Der Mann, der neben dem leeren Sessel sitzt:
Die Prüfung Olmerts
Ehud Olmert hat vom ersten Moment an begriffen, dass er nicht der
Hauptdarsteller in diesem enormen menschlichem Drama ist, das sich vor
unseren Augen abspielt, und er rückte zur Seite. Und es hat funktioniert:
71% sind mit seiner Leistung zufrieden, er wurde von der Öffentlichkeit zum
Nachfolger Sharons gekrönt, und innerhalb einer Woche wandelte er sich vom
arroganten und distanzierten Minister zum bevorzugten Kandidaten für das Amt
des PM. Nur 12% glauben, dass Sharon wieder seinen Posten als PM einnehmen
können wird. 81% schenken den Berichten der Hadassah Sprecher Vertrauen. Und
63% verspüren Traurigkeit, wegen dem, was Sharon widerfahren ist.
Josef Charif kommentiert in M'ariw:
Zweifelsohne ist Ehud Olmert von allen Persönlichkeiten in
der Kadima-Spitze die beste Wahl für die Nachfolge Sharons. Seine
Schlauheit, seine Begabungen und seine Erfahrung im politischen Bereich, die
er sich als MdK (Mitglied der Knesset) und Mitglied in einigen Regierungen
in 30 Jahren angeeignet hat, machten ihn zum natürlichen Kandidaten. Seine
Auftritte in der Knesset haben schon immer seine Begabungen betont.
In den letzen Jahren vertiefte sich seine Nähe zu Sharon, und bei der
letzten Regierungsbildung ernannte ihn Sharon zu seinem Stellvertreter. Zu
dieser Zeit hatte Sharon sich bereits zur Notwendigkeit der Gründung eines
Palästinenserstaats bekannt, seine Pläne für die Loslösung jedoch noch nicht
enthüllt. Wer zuerst über den Gedanken an einen einseitigen Rückzug sprach,
war Ehud Olmert. Schon vor zwei Jahren hatte er sich zugunsten einer solchen
Maßnahme ausgesprochen, nachdem er erkannt hatte, dass sich keine
Zusammenarbeit mit den Palästinensern abzeichnet.
Sharon wird wahrscheinlich nicht mehr als Ministerpräsident fungieren
können. In seinen letzten Erklärungen, kurz vor seinem Schlaganfall, hatte
er häufig betont, er werde keine einseitigen Räumungen mehr vornehmen, und
jeder weitere Verzicht könne nur im Rahmen der Verhandlungen über die
endgültigen Grenzen stattfinden. Darüber hinaus bestand er darauf, dass die
großen Siedlungsblocks unter israelischer Kontrolle bleiben.
Wir haben von Olmert noch nichts Eindeutiges über seine territorialen
Vorhaben gehört. Wir kennen nur seine Meinung, die besagt, dass Israel aus
demographischen Gründen auf einen Großteil der Westbank verzichten müsse und
nur die großen Siedlungsblocks behalten werde. Hierhin ähnelt sein
Standpunkt dem Sharons.
Die politischen Prinzipien von Kadima, wie sie bisher veröffentlich wurden,
sehen nicht wie eine Formel aus, mit der man einen Frieden mit den
Palästinensern erzielen kann, denn man kann nicht davon ausgehen, dass die
Palästinenser auf ihren Teil in Jerusalem verzichten werden. Sie werden auch
kaum bereit sein größere Teile der Westbank Israel zu überlassen.
Die Frage lautet nun, ob die Bush-Regierung, die Olmert als den Nachfolger
Sharons sehen will, versuchen wird, neue, flexiblere Übereinkünfte mit ihm
zu erzielen, um einen Durchbruch für die Wiederaufnahme der Verhandlungen zu
erzielen. Unter der Annahme, dass er die Wahlen gewinnen wird, wäre dies die
große Prüfung Olmerts, die zeigen würde, in wie weit und in welcher Weise er
auf den Prinzipien des Friedens besteht. |