Shlomo Avineri zu Gast:
Erfreuliches aus dem Bruno Kreisky Forum
Von Karl Pfeifer
Es freut mich, nachdem ich einige Male das Bruno
Kreisky Forum habe kritisieren müssen, es nun loben zu können. Nichts
schadet so dem Dialog, wie eine einseitige oder als solche empfundene
Einladungspolitik, wie Vortragende, die Analyse durch Appell an Emotionen
ersetzen und damit eine Atmosphäre im Publikum erzeugen, die eine ruhige
Diskussion mitunter unmöglich macht.
Der seit Jahrzehnten aktive Wiener Sozialdemokrat Prof. Rudolf Gelbard hat
immer wieder darauf hingewiesen und eine Änderung beim Forum bewirkt. Am
17.11. konnte Prof. Shlomo Avineri im vollen Saal des Wiener Bruno Kreisky
Forum die aktuelle Lage nach der Räumung von Gaza analysieren.
Avineri gedachte in seiner Einführung des Namensgebers, der als erster unter
den ausländischen Staatsmännern darauf hinwies, dass ohne Dialog mit den
Palästinensern kein Frieden möglich sei und der 1973 dem Terror widerstand
und sich dafür einsetzte, dass Juden aus der UdSSR über Österreich nach
Israel einwandern konnten.
Avineri schilderte nüchtern das Scheitern der beiden israelischen Konzepte.
Die Linken meinten, wenn man nur die Hand ausstrecke, dann werde man die
Probleme mit den palästinensischen Nachbarn lösen können. Und tatsächlich
machte Ehud Barak in Camp David und dann in Taba ein Angebot, wie es noch
nie zuvor gemacht wurde. Diese Vorschläge wurden abgelehnt und es kam kein
Gegenangebot von Arafat. Ein großer Teil der Israelis misstraut nun – nach
einer Welle von blutigem Terror - den Absichten der Palästinensern.
Anderseits aber erkannte die Mehrheit der Israeli, dass man die Probleme
auch nicht mit Einsatz von militärischen Mitteln lösen kann.
Avineri, der sicher nicht zu den Freunden Ariel Sharons gehört, widmete
einen Teil seines Vortrags, der Entdämonisierung von Ariel Sharon, der
erklärte, nachdem man ihm frühere Aussprüche vorgeworfen hatte, "Man sieht
von hier Sachen, die man von dort nicht gesehen hat". D.h. ein
Ministerpräsident muss Entscheidungen im Interesse des Landes treffen und er
bekommt alle Informationen, um diese richtig treffen zu können.
Mit der Räumung von Gaza wurde ein wichtiger Präzedenzfall geschaffen und
vielleicht wird eine israelische Regierung, noch ungefähr 20 bis 25
isolierte Siedlungen absiedeln. Die dicht besiedelten Siedlungen in der Nähe
der Waffenstillstandslinie von 1949 werden aber bei Israel bleiben.
Avineri erinnerte auch daran, wie gewisse Linke und Rechte sowie
Palästinenser bezweifelten, dass Sharon seine Absicht zur Räumung des
Gazastreifens auch durchführen wird. Er meinte, dass bislang alle
Bemühungen, durch multilaterale Gespräche eine Friedenslösung herbeizuführen
scheiterten. Avineri wies auch darauf hin, dass eine Reihe von
internationalen Konflikten bis heute nicht gelöst sind, zum Beispiel der
Konflikt auf der Insel Zypern und meinte, dass der
israelisch-palästinensische Konflikt mit Sicherheit noch vor diesem gelöst
sein wird.
Der bekannte und beliebte Wiener Journalist Hans Rauscher moderierte die
diszipliniert geführte Diskussion und stellte selbst einige interessante
Fragen.
Alles in allem ein gelungener Abend und nun kann man nur hoffen, dass es dem
Bruno Kreisky Forum gelingen möge mit weiteren solchen Vorträgen einen
kleinen Beitrag zum Dialog zwischen den beiden Nachbarn zu leisten. |