Rafah-Grenze:
Historisch und erfreulich
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Die Öffnung der Rafah-Grenze zwischen dem Gazastreifen und
Ägypten ist ein historisches und erfreuliches Ereignis. Erstmals nach fast
vierzig Jahren israelischer Besatzung haben Palästinenser einen direkten
Zugang zur Außenwelt, ohne sich einer israelischen Kontrolle aussetzen zu
müssen.
Positiv ist auch Israels Bereitschaft, EU-Beobachter, darunter deutsche
Polizisten und Zöllner als Beobachter zuzulassen. Es bleibt zu hoffen, dass
die Europäer die Prüfung einer ersten aktiven politischen Rolle im Nahen
Osten bestehen und beim Beobachten nicht wegschauen, falls Waffen oder
unerwünschte Personen die Grenze passieren.
Die Regelungen zur Grenzöffnung, darunter die ferngelenkte Kontrolle durch
Israelis per Kameras haben die Amerikaner durchgesetzt. Pate stand nicht nur
Verständnis für die Not von 1,5 Millionen Palästinensern, seit dem Abzug der
Israelis in einem "Gefängnis" zu sitzen. Die Amerikaner wollten auch
Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas und seiner Fatah-Partei helfen, sich
gegen die radikale Hamas zu behaupten. Die Hamas kritisierte die
Feierlichkeiten bei Rafah, weil sie die abgesprochenen Kontrollen als
"zionistisches Diktat" empfindet.
Die Grenzöffnung bedeutet keine Freizügigkeit, wie Europäer sie gewöhnt
sind. Palästinensische Männer benötigen ein Visum, um nach Ägypten einreisen
zu können. Palästinensische Reisende werden von den Ägyptern misstrauischer
beobachtet und schärfer bewacht, als sie es von den Israelis gewöhnt sind.
Wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Gazastreifens sind die Übergänge
Karni und Erez nach Israel fast wichtiger als Rafah. Denn palästinensisches
Gemüse aus Gaza wird fast exklusiv nach Israel verkauft.
Nur in Israel könnten Palästinenser aus Gaza Arbeit finden. Und fast alle
lebenswichtigen Importe in den Gazastreifen werden über den Karni-Terminal
abgewickelt. Der reibungslose Warenverkehr hängt freilich nicht nur von
israelischer Willkür ab. Im vergangenen Jahr hat die Hamas systematisch alle
Grenzübergänge mit tonnenschweren Sprengsätzen, Selbstmordattentaten und
Feuerüberfällen zerstört und deren Schließung erzwungen. Das von den
Palästinensern beklagte "Freiluftgefängnis", in das Israel sie gezwungen
habe, war letztlich eine Politik der Hamas, die Bevölkerung ins Elend zu
stürzen, um sich dann als ihr Erlöser zu profilieren. Es bleibt zu hoffen,
dass die historische Grenzöffnung in Rafah auch innerpalästinensisch ein
positiver Neuanfang ist. © Ulrich W.
Sahm / haGalil.com
hagalil.com 27-11-2005 |