
Burschenschaften:
Mit Rechten eng verbunden
Von Andreas Speit
In diesem Jahr versuchte die "Hamburger
Burschenschaft Germania" wieder einmal, die Ausrufung des deutschen
Kaiserreichs am 18. Januar 1871 zu feiern. Als Festredner eingeladen
war Reinhard Günzel, Brigadegeneral a.D., der vor drei Jahren aus
der Bundeswehr entlassen worden war, weil er dem CDU-Abgeordneten
Martin Hohmann zu dessen als antisemitisch kritisierten Rede
gratuliert hatte. Doch der Reichsgründungs-Festakt - in
Burschenschaftskreisen "Kommers" genannt - am Samstag fiel
kurzfristig aus. Den neuen Termin kann man per email oder per
Telefon bei der Germania erfragen.
Ein Grund wird auf der Homepage nicht genannt. Wahrscheinlich
wollten sich die Burschenschaftler die geplante Demonstration
Hamburger Studierender ersparen. Seit langem protestieren linke
Gruppen gegen Männerbündelei und Deutschtümelei der schlagenden
Verbindungen, deren rechtsextreme, antisemitische und
revanchistische Gesinnung häufig offen zutage tritt. Auch die
Germania ist mit der neonazistischen Szene eng verwoben. Die
Germanen selbst haben einmal erklärt: "Bist Du hässlich oder fremd
im Lande, bist Du von linksliberaler Gesinnung gepeinigt oder hast
eine Freundin, die weder schön noch still ist, dann bleib lieber zu
Hause".
Bis April 2004 wohnte beispielsweise auch Sascha Keller, Betreiber
des neonazistischen "Nordic-Hammer-Versands", bei der Germania,
schreibt Felix Krebs, Koautor des Buches " und er muss deutsch sein"
über Hamburger Studentenverbindungen. Als Krebs die NPD anschrieb,
um zu erfahren, an welche Studentenverbindung sich im "roten
Hamburg" ein "Nationaler" wenden könnte - da meldete sich Krebs
zufolge gleich die Germania.
Die Verbindung ist wiederum einer von 130 Mitgliedsverbänden im
Dachverband "Deutsche Burschenschaft" (DB), der sich dadurch
hervortut, dass er die "Rückgewinnung der Ostgebiete" fordert und
Frauen systematisch abwertet. Im vergangenen Jahr sprach sich die DB
außerdem gegen "NPD-Sondergesetze" aus, die NPD Aufmärsche
erschweren könnten. Und in der sächsischen NPD-Landtagsfraktionen
sitzen drei "Alte Herren" der Burschenschaft Dresdensia-Rugia".
Tatsachen, die im November die große Mehrheit des Bundesparteitags
der SPD davon überzeugten, für einen Unvereinbarkeitsbeschluss zu
stimmen. Danach sollte, wer der "Deutschen Burschenschaft" (DB)
angehört, aus der SPD ausgeschlossen werden - wegen
völkisch-nationaler Orientierung und extrem-rechten Kontakten.
Doch kaum war der Antrag beschlossen, zogen SPD-Burschenschaftler
gegen den Beschluss zu Felde, darunter der Hamburger
Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs. Wegen der Proteste wurde der
Beschluss am vergangenen Montag vom Parteivorstand gekippt. Nun soll
in der SPD "bei Bedarf" eine Einzelprüfung möglich sein.
"Fatal", meint Björn Böhning, Bundesvorsitzender der Jusos. Die
Partei drücke sich vor einer "offensiven Auseinandersetzung mit
Rechtsradikalen", sagt Juso-Mann Böhning. Nun fragen die Jusos, wie
groß der Einfluss der "Alten Herren" - der ehemaligen
Burschenschaftler - in der Partei ist. "Das Lebensbundprinzip der
studentischen Verbindung", sagt Buchautor Krebs, "haben die Älteren
Herren über die Parteisolidarität gestellt".
In Hamburg dürfen "geladene Gäste" Günzel bereits am 25. Januar
hören. Die "Katholische Deutsche Studentenverbindung Wiking" hat den
ehemaligen Bundeswehroffizier zum "Politischen Jahrestreffen" im
Hotel "Europäischer Hof Hamburg" eingeladen.
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25-01-2006 |