfindungen gläubiger Menschen zu stören. Auch unsere!
Trotzdem, diese Gedanken gehören zu dieser Welt. Und diese Welt ist die
beste aller möglichen Welten, so erklärt dies beispielsweise die Torah.
Die meisten meinen heute, die Welt stecke tief in der Krise.
Entsprechend dringend sei die Suche nach Lösungen. Manche meinen sogar,
sie hätten die
Lösung, aber genau die sind das eigentliche Problem.
Eines ist klar, wenn die Welt auch als beste aller möglichen Welten
erschaffen wurde, so ist sie, und das dürfte zum Konzept gehören, noch
immer verbesserungswürdig.
Unser bescheidener Beitrag bestand vor allem darin, zu vielfältigen
Themen aus unterschiedlichen Bereichen zahlreiche ganz konträre
unterschiedliche Ansichten und Meinungen vorzustellen.
Es ging in haGalil niemals darum, Meinungen auf die sich Herausgeber,
Betreiber und Redaktion einigen konnten, zur einzigen Weisheit zu
erklären. Das wäre unserer Meinung nach nicht nur langweilig und
dürftig, sondern auch wenig sinnvoll zur Meinungs- und Lösungsfindung
gewesen. Deshalb waren wir immer wieder bereit, uns mit Leuten zu
unterhalten, die ganz konträre Sichtweisen vertraten. Das scheinen viel
zu wenige begriffen zu haben und manchmal war es erschreckend zu sehen,
wie wenig dies manche respektieren konnten.
Vielleicht sollten wir überhaupt weniger davon reden, was wir
akzeptieren wollen, als vielmehr davon "was ist". Es ist doch wichtiger
zu wissen was gedacht wird, als zu diskutieren, was gerade noch als
"politisch korrekt" konsensfähig sein könnte. Vom bequemen und passiven
Tolerieren müsste man sich endlich aufmachen und um Respekt bemühen. Ich
kann Menschen tolerieren, auch wenn sie mir gleichgültig sind. So kann
ich auch Unrecht tolerieren, Armut, Machtgier, autoritäres Gehabe.
Respektieren kann ich dies alles nicht.
Eins ist klar, wir haben nicht die Lösung, und wir bilden uns
auch nicht ein, dass dies irgendjemand ernsthaft vermuten könnte. Manche
Leser scheinen das aber zu erwarten. Und meistens erwarten solche
Zeitgenossen dann auch noch eine ganze Menge weiterer Unmöglichkeiten.
Wie dem auch sei, selbst wenn wir sie hätten, die Antwort, wäre es dann
sinnvoll, sie so einfach vorzuschreiben? Das Denken kann und soll
und darf man doch niemandem abnehmen. Es wäre respektlos gegen die
Menschen, und das wäre die tatsächliche Lästerung G'ttes. Und dann
hätten wir womöglich erst recht ein Problem.
Keine Einschränkung der Meinungs-, Kunst- und
Pressefreiheit:
Rücksicht auf religiöse Borniertheit soll nicht zum Mass aller
Dinge werden
Presseerklärung der Giordano Bruno Stiftung -
Als Reaktion auf die weltweiten Proteste, die durch die zwölf
Mohammed-Karikaturen der dänischen Zeitung "Jyllands Posten" ausgelöst wurden,
hat sich die Arabische Liga mit einem offenen Zensurwunsch an die Vereinten
Nationen gewandt. Das UN-Parlament solle einen Beschluss fassen, der
"beleidigende Angriffe gegen religiöse Überzeugungen" verbiete. Auch wenn die
meisten westlichen Politiker in ihren Stellungnahmen das hohe Gut der Meinungs-,
Kunst- und Pressefreiheit würdigten, bemühten sie sich doch, ihr tiefes
Verständnis für die "verletzten religiösen Gefühle" und ihre Abscheu gegenüber
den vermeintlich "geschmacklosen" Mohammed-Karikaturen zu demonstrieren.
Auch auf diese subtile Weise können fundamentale
Freiheitsrechte auf dem Altar der Diplomatie geopfert werden. Der gegenwärtige
Skandal kommt einigen Politikern in Deutschland sehr gelegen. Seit vielen Jahren
schon versuchen Teile der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit Rückenwind der Kirchen,
den sog. "Gotteslästerungsparagraphen" 166 des Strafgesetzbuches zu verschärfen.
Zwar scheiterten bislang sämtliche Versuche, die
"freche Kritik an der Religion" gänzlich zu verbieten, aber dank der tätigen
Unterstützung islamischer Fundamentalisten könnte dieser Anschlag auf die
bürgerlichen Freiheiten in absehbarer Zeit nun doch gelingen. Die Giordano Bruno
Stiftung wehrt sich in einem offenen Brief dagegen, dass aus Rücksicht auf
religiöse Borniertheit gravierende Einschränkungen der Meinungs-, Kunst- und
Pressefreiheit vorgenommen werden, und fordert zur Stabilisierung der
aufklärerischen Streitkultur u.a. die Abschaffung des
"Gotteslästerungsparagraphen" 166 StGB.
"Angesichts der sehr realen Gefahr, dass wir
möglicherweise auf ein Zeitalter der Religionskriege zusteuern", heißt es in der
Petition, brauchen wir "nicht weniger, sondern weit mehr religionskritische
Stimmen in der öffentlichen Debatte. Die Zeiten, in denen weltanschauliche
Offenheit religiösem Offenbarungswahn geopfert wurde, sollten endgültig vorbei
sein!"
Der Text der GBS-Petition, die online unterschrieben werden kann, findet sich
unter:
http://www.leitkultur-humanismus.de/freiheit.htm.
dg / hagalil.com / 02-2006
Auf der Eingangsseite zu haGalil
http://www.hagalil.com finden Sie Hinweise auf einige Artikel zum Thema,
u.a. aus dem Standard, der Presse, von n-tv, telepolis, honestly-concerned, der
Frankfurter Rundschau, der Tageszeitung, dem Neuen Deutschland, der Tagesschau,
Aviva, JTA und vielen anderen.
haGalil e.V., Postfach 900504, 81505 München
Redaktionen in München eva@hagalil.com
und Tel Aviv andrea@hagalil.com.
|