Medien-Zusammenfassungen:
Unterschlagung ist auch Propaganda
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Die Rede des iranischen Präsidenten Ahmanididschad hat
weltweite Empörung ausgelöst. Politiker im Westen solidarisierten sich mit
Israel und erklärten in Teheran gemachte Äußerungen bei einem Kongress über
"Die Welt ohne Zionismus" für "unakzeptabel".
Doch ebenso unakzeptabel ist eine eigentümliche Selbstzensur der Medien. An
jenem Mittwoch, als am Morgen der Hamaschef im Gazastreifen, Mahmoud
A-Sahar, die Zerstörung Israels prophezeite, am Mittag der iranische
Präsident forderte, Israel von der Landkarte zu tilgen und am Nachmittag ein
Palästinenser der Organisation "Heiliger Krieg des Islam" einen Massenmord
an Juden in der israelischen Stadt Hadera verübte, wurde auch noch ein
weiterer Satz Ahmanididschads zitiert: "Jeder, der Israel anerkennt, wird im
Zornesfeuer der islamischen Nation verbrennen".
Laut Irna, der iranischen Nachrichtenagentur, warnte Ahmanididschad "Länder
und Führer, die Maßnahmen zur Anerkennung des zionistischen Regimes
ergriffen haben, unter Druck stehend oder mangels tiefem Verständnisses, mit
der Wut der islamischen Nation konfrontiert und auf ewiglich verdammt
würden." Gleichgültig, welche Übersetzung dem Original entspricht, hat
Ahmanididschad nicht nur als Zitat seines Vorbilds Khomeini gefordert,
Israel von der Landkarte zu tilgen. Er wünscht auch jenen Ländern Feuer und
Zorn des Islams, die Israel anerkannt haben. Deutschland und Österreich sind
ebenso gemeint wie Ägypten, Jordanien und letztlich sogar die Palästinenser.
Seit jenem 26. Oktober ist jedoch diese Drohung gegen europäische Länder aus
allen deutschsprachigen "Zusammenfassungen" der Rede spurlos verschwunden:
bei dpa, der Tagesschau, bei Stern und Spiegel. Nur in einer Analyse der dpa
aus Teheran wird sie noch einmal erwähnt, jedoch verfälscht, als sei diese
"Wut der islamischen Nation" nur gegen Jordanien und Ägypten gerichtet,
nicht aber gegen den Rest der Welt.
Da wird also europäischen Staaten der Krieg erklärt und der Untergang
gewünscht. Aber das wird schnell unterschlagen. Stattdessen bleibt nur die
Drohung gegen Israel. Wenn nun im gleichen Atemzug israelische Attacken auf
Palästinenser, die "massive Militäroffensive" und die "Zerstörung aller
Friedenshoffnungen" gemeldet werden, ohne mehr das Attentat in Hadera zu
erwähnen, kommt der Verdacht auf, als würden gewisse Medienmacher in Europa
insgeheim dem iranischen Präsidenten Beifall zollen. Das können sie
natürlich nur solange tun, wie sie Vernichtungsdrohungen gegen ihre eigenen
Länder wegzensieren. © Ulrich W.
Sahm / haGalil.com
hagalil.com 31-10-2005 |