Das Gesicht des Terrors:
Hamas-Führer treten aus Anonymität hervor
Von Thorsten Schmitz
Die palästinensische Terrorgruppe Hamas, die im verarmten
Gaza-Streifen ihre Hochburg unterhält, hat mit einem ungewöhnlichen Schritt
den Wahlkampf um die Sitzverteilung im künftigen palästinensischen Parlament
begonnen. Zum ersten Mal seit ihrer Gründung vor 17 Jahren trat die Gruppe
aus dem Schatten der Anonymität und zeigte ihr Gesicht. Auf der
Hamas-Website wurden Fotos und Kurzbiografien der sieben Kommandeure
veröffentlicht, zudem eine detaillierte Aufzählung ihrer Terroranschläge.
Mit der medienwirksamen Veröffentlichung der Fotos und Namen,
die in den kommenden Tagen in Form einer 16-seitigen Broschüre 250 000-fach
unters Volk gebracht werden sollen, will die Hamas den Wahlkampf
personalisieren und Israels Gaza-Rückzug für sich reklamieren. Nach dem
Motto: Diesen sieben Kommandeuren (und deren Terror) ist es zu verdanken,
dass die jüdischen Siedler geflohen sind. Die Namen der sieben Hamas-Führer
sind dem israelischen Geheimdienst seit längerem bekannt. Unter ihnen
befindet sich auch Mohammed Deif, der drei israelische Liquidierungsversuche
knapp überlebt hat.
Die publizistische Attacke ist ein Affront gegenüber
Palästinenserpräsident Machmud Abbas. Ende Januar sollen Parlamentswahlen
abgehalten werden und, wie die Hamas, so versucht auch Abbas, den Gaza-Abzug
auf sein Konto gutzuschreiben. Erst am Wochenende schmückte er sich in einer
Rede vor Erstklässlern zu Schulbeginn in Gaza-Stadt mit dem Abzug der Juden.
Nun werde der Frieden einkehren in den überfüllten Gaza-Streifen. Von
Frieden allerdings ist derzeit nichts zu spüren. Schon jetzt streiten sich
die zahllosen Terrorgruppen sowie Abbas" Fatah- Organisation darüber, wie
das Vakuum, das der Abzug der jüdischen Siedler hinterlässt, zu füllen sei.
Abbas will schon jetzt Friedensgespräche mit Israel führen, die Hamas aber
den Kampf gegen Israels Besatzung im Westjordanland fortsetzen und die
Palästinenser mit der Propaganda an die Wahlurnen locken, Israel sei vor dem
Terror der Hamas in die Knie gegangen.
Die Terroristen, die sich mit Suppenküchen und Kindergärten
einen sozialen Mantel umhängen und dadurch ihre Reputation im Volk steigern,
scheuen dabei auch nicht die Konfrontation mit den Sicherheitskräften der
Autonomiebehörde. Sollten diese auch nur versuchen, die Hamas in ihre
Schranken zu weisen, "werden wir unsere Waffen gegen die Autonomiebehörde
richten", drohte Deif erst vorige Woche.
Das Auftreten der Hamas als Ritter der Befreiung gegenüber
der schwachen Abbas-Regierung trifft in der palästinensischen Bevölkerung
auf großes Wohlwollen. Die Fatah-Funktionäre, mit denen sich Abbas umgibt,
gelten als korrupt und uneffektiv. Anstatt den Friedensfahrplan zu erfüllen
und die Hamas aufzulösen, wagt Abbas nicht, gegen die Terroristen
vorzugehen. Und diese nutzen seine Furcht vor einem Bürgerkrieg. Er wolle
mit der Hamas verhandeln, wiederholte Abbas am Sonntag. Aber noch nicht
einmal seine eigenen Kräfte hat er im Griff. Am Sonntag schossen Hunderte
Polizisten in einem Anflug von Anarchie in die Luft, zündeten Reifen an und
blockierten die Hauptverbindung zwischen Chan Junis und Gaza-Stadt. Sie
demonstrierten so für mehr Lohn.
hagalil.com 06-05-2005 |