
Der Rechte Rand:
Martin Hohmann - "Die Juden ..."
Von Andreas Speit
Eine "geistig-moralische Erneuerung" streben viele
Gesellschaften rechts von der Union an. Die "Staats- und
Wirtschaftspolitische Gesellschaft" (SWG) ist eine davon im Norden.
1962 wurde sie von Hugo Wellems, einst Referent in Joseph Goebbels'
"Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda", mitbegründet -
ohne das "Diktat der Umerziehung" durch die Alliierten. Seitdem
bemüht sich die SWG im "vorpolitischen Raum", die
"Orientierungslosigkeit im Volke" zu beenden.
Vergangenen Freitag trug Martin Hohmann bei der SWG in Kiel seine
"Gedanken zum Nationalfeiertag" vor. Über 100 Damen und Herren waren
an dem Abend in den Saal "Kaiser Friedrich" gekommen. "So viele
Gäste haben wir nicht erwartet", sagte Stephan Ehmke, Sprecher der
Kieler SWG und CDU-Ratsherr. Eiligst wurden noch Stühle an die
Tische gestellt, auf denen die neurechte Wochenzeitung "Junge
Freiheit" und Einladungen der "Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung
der CDU" auslagen. "Patrioten wie wir kennen Sie", begrüßte Ehmke
erfreut Hohmann. Im November 2004 musste Hohmann die
CDU/CSU-Bundestagsfraktion wegen seiner
Rede zum Nationalfeiertag 2003
verlassen. Er hatte über die "Juden" als "Tätervolk" sinniert. Doch
hier begrüßte Ehmke ihn als "Mann der klaren Worte" und betonte, wie
sehr er sich freue, Hohmann für die Gedenkveranstaltung anlässlich
der "Vereinigung von West- und Mitteldeutschland" gewinnen zu
können. Wo Ostdeutschland für ihn liegt, ließ er offen.
Durch gezielte Wortwahl glänzte Hohmann auch bei seinen Ausführungen
zur bundesdeutschen Gesellschaft, in der sich "alles ums Geld
drehe". Das Selbstbewusstsein der Nation, der Arbeitsmarkt, der
Bevölkerungszuwachs und der Bildungsstand seien zur Kaiserzeit
besser gewesen. Nicht umsonst habe das Kaiserreich Personen wie
Konrad Adenauer hervorgebracht, der das Volk schützen wollte, indem
er einer "einmaligen Entschädigungszahlung an Israel" zustimmte.
"Diese gierigen Juden", raunte es prompt am Nachbartisch. Adenauer,
so Hohmann weiter, hätte auch das Rückgrat gehabt, in Israel zu
betonen: "Die Nazis haben nicht weniger Deutsche als Juden
ermordet." Was würden die Medien heute aus solchen Aussagen machen,
fragte er und antwortete: "Adenauer wäre wegen Antisemitismus aus
der CDU ausgeschlossen worden". Großes Gelächter und langer Applaus.
So redete man an diesem Abend bei der SWG, sich unbeobachtet
fühlend. Wer hinter der Kampagne gegen ihn gestanden habe, wollte
ein etwa 50-Jähriger Herr von Hohmann wissen. "Kreise des
Zentralrats der Juden", erwiderte Hohmann. "Wenn Paul Spiegel sagt:
,schlimmster Fall von Antisemitismus', dann flattern die Hosen." Das
Monumentale des Holocaust-Mahnmals erinnere ihn an Albert Speer,
schob er nach. "Dann wäre es schöner", warf ein etwa 40-jähriger
Mann ein.
Die SWG, betont Professor Wolfgang Gessenharter von der
Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, ist "ein wichtiges Scharnier
zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus". Trat doch der
SWG-Vorsitzende, General a.D. Reinhard Uhle-Wettler, schon vor
längerem bei der "Gesellschaft für freie Publizistik" auf, laut
Verfassungsschutz der "bedeutendsten rechtsextremistischen
Kulturvereinigung". Abdruck
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10-10-2005 |