
Black-Metal-Szene:
Der Teufel steht rechts
In der Black-Metal-Szene tummeln sich
immer mehr rechtsextreme Bands.
Von Christian Dornbusch
Jungle World 43 v.
26.10.2005
Das Konzert endete in einer Massenschlägerei. Am 11. Juni
dieses Jahres spielten im schweizerischen Glarus die Thüringer
Black-Metal-Band Absurd und einige andere extrem rechte Bands aus der
Schweiz und aus Frankreich, und die anwesenden Aktivisten von Blood & Honour
und einige Hammerskins gingen aufeinander los. Knapp zwei Monate später, am
6. August, beendete eine Razzia der Polizei ein Konzert im "Club Asgard" im
Berliner Stadtteil Marzahn.
Die eigentlich für den Abend geplante Release-Party des neuen Albums von
Absurd mit dem Titel "Blutgericht" war kurz zuvor abgesagt worden. Danach
verzichtete die Black-Metal-Band Morrigan auf ein für den 10. September
geplantes gemeinsames Konzert mit Absurd wegen Sicherheitsbedenken der
Polizei. In ihrer Begründung verwies diese auf die Ereignisse in der
Schweiz.
Kaum beachtet von der Öffentlichkeit hat sich in den vergangenen Jahren ein
neonazistisches Spektrum im Black Metal etabliert. Protegiert wurde und wird
diese Entwicklung von einigen deutschen Rechtsextremen. Eines der Zentren
dieser Bewegung ist Thüringen.
In die Schlagzeilen gerät Black Metal immer wieder, wenn es um den so
genannten Satansmörder Hendrik Möbus geht. 1993 ermordete er mit seinen
Bandkollegen von Absurd einen Mitschüler. Sie verbrachten mehrere Jahre
hinter Gittern und wurden zur Legende in der Szene. "Authentizität" gilt
viel im Black Metal, und jene, die nicht nur von Verbrechen sangen, sondern
auch welche begingen, wurden zu den heimlichen Stars.
Mit seinem Bruder Ronald versuchte Hendrik Möbus im Jahr 1998 nach seiner
ersten Haftentlassung, den rechten Rand der Szene aufzubauen. Gemeinsam
suchten sie auch Verbindungen zur neonazistischen Skinheadszene. Nach
Verstößen gegen seine Bewährungsauflagen musste Hendrik Möbus wieder ins
Gefängnis. Ein Antrag auf vorzeitige Entlassung scheiterte in diesem Sommer
an einem negativen Gefährdungsgutachten, das im Auftrag der
Staatsanwaltschaft Mühlhausen angefertigt worden war.
Der Anführer von Absurd ist seit einigen Jahren Ronald Möbus. Mit dem Label
"Nebelfee-Klangwerke" will er nationalen und internationalen rechten oder
rechtsextremen Bands ein Forum bieten. Auch den Kontakt mit neonazistischen
Gruppen scheut er nicht. So spielte er im vergangenen Jahr auf einem Konzert
von Blood & Honour Vlaanderen und auf einem in Griechenland, das von der
extrem rechten griechischen Organisation Hrisi Avgi mit organisiert worden
war. Absurd musiziert auch zusammen mit Mitgliedern der Band Totenburg aus
Gera. Hinter dem Pseudonym des Sängers, "Asemit", verbirgt sich Jens
Fröhlich, der seit Jahren in der extrem rechten Skinheadband Eugenik
mitwirkt.
Ein solcher Grenzgänger zwischen den Szenen ist auch Enrico Marx aus
Sangerhausen in Sachsen-Anhalt. Über sein Plattenlabel "Barbarossa Records"
vertreibt er nicht nur Rechtsrock, sondern auch rechtsextreme
Black-Metal-Bands. Im Ruhrgebiet ist dagegen das Fanzine Blutvergießen zu
einem Medium des extrem rechten Black-Metal-Undergrounds geworden. Sein
Herausgeber Heiko Urbanzyk bevorzugt zwar in den Interviews und den meisten
Artikeln die dunklen Klänge, doch unter der Rubrik "Druckerzeugnisse" werden
auch immer wieder Skinheadfanzines und Kameradschaftsblättchen rezensiert.
Beworben und verkauft wird das Heft seit gut einem Jahr auch von den
klassischen Anbietern der Rechtsrockszene wie etwa dem Versand "V7". Da die
Auflage stetig wächst, haben auch gewöhnliche Metal-Labels das Heft als
Werbeplattform entdeckt. "Zehn Prozent Rabatt für alle Blutvergießen-Leser"
bietet etwa das Reichenbacher Label "Perverted Taste" auf seine Produkte an.
In der Black-Metal-Szene wird die Auseinandersetzung mit den rechtsextremen
Tendenzen nicht geführt. Vielmehr sind die Verflechtungen zwischen
vermeintlich unpolitischen und rechten Fans und Musikern aufgrund von
Freundschaften und Bekanntschaften weit verbreitet und werden nicht in Frage
gestellt. Gemeinsam stehen sie auf Konzerten, egal, ob einer einen
schwarz-weiß-roten Aufnäher an seiner Jacke hat oder das T-Shirt einer
einschlägig bekannten Band trägt.
Oft genug finden Konzerte vermeintlich unpolitischer und rechter Bands am
selben Ort statt, wie etwa im Berliner "Club Asgard". An einem Abend spielen
dort Bands wie XIV. Dark Centuries, die politische Ambitionen mit ihren
"heidnischen" Vorstellungen weit von sich weisen, und an anderen Tagen
treten dort rechte Gruppen wie Walaskialf, Wotanskrieger oder Nementona auf.
Im Ruhrgebiet scheint es dagegen niemanden zu stören, dass in normalen Clubs
oder Jugendzentren Bands wie Obscure Vortex oder Forgotten Darkness
auftreten. Die Erstgenannten kommen aus Oberhausen und haben auf ihrer
Debüt-CD den Song "Nordland" der neonazistischen Band Landser nachgespielt,
der auch der heidnischen Ausrichtung der Szene entspricht: "Es gibt ein
Land, ganz hoch im Norden, in Schnee und Eis, mit Seen und Fjorden,
Nordland, glaub mir, deine Stunde kommt! Nordland, dort lebt ein Volk, seit
1 000 Jahren, die Augen blau, mit blonden Haaren", heißt es darin. Forgotten
Darkness aus Velbert hingegen verlegten ihre Debüt-CD auf dem Label "Ewiges
Eis" von Jens Fröhlich und traten noch im Frühjahr mit der neonazistischen
Black-Metal-Band Nokturnal Mortum aus der Ukraine und der Rechtsrockband
T.H.O.R. aus dem sächsischen Schneeberg auf.
Eine Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus gibt es in der Metal-Szene
bisher nur dort, wo Veranstalter von Konzerten und Festivals von
Außenstehenden auf das Problem aufmerksam gemacht werden. Wenn die
Organisatoren erkennen, dass die rechten Fans das Klima verschlechtern und
Ärger bereiten, wächst meist die Einsicht, dass Ignoranz nichts hilft.
Christian
Dornbusch und Hans-Peter Killguss veröffentlichen im November 2005 das Buch
"Unheilige
Allianzen. Black Metal zwischen Satanismus, Heidentum und Neonazismus."
Unrast-Verlag, Münster, 250 Seiten, 16 Euro.
Bestellen?
hagalil.com 30-10-2005 |