REPORT MAINZ, Sendung Montag,
17.10.2005, 21:00 Uhr im ERSTEN
Gutachter:
Aufruf zum Mord an kritischem Islamwissenschaftler
Staatsanwaltschaft Oldenburg will Ermittlungen einleiten gegen
Betreiber der Internetseite „Muslim-Markt“
Mainz, 17.10.2005 – Erstmals in Deutschland ist nach einem Bericht des
ARD-Politikmagazins REPORT MAINZ ein Mordaufruf radikaler Islamisten gegen
einen kritischen Islamwissenschaftler veröffentlicht worden. Die
Staatsanwaltschaft Oldenburg will deshalb Ermittlungen aufnehmen, wie der
Sprecher der Behörde, Bernard Südbeck, REPORT MAINZ auf Anfrage bestätigte.
Auf dem wohl größten deutsprachigen muslimischen Internetportal
www.muslim-markt.de wird der islamkritische Publizist Dr. Hans-Peter Raddatz
mit folgendem Text bedroht– Zitat: „Und wenn Herr Raddatz ein Hassprediger
und Lügner ist, dann möge der allmächtige Schöpfer ihn für seine Verbrechen
bestrafen und diejenigen, die trotz mehrfacher Hinweise auf die verbreiteten
Unwahrheiten von Raddatz immer noch darauf bestehen, auch.“ Dieser Text
wurde am 9. September 2005 veröffentlicht. Inzwischen ist der Name Raddatz
durch XXX ausgetauscht wurden.
Die Marburger Religionswissenschaftlerin, Prof. Ursula Spuler-Stegemann,
bewertet diesen Text als Morddrohung. Im Interview mit REPORT MAINZ sagte
sie: „Der Aufruf gegen Herrn Raddatz ist ganz eindeutig eine Morddrohung,
die verpackt ist in Form eines Gebetes, angeblichen Gebetes, aber in
Wirklichkeit steht dahinter eine Verfluchung.“
Auch der Göttinger Islamwissenschaftler, Prof. Tilman Nagel, kommt in einem
für die Staatsanwaltschaft gefertigtem Gutachten zur gleichen Einschätzung.
Er schreibt in seiner Stellungnahme, die REPORT MAINZ vorliegt: „Der
Gebetsaufruf missachtet das rechtsstaatliche Gewaltmonopol und die
Religionsfreiheit, indem er die Muslime auffordert, das Recht in die eigenen
Hände zu nehmen und die Zielperson der „Bestrafung“ namentlich benennt.“
Betreiber von Muslim-Markt.de ist Dr. Yavuz Özoguz aus Delmenhorst, tätig
als Ingenieur an der Universität Bremen. Er ist seit Jahren im Visier
deutscher Verfassungsschützer, gilt als fundamentalistischer Islamist mit
Kontakten zu Terrororganisationen wie Hamas und Hisbollah. Ein Interview mit
REPORT MAINZ zum Thema Mordaufruf hat er verweigert.
Gegen Dr. Özoguz wurde in der Vergangenheit bereits ein Verfahren in
Oldenburg wegen des Verdachtes der Volksverhetzung geführt. Anfang dieses
Jahres wurde es gegen eine Geldauflage von 1000 Euro eingestellt. Doch jetzt
beginnt wahrscheinlich ein neues Ermittlungsverfahren: „Wenn man der Ansicht
des Islamwissenschaftlers (Prof. Tilman Nagel, die Red.) folgt, der diesen
Mordaufruf als solchen qualifiziert und begutachtet hat, dann wird man
insoweit einen weiteres Ermittlungsverfahren einleiten müssen.“, sagt
Bernard Südbeck von der Staatsanwaltschaft Oldenburg.
Auch der Arbeitgeber von Dr. Özoguz, die Bremer Universität, seit Jahren mit
den extremistischen Aktivität ihres Mitarbeiters konfrontiert, will jetzt
angesichts dieser neuen Internetseite und der gutachterlichen Einschätzungen
als Morddrohung erneute Prüfungen vornehmen: „Wenn ich zum Ergebnis komme,
dass Herr Özoguz hier aufgerufen hat, versteckt oder nicht versteckt, zum
Mord oder zur Tötung, dann würde es arbeitsrechtliche Konsequenzen geben.“,
meint der Rektor der Bremer Universität, Prof. Wilfried Müller.
Der Islamwissenschaftler Raddatz befürchtet sogar, dass diese Drohung sich
nicht nur auf ihn beschränken könnte. Wörtlich sagte er REPORT MAINZ: „Ganz
besonders fühlt man sich dadurch betroffen, in dem man weiß, das auch die
Familie eingeschlossen wird. Das es also nicht nur um die Person des
‚Delinquenten’ selbst geht, wie mich in diesem Fall, sondern dass das auch
im weiteren Sinn die Familienangehörigen betrifft.“ Die Anonymisierung des
Mordaufrufes wertet Dr. Raddatz „als eine zweite Stufe und Verschärfung“, da
in Islamistenkreisen jeder weiß, wer damit gemeint ist.
http://www.swr.de/report
hagalil.com 16-10-2005 |