Aufhänger für die Kommunalpolitik:
Deutsche Würste gegen Döner
Von Andreas Speit
Härtere Strafen, besserer Verbraucherschutz - das
sind die Konsequenzen, die landauf landab aus den Fleischskandalen
gezogen werden sollen. Für Klaus Bärthel, Stadt- und
Kreistagsvertreter der NPD in Mecklenburg-Vorpommern, geht es jedoch
um etwas ganz anderes. Nämlich um "Gammeldönerfleisch", wie er es
nennt, und die reinrassige deutsche Wurst. Bärthel hat in
Ludwigslust recherchiert: "Wir haben fünf Dönerbuden bei fast 13.000
Einwohnern im Ort, aber nur einen echten Würstchenstand, bei dem man
eine deutsche Currywurst bekommt."
Die Debatte um das Gammelfleisch ist nur ein Beispiel
dafür, wie Neonazis aktuelle Themen aufgreifen, um sich in der
kommunalen Politik zu verankern. Die eindeutigen Parolen weichen
dabei offenen Assoziationen. Statt "Türken raus" oder "Arbeit nur
für Deutsche", fragen sie, ob Projekte für Einwanderer nicht
gescheitert seien und die Arbeitsmarktreform Hartz IV gegenüber den
früheren Einzahlern nicht ungerecht wäre. Die weiterführenden
Forderungen bleiben unausgesprochen. Sollen Döner nur noch von
Deutschen verkauft werden? Esst nicht beim Türken?
Auf diese Weise schafft sich die NPD, unterstützt von
den "Freien Kameradschaften" (FK), gesellschaftliche Akzeptanz.
Selten sind sich Parteien, Verfassungsschutz (VS) und Initiativen so
einig. "In bestimmten Regionen sind die Rechten fest verankert",
sagt Eckhard Heins von der "Landesweiten Opferberatung für
Betroffene rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern". Und laut
Innenminister Gottfried Timm gewinne die NPD an "Seriosität". Gut
neun Monate vor den Landtagswahlen befürchten sie, dass die NPD in
das Schweriner Parlament einziehen könnte.
Schon die Bundestagswahlergebnisse beunruhigten.
Landesweit erhielt die Partei um Stefan Köster 3,5 Prozent der
Zweitstimmen. In 35 Gemeinden erreichte sie zweistellige Ergebnisse.
"Kein Zufall", sagt der Verfassungsschutz. Seit Jahren bestehen in
diesen Städten und Gemeinden verfestigte rechte Strukturen, denen
ein Einfluss auf Teile der Bevölkerung gelungen sei. Rostock,
Ludwigslust und Lübtheen sind nur drei Regionen im Westen des
Landes, wo die NPD eine Stammwählerschaft heranziehen konnte. Ihre
Mitglieder, etwa 180 NPDler und rund 320 FKler, gründen
Bürgerinitiativen, arbeiten in Tanz- und Trachtenvereinen und helfen
bei Sportvereinen und Kinderfesten. Mit der Arbeit vor Ort legen sie
sich ein gutbürgerliches Image zu. Um einen Wahlerfolg nicht durch
eigene Fehler zu gefährden, ermahnt Thomas Wulff,
NPD-Wahlkampfleiter und FK-Führer, die Kameraden, Streitereien zu
unterlassen. Die große Akzeptanz der rechten Szene offenbarte erneut
die "Bürgerinitiative Braunkohle - Nein!" in der Griesen-Gegend, die
von den Rechten unterstützt wird.
Die mecklenburgische NPD will sich weiter in der
Jugendszene und der regionalen Kommunalpolitik etablieren.
Mittlerweile möchte nun die CDU mit einem "Bündnis für Demokratie"
einen NPD-Erfolg verhindern. "Wenn alles so weiterläuft wie bisher,
dann kommt die NPD ins Landesparlament", warnt auch der Greifswalder
Rechtsextremismusforscher Professor Hubertus Buchstein. Wie
schwierig die Auseinandersetzung wird, deutet eine Beobachtung des
VS an: Der Stimmengewinn der NPD sei der Sorge der Menschen vor dem
"Umbau des Sozialstaates" und einer "verfestigten fremdenfeindlichen
Einstellung" geschuldet.
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15-12-2005 |