Antisemitismus:
Ist das Cottbus?
Dass
zur Tagesordnung übergegangen wird, liegt genau im Kalkül der Täter. Sie
wollen die Gewöhnung an die Provokation. Sie haben gar nichts dagegen, wenn
der Tabubruch kleingeredet wird. Sie wollen schließlich, dass das große
Menschheitsverbrechen keine Aufregung mehr wert ist...
Cottbus (ots) - Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu
Fußball / Energie / Fanblock: Was am Montagabend im Stadion in Dresden
mitten unter den Fans von Energie Cottbus zu fotografieren war, kann gar
nicht ernst genug genommen werden.
Es mögen einige wenige gewesen sein, die dieses
judenfeindliche Transparent gefertigt und gezeigt haben. Es mag auch nur
wenige Momente zu sehen gewesen sein. Und doch ist es ein Absturz ins
Bodenlose, der verheerende Wirkung haben könnte. Denn da wurde mit viel
Akribie und wohl überlegt etwas gefertigt und zur Schau gestellt. Da wurde
versucht, etwas Ungeheuerliches zum Alltäglichen werden zu lassen. Symbole,
die mit dem traurigsten, dem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte verbunden
sind, sollen salonfähig werden als ganz normaler Ausdruck der Kampfrituale
unter Anhängern von Fußballvereinen.
Damit wird der Weg geebnet für einen anderen Umgang mit der Geschichte. Wenn
vergessen wird, dass der "Judenstern" ein tödliches Zeichen war für
Millionen von Kindern, Frauen und Männern, dann wird auch der Völkermord
vergessen.
Antisemitismus - die Kernbotschaft der Rechtsradikalen
Was im Fanblock von Energie in Dresden geschah, war ein
öffentlichkeitswirksamer Testlauf für diese Kernbotschaft der
Rechtsradikalen. Es soll kein einmaliges Ereignis bleiben.
Cottbus muss sich jetzt fragen, wie es reagiert auf solche Versuche, die
geschichtliche Wahrheit zu bekämpfen. Dass zur Tagesordnung übergegangen
wird, liegt genau im Kalkül der Täter. Sie wollen die Gewöhnung an die
Provokation. Es kommt ihnen entgegen, wenn man sich damit entschuldigen
würde, dass alles doch nur das Werk von wenigen und auch nur für einen
Augenblick war. Sie haben gar nichts dagegen, wenn der Tabubruch
kleingeredet wird. Sie wollen schließlich, dass das große
Menschheitsverbrechen keine Aufregung mehr wert ist.
Sollte Cottbus darauf hereinfallen, hätte sich die Stadt und ihr Fußballklub
allerdings schon bald selbst verurteilt. Der bewusste, wahrheitsgetreue
Blick zurück ist für die Bundesrepublik Deutschland wesentlich. Wer ihn
infrage stellt, stellt alles infrage. Es soll sich niemand darin täuschen,
mit welcher Energie die Republik auf solch eine Bedrohung reagieren wird und
muss. Die Menschen in diesem Land wissen in ihrer übergroßen Mehrheit,
welche Katastrophe mit der nationalsozialistischen Diktatur verbunden ist.
Ihre Reaktion auf die Vorgänge in Dresden könnte zum schweren Schicksal für
Cottbus werden. Dieses Schicksal wäre verdient, wenn nichts geschähe.
Es muss aufgeklärt werden, woher dieses Transparent kam. Es muss den
Spekulationen nachgegangen werden, dass unter Schülern der Stadt die
Verherrlichung der braunen Diktatur an Boden gewinnt. Es liegt im ementaren
Interesse von Cottbus, einen Trennungsstrich zu ziehen. Cottbus wird, wenn
es diese Auseinandersetzung sucht, gewinnen. Es wird die Würde und den
Anstand finden, der in Dresden verlorenging. Alles, was es braucht für eine
bessere Zukunft.
hagalil.com 09-12-2005 |