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Bagdad:
Iraker an die Front

Präsident Bush will die US-Truppen nur zurückziehen, wenn irakische Sicherheitskräfte sie ersetzen können. Deren Aufbau aber kommt kaum voran.

von jörn schulz, Jungle World

Es gibt immer eine Chance, etwas intensiver zu untersuchen und dann etwas zu entdecken, das man vorher nicht beachtet hat«, glaubt John D. Rockefeller. Der demokratische Senator freut sich darüber, dass das FBI die Untersuchung über gefälschte Dokumente, mit denen die Regierung den Irak-Krieg legitimierte, wieder aufnehmen will. Denn er und andere Gegner George W. Bushs können hoffen, dass neue Erkenntnisse der Bundespolizei den Präsidenten weiter in die Enge treiben.

Im November erklärte das FBI die Untersuchung für beendet. Die Ermittler hatten jedoch Rocco Martino, einen ehemaligen Agenten des italienischen Militärgeheimdienstes, der die Dokumente über angebliche Urankäufe im Niger lieferte, nicht vernommen. Das Geheimdienstkomitee bemängelte dieses schwer verständliche Versäumnis, und nun soll erneut die Frage geklärt weren, ob sich die Regierung gutgläubig einer Fälschung bedient hat, oder ob sie den Irak-Krieg bewusst mit manipulierten Dokumenten gerechtfertigt hat.

Seit Richard Nixon hat kein US-Präsident so große Probleme mit Polizei und Justiz gehabt wie Bush. Mehreren Regierungsmitgliedern und republikanischen Abgeordneten drohen Anklagen, teils wegen Korruption, teils wegen Gesetzesverstößen im Zusammenhang mit der Legitimation des Irak-Krieges. Bush hat das Image eines moralisch integren und führungsstarken Präsidenten verloren.

Selbst große Teile der Geschäftswelt sind unzufrieden. Denn nur wenige staatsnahe Konzerne wie Halliburton haben vom Irak-Krieg profitiert, während insbesondere Unternehmen wie Disney oder McDonald’s, die mit dem »American Way of Life« identifiziert werden, über Umsatzeinbußen klagen. »62 Prozent der von Opinion Dynamics Corp. befragten Manager sagten, dass der Krieg die globale Wettbewerbsfähigkeit Amerikas schädige«, stellte der Boston Herald fest.

Die Demokraten attackieren die geschwächte Regierung, und auch viele Republikaner, die um ihre Chancen bei den Kongresswahlen im kommenden Jahr bangen, gehen auf Distanz zu ihrem Präsidenten. Im November forderte der Senat Bush auf, eine Abzugsstrategie vorzulegen.

Am Mittwoch der vergangenen Woche versuchte Bush noch einmal, seinen Kritikern entgegenzutreten. Er präsentierte seine »Strategie für den Sieg im Irak«, am gleichen Tag wurde das 35seitige Papier »Nationale Strategie für den Sieg im Irak« veröffentlicht. Die Mehrheit der US-Amerikaner teilte die Siegesgewissheit ihres Präsidenten auch nach seiner Ansprache nicht. Einer Umfrage von CNN und Gallup zufolge glauben 55 Prozent nicht an den Erfolg seines Plans.

Bush referierte nur noch einmal die Kriegsziele. Auf einen Abzugsplan wollte sich der Präsident nicht festlegen. Über eine Reduzierung der im Irak stationierten US-Truppen werde »nicht durch künstliche Zeitpläne, die Politiker in Washington aufstellen«, entschieden. Ausführlicher als gewöhnlich ging Bush auf das zentrale Problem der Abzugsstrategie ein, den Aufbau einer nationalen Polizei und Armee im Irak: »Wenn die irakischen Sicherheitskräfte antreten, können die Kräfte der Koalition sich zurückziehen.« Tatsächlich würde ein sofortiger Rückzug der US-Truppen zumindest kurzfristig zu einer Eskalation der Kämpfe, möglicherweise auch zu einem offenen Bürgerkrieg führen und den Trend zur Warlordisierung verstärken.

Die meisten Militärexperten teilen jedoch den Optimismus Bushs nicht, der die schnellen Fortschritte beim Aufbau irakischer Einheiten rühmt. »Die Vorstellung, dass die irakischen Militär- und Polizeikräfte auch nur annähernd beginnen könnten, die Bürde der Aufstandsbekämpfung zu tragen, ist bestenfalls lächerlich und schlimmstenfalls strategisch gefährlich«, urteilt der Marine-Reservist Mike Zacchea, der selbst irakische Soldaten ausbildete. James Fallows, der für das Magazin Atlantic Monthly die Frage untersuchte, »warum der Irak keine Armee hat«, resümiert: »Es gibt keinen Hinweis darauf, dass solch eine Streitmacht entstehen wird.«

Zum Teil behindern organisatorische Probleme die Truppenausbildung. Es mangelt an Offizieren, die auch nur rudimentär Arabisch sprechen, und die üblichen Einsatzzeiten sind zu kurz, um ein Vertrauensverhältnis zu den Rekruten aufzubauen. Bedeutsamer und schwerer lösbar sind die politischen Probleme. Wer unter Beschuss eine feindliche Stellung stürmt, möchte die Gewissheit haben, dass die anderen Soldaten mitmachen und nicht jemand zuvor den Einsatz verraten hat. Die bewaffneten Widerstandsgruppen haben jedoch Informanten und Agenten in Armee und Polizei einschleusen können. Den Aussagen von US-Ausbildern zufolge herrscht in Truppenteilen, in denen sowohl Schiiten als auch Sunniten dienen, häufig eine misstrauische Stimmung.

Dennoch scheint sich die Kampffähigkeit vieler Einheiten tatsächlich verbessert zu haben. Allerdings handelt es sich überwiegend um Truppenteile, die aus geschlossenen Gruppen schiitischer Soldaten der Badr-Miliz des Obersten Rats der Islamischen Revolution (Sciri) oder den bewaffneten Gruppen anderer Parteien bestehen. Es sind eben diese Einheiten, denen bei Einsätzen im »sunnitischen Dreieck« immer wieder Folter, Massenerschießungen und andere Verbrechen vorgeworfen werden.

Gibt Bush der Kampffähigkeit den Vorzug, dann bauen seine Ausbilder eine Armee auf, deren Einsatz der Integration der arabisch-sunnitischen Irakis nicht förderlich ist, die im Konfliktfall wahrscheinlich eher gegenüber ihren Parteiführern als der nationalen Regierung loyal wäre und die sich sogar gegen die Interessen der USA wenden könnte. Denn das Bündnis der schiitischen Islamisten und Geistlichen mit den USA ist nur taktischer Art. Besteht die US-Regierung dagegen darauf, dass in jeder Einheit verschiedene Bevölkerungsgruppen vertreten sein müssen, dürfte es kaum möglich sein, den von Außenministerin Condoleezza Rice für das kommende Jahr zugesagten Abzug eines Teiles der US-Soldaten durchzuführen, ohne den Terrorgruppen eine große Freude zu bereiten.

Den Recherchen des US-Journalisten Seymour M. Hersh zufolge erwägt das Pentagon eine pragmatische Lösung. Der Luftkrieg soll verstärkt werden, um den Verlust an kampfstarken Bodentruppen zu kompensieren. In den meisten Fällen greift die Luftwaffe auf Anforderung von Infanterieinheiten an, deren Aufgabe es ist, das Ziel zu markieren. Dieser Job soll der irakischen Armee übertragen werden. Das aber verletzt nicht nur den patriotischen Stolz der US-Generäle, die militärische Führung fürchtet auch nicht zu Unrecht, dass sie für Fraktionskämpfe und Racheaktionen benutzt werden könnte. Zudem würde die mit vermehrten Bombardements unweigerlich steigende Zahl der »Kollateralschäden« die Integra­tion der arabischen Sunniten weiter erschweren.

Eine Lösung der militärischen und politischen Probleme dürfte Bush auch im kommenden Jahr nicht gelingen. Die US-amerikanische Öffentlichkeit würde ihm die dubiosen Methoden bei der Rechtfertigung des Krieges vielleicht verzeihen, wenn das nation building erfolgreicher verliefe. Doch die Debatte in den USA konzentriert sich mittlerweile auf die Frage, wie man den Irak möglichst schnell verlassen kann, ohne allzu viel Chaos zu hinterlassen. Eine Antwort haben allerdings auch die Kritiker Bushs nicht.

hagalil.com 11-12-2005

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