Leserbrief zum Beitrag "Unschuld und Abwehr" von Dr.
Matthias Küntzel Von Uwe Dieter
Steppuhn, Hans-Böckler-Stiftung
Matthias Küntzel fragt am Schluss seines
Beitrages, ob die Hans-Böckler-Stiftung und ihr Stipendiatenkreis aus der
Debatte über ein "antisemitisch gefärbtes" Diskussionspapier, das in einem
internen E-Mail-Verteiler kursierte, wohl "die richtigen Schlussfolgerungen
ziehen" werde. Die Frage ist berechtigt, die Antwort positiv: Die Stiftung
hat ihre Schlüsse gezogen, sie hat gehandelt - und zwar schon vor geraumer
Zeit. Wie Herr Dr. Küntzel korrekt
darstellt, habe ich als Leiter der Abteilung Studienförderung eingegriffen,
als die absolut inakzeptable antisemitische Stellungnahme eines Stipendiaten
bekannt wurde. Die Stiftung hat sich von diesem Papier ohne wenn und aber
distanziert und sich bei allen Leserinnen und Lesern entschuldigt. Das
Papier und die folgende Debatte waren überdies im Herbst 2003 Thema bei
einer Promovierendenkonferenz. Auf dieser Tagung hat auch Herr Dr. Küntzel
gesprochen. Im Kontext der Tagung ist Herrn Dr. Küntzel die im
E-Mail-Verteiler unserer Doktorandinnen und Doktoranden geführte Diskussion
in Schriftform zugänglich gemacht worden.
Diese Auseinandersetzung ist sehr wichtig gewesen, sie
reichte der Stiftung und ihren Stipendiatinnen und Stipendiaten aber nicht
aus. In dem Bewusstsein, dass leider auch auf Seiten der politischen Linken
spezifische Ausprägungen von Antisemitismus das Denken vergiften,
veranstaltete die Hans-Böckler-Stiftung im November 2004 in Berlin eine
große Konferenz zum Thema, über die auch Medien berichtet haben. Bei der
Eröffnung der Tagung habe ich noch einmal ausdrücklich auf die
stiftungsinternen Vorgänge hingewiesen, die uns bewogen und bestärkt haben,
gemeinsam mit unseren Stipendiatinnen und Stipendiaten dieses Forum für eine
offene Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus in der deutschen Linken zu
schaffen. Im Herbst 2005 wird eine ausführliche Dokumentation mit den
Beiträgen, Diskussionen und Ergebnissen der Konferenz erscheinen.
Das zeigt: Die Stiftung hat ihre Verantwortung wahrgenommen.
Dass die E-Mail-Kontroverse unter Stipendiaten nicht weiter öffentlich
thematisiert wurde, hat nichts mit "Vertuschung" zu tun. Wir haben uns dafür
entschieden, den konkreten Konflikt intern auszutragen und das zugrunde
liegende gesellschaftliche Problem grundsätzlich und öffentlich zum Thema zu
machen. Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass diese doppelte Reaktion
besser war als irgendeine Form von öffentlicher Skandalisierung. Wir werden
nicht nachlassen, weitere Seminare und Veranstaltungen durchzuführen, die
sich gegen antisemitische Einstellungen in unserer Gesellschaft richten.
Uwe Dieter Steppuhn
Leiter der Abteilung Studienförderung
Hans-Böckler-Stiftung
Hans-Böckler-Straße 39
40476 Düsseldorf
Erwiderung
zum Leserbrief von Uwe Dieter Steppuhn
Herr Steppuhn reagiert
mit seinem Leserbrief paradoxerweise auf ein Papier, dessen Veröffentlichung
in der vorgesehenen Form er selbst verhindert hat...
Unschuld und Abwehr:
Über einen Antisemitismusstreit
in der Hans-Böckler-Stiftung
Bis heute ist
der stiftungsinterne Antisemitismusstreit, der im Februar 2003 auf der
Mailing-Liste der Böckler-Stipendiaten aufflammte, unter Verschluss
geblieben...
hagalil.com 16-08-2005 |