Der Mann an der Spitze des Hamas-Erfolgs:
Wer bist du, Ismail Haniyah?
Er ist das Sprachrohr der Hamas-Propaganda, steht an jedem
Mikrofon, überlebte einen Tötungsversuch, hetzt zum Terror auf und wurde von
Gefolgsleuten Arafats verhaftet. Aber manch einer behauptet auch, dass er
der gemäßigte Faktor der Hamas sei. Hier ist er, Dr. Ismail Haniyah, der
Mann an der Spitze des Hamas-Erfolgs.
Gewöhnen Sie sich an diesen Namen: Dr. Ismail Haniyah. Er ist der Mann, der
die Hamas zum Sieg geführt hat, die Nummer eins auf der Kandidatenliste der
Hamas für das palästinensische Parlament. Haniyah, Mitglied des Politbüros
der Hamas, war im Laufe der Wahlen das Gesicht der Bewegung. Er ist es, der
für die Hamas in Radio- und Fernsehsendungen aufgetreten ist, Interviews
gab, erklärte, begründete und – siegte. Ministerpräsident? Es ist noch nicht
sicher, doch eins weiß man, dass der Vorsitzende der Autonomiebehörde, Abu
Mazen, bereits mitteilte, dass er die Hamas auffordern wird, die Regierung
zu stellen.
Der Name Haniyahs tauchte bereits 1992 auf. Damals wurde er in den Libanon
abgeschoben. Danach gelang es ihm, nach Gaza zurückzukehren und seinen
Status als hochrangiges Hamas-Mitglied im Gazastreifen zu festigen. Im
Dezember 2001 wurde er zusammen mit einigen anderen Hamas-Mitgliedern von
palästinensischen Sicherheitskräften verhaftet. Damit versuchte Arafat zu
beweisen, dass er gegen die Terrorgruppe vorgehe. Israel und die USA
erklärten das Vorgehen damals als "Witz", und kurze Zeit später wurden
Haniyah und seine Freunde tatsächlich freigelassen.
Der neue Boss?
Die israelischen Sicherheitsbehörden erklärten Ismail Haniyah bereits im
August 2003 für „vogelfrei“, nachdem bei dem mörderischen Anschlag auf die
Buslinie Nr. 2 in Jerusalem 22 Israelis getötet wurden. Unter den Opfern
waren zahlreiche Kinder. Etwa zwei Monate später bombardierte die
israelische Luftwaffe das Haus in Gaza, in dem sich Haniyah, Scheich Yassin
und Muhamad Daf getroffen hatten, doch die Operation schlug fehl, und die
drei konnten unversehrt entkommen.
Trotz seiner Beteiligung an dem Anschlag auf die Buslinie Nr. 2 und an
anderen Anschlägen, ist Haniyah nicht wegen seiner Taten bekannt, sondern
durch seine scharfen Aussagen zu den Anschlägen und wegen der Verurteilung
Israels. So zum Beispiel im Mai 2003. Direkt nach dem Anschlag auf die
Strandpromenade in Tel Aviv sagte er: "Um interne Kämpfe zu vermeiden, muss
die Palästinensische Autonomiebehörde die Intifada fortsetzen und die
nationale Einheit schützen. Wir in der Hamas werden den nationalen Dialog
führen und auch den Kampf gegen die Besatzung fortführen."
Vor einem halben Jahr, als die Hamas bei den palästinensischen
Kommunalwahlen gewann, war es wiederum Haniyah, der sich vor die
internationale Presse stellte und die Position der Hamas erklärte: "Der Sieg
ist die beste Volksentscheidung. Die meisten Palästinenser unterstützen den
Jihad (heiligen Krieg)."
Gemäßigter Faktor?
Auch als er vorgestern das Wahlbüro in Gaza betrat, machte Haniyah von
seiner Redefreiheit Gebrauch und erklärte: "Die Bewegung wird die Waffen,
nachdem sie ins Parlament eingezogen ist, nicht niederlegen. Die Europäer
und Amerikaner sagen der Hamas, sie müsse sich zwischen der Waffe und dem
Parlament entscheiden. Wir sagen, dass es keinen Widerspruch zwischen dem
einen und dem anderen gibt."
Trotz allem bezeichnen manche Palästinenser Haniyah eher als den gemäßigten
Faktor in der Bewegung. Vor zwei Jahren wurde sogar berichtet, dass er vor
anderen hochrangigen Mitgliedern der Bewegung eine kompromissbereitere Linie
zur Disposition stellte, was bei der Hamas-Führung in Damaskus für
Verärgerung sorgte, und Haniyah verstummte.
Ein weitere Bestätigung dessen könnten manche in seiner Aussage vor einer
Woche sehen: "Die Hamas-Bewegung ist den Juden nicht feindlich gesinnt, weil
sie Juden sind. Sie ist ihnen feindlich gesinnt, weil sie unser Land besetzt
und unser Volk vertrieben haben. Wir haben nicht gesagt, dass wir die Juden
ins Meer werfen oder sie den Haien vorwerfen wollen. Wir haben gesagt, dass
es Boden gibt, der besetztes Palästina heißt. Er wurde uns geraubt und muss
dem palästinensischen Volk zurückgegeben werden."
Ynet, 27.1., www.israel.de |