Prachtbau geplant:
Arafats Glashaus soll Mausoleum weichen
Von Ulrich W. Sahm, Ramallah
Jassir Arafat, am 11. November in Paris gestorben, liegt
seitdem in einem Glashaus im Hof der Mukata, dem Hauptquartier in Ramallah.
Im Winter regnet es hinein und im Sommer wird es den Staatsgästen und der
Ehrenwache unerträglich heiß. Der provisorische Bau soll demnächst einem
Mausoleum mit angeschlossener Moschee und einem Museum weichen.
Den Prachtbau, mit Jerusalem-Stein verputzt, soll die palästinensische Firma
Midmac bis Mai 2006 errichteten. Für den Sarkophag des Palästinenserführers
sei ein zwölf Meter hoher Saal vorgesehen. Zudem werde ein 19 Meter hohes
Denkmal inmitten eines 6 Hektar großen Parks aufgestellt.
Das Finanzministerium der Autonomiebehörde hat die Kosten des Projekts nicht
offen gelegt, doch Experten schätzten sie auf über eine Million Dollar. Wie
dieser Bau finanziert werden soll ist unklar, nachdem die Intifada der
palästinensischen Wirtschaft einen Schaden von etwa 16 Milliarden Dollar
verursacht habe. Die Autonomiebehörde beklagt sich zudem, von den
Geberländern in diesem Jahr nur 290 Millionen Dollar anstelle der erwarteten
900 Millionen erhalten zu haben. Deswegen gebe es im Staatshaushalt ein
Defizit von 700 Millionen Dollar.
Die Entwicklungsbehörde der Vereinten Nationen (UNDP) hat zudem mit der
Autonomiebehörde einen Vertrag abgeschlossen, die in den dreißiger Jahren
von den Briten errichtete Mukata für über 10 Millionen Dollar zu renovieren.
Japan werde das Entwicklungshilfeprojekt finanzieren, damit die
palästinensische Regierung, Staatsgäste aus aller Welt "in einer
kultivierten und modernen" Umgebung empfangen könne.
Mehrere Flügel des unschönen grauen Kastengebäudes der Briten aus den
dreißger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde von den Israelis während der
Belagerung von Arafats Hauptquartier mit Panzergranaten zerstört und später
eingerissen. Der Bauschutt diente zusammen mit plattgewalzten Autos als
Barrikade. Arafats Büro befand sich in einem halbzerstörten Flügel. Über ein
unbeschreiblich verschmutztes und mit Sandsäcken abgesichertes Treppenhaus
gelangten nur die ausländischen Gäste zu Arafats Konferenztisch, auf dem er
kitschige Gastgeschenke sammelte, das Lufthansa Modell eines Airbus oder
einen Schokoladen-Weihnachtsmann und Ostereier in Zelofan aus einem
deutschen Supermarkt. Seine arabischen Gäste empfing Arafat würdig in einem
sauber getünchten Saal im unzerstörten Nebengebäude.
Kaum war Arafat tot, wurde das Treppenhaus geweißt und das Geländer frisch
angemalt. Die Sandsäcke wurden entfernt und die Stufen gründlich geputzt.
Die zertrümmerten Gebäudeteile neben seinem Büro wurden wieder errichtet und
alle Barrikaden sowie Autowracks wurden abtransportiert. So konnte im
Schatten von zwei Bäumen die vorläufige Grabstätte im überdachten Glashaus
entstehen. Auf seinem Grabstein steht auf Englisch und arabisch "Grab des
Führers Jassir Arafat." Sein Wahrzeichen, das gescheckte Palästinensertuch,
umhüllt den Stein. Jemand hat einen ausgestopften weißen Vogel, der wohl die
Friedenstaube symbolisieren soll, an das Tuch gesteckt. Auf der Grabstätte
häufen sich Kränze und Postkarten und handgemalte Portraits des verstorbenen
Revolutionärs. Und mitten auf dem Grab steht sogar ein großer silberner
Fußballpokal. © Ulrich W. Sahm /
haGalil.com
hagalil.com 11-11-2005 |