Auch ohne Anerkennung der Hamas:
Keine Gefälligkeiten
Kommentar von Yoel Marcus, Ha'aretz, 31.01.2006
Übersetzung Daniela Marcus
Ya'akov Herzog, ein israelischer Diplomat und
Intellektueller, der auch Golda Me'irs engster Berater war, wurde
einmal von BBC eingeladen, an einem Symposium teilzunehmen. Das
Thema lautete: Wie lange wird Israel überleben? Herzog lehnte die
Einladung ab. In seinem höflichen, nichtsdestotrotz sarkastischen
Antwortbrief schrieb er, er würde stattdessen hocherfreut sein, an
einem Symposium zum Thema "Wie lange wird das britische Empire
überleben?" teilzunehmen. Diese Anekdote, die über die Jahre hinweg
immer wieder erzählt wurde, hat seit dem Sieg der Hamas bei den
Wahlen der palästinensischen Autonomiebehörde (PA) plötzlich neu an
Bedeutung gewonnen.
Dieser Sieg ist nicht das, was die Amerikaner und Europäer im Kopf
hatten, als sie von der PA Demokratie verlangten. Hamas ist eine
fanatische und mörderische islamische Organisation, deren Charta im
Jahr 1998 -erst nach den Oslo-Vereinbarungen und nachdem Arafat nach
Israel kam- unterzeichnet wurde und ausdrücklich zur Zerstörung
Israels aufruft. Sie weigert sich nicht nur, mit Israel zu jeder
Zeit und unter allen Umständen zu verhandeln, sondern sie weigert
sich auch, Israels Existenz anzuerkennen.
Hamas' überraschender Wahlsieg ist ein Schlag ins Gesicht all
derjenigen, die auf ein Friedensabkommen gehofft hatten. Nun sagen
Präsident Busch und die Staatsoberhäupter Europas, Hamas müsse
Israels Existenzrecht anerkennen, wenn sie Teil der
palästinensischen Regierung sein wolle. Allein die Tatsache, dass
die ganze Welt auf die Knie fällt und bei einer Organisation, deren
Satzung der Koran ist und deren Ziele durch die Ermordung von Juden
erreicht werden, darum bettelt, Israels Existenzrecht anzuerkennen,
ist beleidigend.
Israel ist der einzige Staat der Welt, der seit 58 Jahren auf der
Landkarte ist, jedoch noch keine festen Grenzen hat. Die Gründung
Israels wurde im Mai 1948 auf Grund des UN-Teilungsplans erklärt. –
Ein Vorschlag, den die Araber ablehnten. Und bis heute leben sie mit
den miserablen Folgen ihrer damaligen Entscheidung. Innerhalb eines
Tages, nachdem Israels Unabhängigkeitserklärung ausgesprochen worden
war, wurde es von den beiden globalen Supermächten anerkannt. Ein
Jahr später wurde es als 51. von 190 Ländern als Mitglied der
Vereinten Nationen akzeptiert. Israel unterhält mit 170 dieser
Mitgliedsländer diplomatische Beziehungen.
Nichtsdestotrotz ist Israel die einzige Demokratie der Welt, die
seit dem Tag ihrer Geburt darum kämpfen muss, ihre nationale
Sicherheit aufrecht zu erhalten und ein für alle mal anerkannt zu
werden. Es ist frustrierend und ärgerlich, wenn fanatische,
rückständige Länder erklären, dass Israel –eine der stabilsten,
fortschrittlichsten Demokratien der Welt- kein Recht habe zu
existieren. Es war nicht der iranische Präsident, der auf die Idee
kam, die Juden aus Israel in ihre europäischen Ursprungsländer
zurückzuschiffen. Ahmed Shukeiry, einst Vorsitzender der
palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), kam ihm vor dem
Sechstagekrieg in einer Reihe von fanatischen Interviews bei Radio
Kairo zuvor.
Israel braucht keine Erlaubnis zu existieren. Und ganz sicher
braucht es diese Erlaubnis nicht von fanatischen,
fundamentalistischen Gesellschaften, die hier in der Gegend leben.
Israel wird als eines der stärksten, stabilsten und technologisch
fortschrittlichsten Länder der Welt betrachtet, nicht zuletzt auf
Grund seiner Position auf der Liste der nuklearen Mächte. Wer denkt
hier also, er könne uns vernichten? Hamas? Hisbollah? Islamischer
Dschihad? Warum muss sich Israel überhaupt in die Situation begeben,
bei den Arabern um Anerkennung zu flehen?
Viele ziehen ihren Hut vor dieser Nation, die Jahrzehnte damit
verbracht hat, Terror und Krieg entgegenzutreten und es trotz allem
geschafft hat, unglaubliche Erfolge in allen Bereichen zu
verzeichnen. Wenn Partner gefunden werden, weiß Israel, wie es den
"Frieden der Tapferen" mit seinen größten Feinden schließen kann,
selbst wenn es nachgeben und enorme Zugeständnisse machen muss.
Israelis haben angesichts von Selbstmordanschlägen und anderen
Terrorakten islamischer Fanatiker auf bewundernswerte und tapfere
Weise standgehalten. Nach jedem Anschlag hatten sie die psychische
Kraft, wieder zum Alltag zurückzukehren.
Der Sieg der Hamas ist zuallererst das Problem der Palästinenser.
Genau jetzt, da in Israel ein politisches System Gestalt annimmt,
das genug Macht von den Wählern erhält, um ein Abkommen zu
erreichen, wäre es von den Palästinensern dumm, ihre Chancen auf
Grund des Aufstiegs einer fanatischen Partei, die nicht bereit ist,
Israels Existenzrecht anzuerkennen, geschweige denn, mit Israel zu
reden, erneut zu vertun.
Beeinflusst von Fundamentalismus in der einen oder anderen Gestalt,
haben die Palästinenser viele Jahrzehnte lang für ihre Sturheit,
ihre extremistische Politik und ihre Fehler bezahlt. Wir werden
weiter leben und weiter gedeihen selbst ohne Anerkennung der Hamas.
Wir brauchen keine Gefälligkeiten.
hagalil.com 31-01-2006 |