Vulgärmarxistisch aufgewärmt:
Antizionismus als gemeinsame Plattform
Von Karl Pfeifer
Es ist sicher kein Zufall, dass "Antizionismus" sowohl
Rechtsextremisten als auch Linksradikalen eine gemeinsame Plattform bietet.
Beide wollen den Nachweis führen, dass Zionisten nicht besser als die
Nationalsozialisten waren, dass Zionisten mit diesen zusammenarbeiteten.
Eines der Hauptmotive dafür ist die Entlastung der Vorfahren.
Es blieb dem linksradikalen Mag. Michael Pröbsting
vorbehalten, in einem kurzen Artikel "Zur
Geschichte des Zionismus: Von Anfang an reaktionär" uralte Vorurteile
vulgärmarxistisch aufzuwärmen. Er ist Anführer einer dieser vielen aus dem
Trotzkismus kommenden Gruppen, der sich auf "antizionistische"
Pseudohistoriker stützt, die in der Regel nicht selbstständig forschen,
sondern historische Werke auf gegen den Zionismus verwertbare Zitate
durchforsten, um dann diese – aus dem historischen Kontext gehoben – gegen
den Zionismus und den Staat Israel zu verwenden. Mag. Pröbsting benützt
diese Sekundär- und Tertiärquellen, um eine ganze nationale Bewegung als
"reaktionär" zu verdammen, die schon von Anfang an nur schlechtes wollte:
"Kurz, der Kern des Zionismus war die Idee, dass die Diskriminierung der
Juden und Jüdinnen nicht durch die Bekämpfung seiner Ursachen in den
jeweiligen Ländern beseitigt werden solle, sondern durch die Auswanderung
und Kolonialisierung Palästinas – einem Gebiet, in dem zu diesem Zeitpunkt
nur ein paar zehntausend Juden und Jüdinnen lebten."
Folgen wir also dem "Marxisten" Mag. Pröbsting, hätten die
Zionisten nicht die Auswanderung nach Palästina betrieben und die Ursachen
der Judendiskriminierung in den jeweiligen Ländern bekämpft, ja dann... und
hier stockt der Atem, dann hätte die deutsch-österreichische
Volksgemeinschaft noch ein paar Hunderttausend Juden ermorden können. Denn
dieses einmalige Verbrechen wurde ja von vielen Mitgliedern der
Volksgemeinschaft verübt, von denen nicht alle Nationalsozialisten waren.
Viele von den Tätern waren vorher Wähler der Arbeiterparteien und fanden
dann nach dem Krieg auch nahtlos zurück zu diesen.
Der Stalin- Biograph und von Trotzki beeinflusste Publizist
Isaac Deutscher schrieb 1954, er habe seinen Antizionismus aufgegeben, der
auf seinem Vertrauen in die europäische Arbeiterbewegung beruht hätte: "Wenn
ich in den zwanziger und dreißiger Jahren, anstatt gegen den Zionismus
aufzutreten, die europäischen Juden aufgefordert hätte, nach Palästina zu
gehen, dann hätte ich vielleicht mitgeholfen, einige Leben zu retten, die
später in Hitlers Gaskammern ausgelöscht wurden."
Der jüdische Staat sei – so Deutscher – eine "historische
Notwendigkeit und eine lebendige Wirklichkeit" geworden. Mag. Pröbsting
hingegen versucht die Einzigartigkeit der Schoa zu verwischen in dem er
schreibt:
"Das Holocaust – die systematische Auslöschung von zumindest 6 Millionen
Juden sowie weiteren 4 Millionen Roma, "slawischer Untermenschen",
Minderheiten und AktivistInnen der ArbeiterInnenbewegung in den
Konzentrationslagern..."
Es geht dabei nicht um die Aufrechnung von Opferbilanzen, wie
das Mag. Pröbsting macht. Die Einzigartigkeit der Ermordung von sechs
Millionen Juden zu betonen bedeutet, mit den Worten von Lucy Dawidowicz
gesprochen weder den "Versuch, die Katastrophe zu vergrößern, die über sie
hereingebrochen ist, noch wird damit um Tränen und Mitleid für sie
gebettelt. Es ist nicht beabsichtigt, den von den Nationalsozialisten
herbeigeführten Tod von Millionen Nichtjuden zu verharmlosen oder das
unermessliche Leid von Russen, Polen, Zigeunern und anderen Opfern der
deutschen Mordmaschinerie herunterzuspielen. Es geht vielmehr um die
Genauigkeit des Geschichtsbildes.
Was die Ermordung der Juden einzigartig macht, ist nicht die
Anzahl der Opfer, sondern die Absicht der Mörder. Nur im Fall der Juden
versuchten die Nationalsozialisten, alle Männer, Frauen und Kinder physisch
zu vernichten. Dieses Programm der totalen Auslöschung verdient eine eigene
Bezeichnung – Holocaust oder Schoa. Während der Begriff "Genozid", wie der
in der Völkermordkonvention der UNO definiert wird, verschiedene Handlungen
umfasst, die darauf ausgerichtet sind, eine Gruppe ganz oder teilweise zu
zerstören, und nicht auf Mord beschränkt ist, steht das Wort "Holocaust" für
die versuchte physische Vernichtung eines ganzen Volks, die mit
unermüdlicher Energie betrieben und in der letzten, tödlichsten Phase mit
den Methoden moderner fabrikmäßiger Massenproduktion durchgeführt wurde.
Opfer eines mörderischen Unternehmens dieser Art wurden nur die Juden.
Um Elie Wiesel zu zitieren: "Während nicht alle Opfer [der
Nationalsozialisten] Juden waren, waren alle Juden Opfer, die für die
Vernichtung ausersehen waren, nur weil sie als Juden geboren waren." Zwar
sind einige jüdische "Mischlinge" und eine kleine Anzahl von Juden, die
Zwangsarbeit verrichten mussten oder in den letzten Kriegsmonaten gegen ein
Lösegeld freigelassen wurden, dem Tod entronnen, aber sie waren nicht ins
Gewicht fallende Ausnahmen von der Regel der totalen Vernichtung.
Mag. Pröbsting sieht im Holocaust "die dem Imperialismus
innenwohnende Tendenz der Massenvernichtung" verkörpert und nicht die
Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Verbrechen. Seine Behauptung ist
absurd, denn wenn sie stimmen würde, dann müsste man den "Imperialismus" für
den Massenmord in Kambodscha und nicht die in Frankreich ausgebildeten
Marxisten mit Pol Pot an der Spitze verantwortlich machen.
Tatsächlich wandten sich schon am Ende des 19. Jahrhunderts
viele Sozialisten, unter ihnen auch sozialistische Juden, die in Osteuropa
im "Bund" organisiert waren, gegen das zionistische Programm. Es sei, so
sagten sie, trotz sozialistischer Zielsetzungen, dennoch im ganzen
bürgerlich und rückschrittlich, weil es vom schon erreichten
Internationalismus wieder zurücklenke, indem es daran erinnere, dass
Judentum nicht nur Religion, sondern auch eine Nation sei und dadurch die
jüdische Assimilation verhindere. Dieser altsozialistische Antizionismus
wurde durch den Nationalsozialismus schaurig widerlegt. Wenn also
"Antizionisten" wie Mag. Pröbsting sich auf diesen Antizionismus berufen,
dann können sie sich gar nicht vorstellen, dass Juden in Würde in ihrem
eigenen Land ohne sich zu assimilieren zu leben wünschen. Keinem anderen
Volk würde er es wagen vorzuschlagen durch Assimilation Problemen der
Unterdrückung und Diskriminierung zu entgehen.
Die zionistische Prognose, dass die Emanzipation der Juden
eine gewaltige und später gewalttätige Reaktion auslösen würde war
realistisch, und weil dank des Zionismus eine organisierte jüdische
Gemeinschaft in Palästina schon bestand, konnte nach der Niederschlagung des
NS-Regimes wenigstens ein Teil der Überlebenden, die zur Vernichtung
vorgesehen waren, dort ihr Leben neu gestalten.
Mag. Pröbsting reduziert die Verschärfung des Antisemitismus
zur Zeit von Herzl auf das zaristische Russland. Doch Theodor Herzl hat den
Antisemitismus in den Ländern am schmerzlichsten erfahren, in denen die
meisten Juden assimiliert und formal gleichberechtigt waren, in Österreich
und Frankreich. Hätte Mag. Pröbsting sich nicht mit den Herzl-Zitaten
begnügt, die "Antizionisten" in der Regel voneinander abschreiben und hätte
er sich die Tagebücher von Theodor Herzl angeschaut, dann wäre er drauf
gekommen, dass Herzl in erster Linie vom Wiener und vom französischen
Antisemitismus getrieben war. Erst später beschäftigte ihn die Lage der
Juden im Zarenreich.
Doch Mag. Pröbsting kümmert es nicht wie Geschichte sich real
abgespielt hat, für ihn ist es wichtig, nachzuweisen, wie scheußlich der
Zionismus war und ist: "In der Tat ist für den Zionismus der Antisemitismus
notwendiger Helfershelfer, würden doch ohne dessen Aufpeitschen die Juden
und Jüdinnen sich in den jeweiligen Ländern assimilieren statt nach
Palästina auszuwandern." Kein Zweifel, dass die meisten Einwanderer nach
Israel nicht so sehr von der Anziehung des Heiligen Landes, sondern von dem
Verhalten ihrer ehemaligen Mitbürger motiviert waren. Doch darf man dabei
folgendes nicht vergessen, die Arbeiterbewegung, die gerade in Mitteleuropa
so mächtig war, ist kolossal gescheitert und hat noch zum Teil in der
Zwischenkriegszeit antisemitisch argumentiert.
Und wie verhielt sie sich zum Beispiel in Österreich nach der
Befreiung durch die Alliierten? Ein Blick in die Protokolle des
österreichischen Ministerrates genügt, um festzustellen, dass Antisemitismus
keinesfalls ein Monopol der ÖVP war, da hatte die SPÖ schon in ihrem ersten
Brief an die Genossen im Ausland davor gewarnt, dass diese – zumeist wegen
ihrem Judentum Geflüchteten – zurückkehren, denn das hätte ja den
Antisemitismus bestärken können und die SPÖ wollte nicht als "Judenpartei"
dastehen. Und was soll man zur KPÖ sagen, deren Mitglieder 1947 in Bad Ischl
vor einem Hotel, in dem jüdische Flüchtlinge untergebracht waren eine
antisemitische Demonstration führten?
Vergessen auch die Tatsache, dass es in Polen, Ungarn und der
Slowakei nach der Befreiung zu Pogromen kam, bei der von der Bevölkerung
Dutzende überlebende Juden umgebracht wurden.
Hätte man sie zwingen sollen in die Länder zurückzukehren,
aus denen sie – oft genug mit der Hilfe der lokalen Behörden und Bevölkerung
in die KZ deportiert wurden? Was also hätte mit diesen Hunderttausenden
jüdischen Flüchtlingen geschehen sollen? Auf diese Frage geben solche
"Marxisten" keine konkrete Antwort, denn sie haben ja nie eine Verantwortung
für die Lösung von realen Problemen übernommen, in ihren Diskussions- und
Demonstrationsgruppen verbessern sie in der Phantasie die Welt und fordern
allein von den Juden eine Moral ein, die sie nicht wagen würden von ihren
eigenen Landsleuten zu fordern. Die Zionisten aber mussten, vor der
Errichtung des jüdischen Staates fast machtlos, gewaltige Probleme lösen.
Der Staat Israel hat die meisten der überlebenden Juden
aufgenommen und integriert. Das findet bei diesen Grüppchen keine
Anerkennung. Im Gegenteil ganz wie die Rechtsextremisten fallen sie über die
Judenretter her.
Der kürzlich in Österreich verhaftete Holocaustleugner David Irving "wollte
in Wien bei der Burschenschaft Olympia einen Vortrag über Verhandlungen
Eichmanns (Adolf, der Organisator von Deportationen von Juden aus ganz
Europa in die Vernichtungslager in Polen, Anm.) mit den jüdischen Führern
Ungarns Brand und Kastner halten".
Mag.Pröbsting haut in die gleiche Kerbe:
"In Ungarn arbeiteten der berüchtigte Nazi-Mörder Adolf Eichmann mit dem
zionistischen Funktionär Dr. Rudolf Kastner zusammen.[sic! K.P.] Im
Austausch für die Dienste der Organisation von Kastner bei der Verwaltung
und Befriedung von Konzentrationslager, ließ er die Auswanderung einer
begrenzten Anzahl von Juden und Jüdinnen nach Palästina zu." Er beruft sich
dabei auf den Pseudohistoriker Lenni Brenner, den Mag. Pröbsting als
"jüdischen Marxisten" qualifiziert. Wieso schreibt Mag. Pröbsting nicht vom
russisch-orthodoxen Marxisten Josef Stalin, vom katholischen Marxisten
Palmiro Togliatti. Lenni Brenner muss als jüdischer Kronzeuge für Mag.
Pröbsting tendenziell antisemitischen Artikel herhalten. Sowie für David
Irving der Jude Adam LeBor herhalten muss, um den angeblichen Verrat
Kastners an den ungarischen Juden zu schildern.
[http://www.fpp.co.uk/docs/press/items/JChron0799.html]
Kehren wir zurück nach Ungarn und zu Kastner. Fünf Wochen
nach der Besetzung Ungarns durch die Wehrmacht rief SS-Obersturmbannführer
Adolf Eichmann, der für die Deportation der Juden Ungarns verantwortlich
war, den zionistischen Funktionär Joel Brand zu einer ersten Besprechung.
Laut Aussagen die Joel Brand machte, erklärte Eichmann, dass Deutschland die
Juden Ungarns freilassen würde im Tausch für eine Liste von Waren, nämlich
800 Tonnen Kaffee, 2 Millionen Stück Seife, gewisse Mineralstoffe und
insbesondere 10.000 Militärlastwägen, die sie nur an der Ostfront einsetzen
würden. Gerade als die Deportationen nach Auschwitz begannen verließ Brand
begleitet von "Bandi" Grosz, einem zwielichtigen Agenten der Nazi, Ungarn in
Richtung Istanbul. Nachdem Brand in Istanbul den zionistischen Emissären von
diesem Geschäft "Blut für Lastwägen" berichtet hatte verließ Brand die
Türkei und fuhr nach Palästina. Er wurde so wie Grosz in Syrien von Briten
verhaftet und nach Kairo gebracht für ein intensives Verhör. Nach einigen
Wochen der geheimen Verhandlungen, lehnten die Alliierten ab, sich stützend
auf die Meinung von Josef Stalin, dass es weder ratsam noch nützlich sei mit
den Deutschen zu verhandeln.
Beim Verhör durch die Briten verriet Grosz, dass Brands
Mission nur ein Vorwand war für seine eigene Mission, die Heinrich Himmler
erlaubt hätte mit den Alliierten einen antisowjetischen Pakt zu schließen.
Mitte Juli wurden trotz den Sympathien Winston Churchills mit den
europäischen Juden und Roosevelts Sorge um die jüdischen Stimmen bei den
kommenden Wahlen, das Geschäft "Blut für Lastwägen" als ein machiavellisches
Komplott zur Erpressung der Alliierten abgelehnt.
Der überzeugte Antisemit Himmler glaubte an die grenzenlose
Macht des "internationalen Judentums", das sowohl Großbritannien als auch
die USA beherrscht und dass der Westen im Zweiten Weltkrieg für die Juden
kämpfte und daher die Notlage der Juden für diese Länder wichtiger wäre, als
ihre Kriegsziele. Von diesem absurden, aber tief verwurzelten
antisemitischen Glaubenssatz folgerte Himmler, dass die Verhandlungen mit
dem Westen (die Mission Grosz) von der Freilassung der in Ungarn
angehaltenen Juden, die einzige noch intakte jüdische Gemeinde unter
deutschen Kontrolle, abhängen. Himmler wusste auch, dass dieses
vorgeschlagene Geschäft die Zustimmung Adolf Hitlers brauchte und dass,
bevor er dies zugelassen hätte, die Lieferung eines großen Teils des
Materials "Blut für Lastwägen" bedingt hätte. Dieser nazistische
"Pragmatismus" hätte nur das provisorische Aufschieben des geplanten
Massenmordes bedeutet.
Doch es gab für die Briten noch ein Problem. Lord Moyne
fragte in Kairo Brand: "Was sollen wir mit einer Million [verarmten fremden
] Juden tun? Wohin sollten wir sie verbringen?
Trotzdem wurden einige Juden durch dieses Angebot gerettet.
Dazu gehörten 1.700 ungarische Juden, die am 30. Juni 1944 Budapest mit dem
sogenannten Kastner-Transport per Zug verlassen und 1.200 Juden vom KZ
Theresienstadt, die im Februar 1945 in die Schweiz ausreisen durften. Beide
Gruppen wurden von Himmler freigelassen in der vergeblichen Hoffnung seine
Aufrichtigkeit dadurch zu beweisen und seinen Ruf im Westen zu
rehabilitieren.
Rudolf Kastner blieb in Budapest und hatte den unangenehmen
Auftrag, Eichmann zu erklären, weshalb noch keine Zustimmung der Westmächte
erfolgte. Kastner wurde von der ungarischen Polizei verhaftet, denn die
ungarischen Behörden wollten erfahren, um was es wirklich ging. Nach sechs
Tagen wurden er und seine Mitarbeiterin Hansi Brand durch Druck der SS – die
nicht interessiert war, dass die ungarischen Verbündeten "Reichsgeheimnisse"
erfahren, befreit. Kastner begann wieder mit Eichmann zu verhandeln, konnte
diesen aber nicht überzeugen, die Deportationen abzustellen, in dieser
schrecklichen Lage hatte er aber wenigstens die Rettung von 1.700 Juden
erreicht und das ist nicht alles, er erreichte auch, dass 15.000 ungarische
Juden aus der Provinz anstatt nach Auschwitz nach Strasshof bei Wien
transportiert wurden.
Mag Pröbsting entpuppt sich entweder als Ignorant oder als
infamer Verleumder, wenn er behauptet, dass diese Rettung von Juden im
"Austausch für die Dienste der Organisation von Kastner bei der Verwaltung
und Befriedung von Konzentrationslager" erfolgte.
Was hätte Kastner in Budapest machen können, welche
Alternativen hatte er denn? Hätte Kastner sein Telefon heben können und die
jüdischen Gemeinden in der Provinz warnen können? Das war vollkommen
unmöglich. Aber wenn es ihm sogar gelungen wäre, diese Gemeinden zu
verständigen, welche Zukunft sie erwartet, hätten diese ihm keinen Glauben
geschenkt. Aber auch wenn sie es erfahren hätten, welche Möglichkeiten
hatten die Juden inmitten einer zumeist feindlichen Bevölkerung zu
überleben?
Kastner wanderte nach dem Krieg nach Israel ein, wo er als
prominentes Mitglied der Arbeiterpartei Chefredakteur der
ungarischsprachigen Tageszeitung "Uj Kelet" wurde. Ein religiöser
rechtsgerichteter Jude beschuldigte ihn öffentlich seine Mitbrüder verraten
zu haben. Kastner klagte diesen und verlor den Prozess in erster Instanz.
Die Rechten schossen sich auf Kastner ein, weil sie damit hofften der
Arbeiterpartei zu schaden. Schließlich wurde Kastner 1957 von einem extrem
rechten Täter ermordet erst danach wurde er vom Obersten Gericht Israels
rehabilitiert.
Mag. Pröbstings Artikel ist von einer leidenschaftlichen
Suche nach "zionistischen" Tätern charakterisiert, was bei ihm darin endet,
im Staat Israel und im Zionismus die wahre Verkörperung des Faschismus zu
entdecken, die zerschlagen gehören. Wenn er behauptet, die Linke anerkenne,
"den Staat Israel – also einen rein jüdischen Staat auf palästinensischen
Boden", dann schreibt er bewusst oder unbewusst die Unwahrheit. Denn es gab
nie ein selbstständiges arabisches Palästina, daher auch keinen
"palästinensischen Boden".
Die Vereinten Nationen beschlossen die Teilung des britischen
Mandatsgebietes, also ist der Staat Israel – auch wenn seine Existenz den
abstrusen Theorien einer von Mag. Pröbsting propagierten 5. Internationale
widerspricht – legitim. Auf dem Gebiet des Staates Israel blieben 1948
einhundertfünfzigtausend Araber während im von Jordanien bzw. von Ägypten
besetztem Gebiet Palästinas kein einziger Jude bleiben durfte. Und der
jüdische Teil Jerusalem, der schon lange vor dem Zionismus von Juden bewohnt
war, wurde zerstört und Juden wurde der Zugang zu ihrer Klagemauer verwehrt.
Heute leben in Israel – der Unabhängigkeitserklärung und dem Gesetz nach
gleichberechtigt – mehr als eine Million Araber.
Mag. Pröbstings Wunsch nach "Zerschlagung des Staates Israel"
– ist, auch wenn er anstatt diesen "einen weltlichen, arabisch-jüdischen
ArbeiterInnenstaat" sehen will, zutiefst antijüdisch, wissen doch die
allermeisten Juden Israels, dass allein der Staat Israel ihr Leben
garantiert. Der Ratschlag zu einem gemeinsamen Staat ist heute genauso
wirklichkeitsfremd, wie es der Rat der Antizionisten noch nach dem Aufkommen
Hitlers war, die Juden sollen doch in Europa bleiben, um am Klassenkampf
teilzunehmen.
Wenn der Zionismus laut Mag. Pröbsting "eine reaktionäre
Antwort auf den Holocaust" war, dann nimmt er die damalige Notlage der Juden
nicht zur Kenntnis. Anstatt konkret auf die Geschichte einzugehen,
phantasiert er diese in antisemitischer Manier als eine Verschwörung von
"Imperialisten", "Kolonialisten" und "Zionisten", deren Opfer nichtsahnende
Palästinenser wurden. Die Selektivität einer solchen "Geschichtsschreibung"
ist kaum zu übertreffen, weil sie alles ausmerzt, was ihren abstrusen
Theorien in der realen Welt widerspricht. Es ist kein Zufall, dass die
Geschichtsfälschung eines David Irving – wie im Fall Rudolf Kastner
aufgezeigt – sich nicht wesentlich von derjenigen eines Mag. Michael
Pröbsting unterscheidet. |