Rede von Ministerpräsident Ariel Sharon an
die Nation Jerusalem, 15.8.05
Bürger Israels,
der Tag ist gekommen. Wir beginnen den schwersten und schmerzlichsten
Schritt von allen – die Räumung unserer Siedlungen im Gazstreifen und der
nördlichen Westbank.
Dieser Schritt fällt mir persönlich sehr schwer. Die israelische Regierung
hat die Entscheidung zur Abkopplung nicht leichten Herzens getroffen, und
der Knesset ist es nicht leicht gefallen, sie zu genehmigen.
Es ist kein Geheimnis, dass auch ich, - wie viele andere, - geglaubt habe,
dass wir ewig an Netzarim und Kfar Darom festhalten können. Doch die sich
wandelnde Realität in Israel, in der Region und in der Welt hat mich dazu
gebracht, die Dinge anders einzuschätzen und meine Position zu ändern.
Wir können an Gaza nicht ewig festhalten. Dort leben mehr als eine Million
Palästinenser, und ihre Zahl verdoppelt sich mit jeder neuen Generation. Sie
sind so eng zusammengepfercht wie in keinem Flüchtlingslager, sie leben in
Armut und Bedrängnis, ohne Aussicht auf Hoffnung, und der Hass nimmt täglich
zu. Aus Stärke, nicht aus Schwäche, machen wir diesen Schritt. Wir haben
versucht, mit den Palästinensern Vereinbarungen zu treffen, die beide Völker
zum Frieden führen. Doch sie sind auf Mauern von Hass und Fanatismus
gestoßen.
Der einseitige Abkopplungsplan, den ich vor zwei Jahren initiiert habe, ist
die israelische Antwort auf diese Realität. Dieser Plan ist gut für Israel
in Bezug auf jedes künftige Szenario. Die Abkopplung reduziert die täglichen
Auseinandersetzungen und die Opfer auf beiden Seiten. Die israelische Armee
wird hinter dem Sicherheitszaun erneut Verteidigungslinien errichten. Wer
uns weiter bekämpfen will, wird dort auf die israelische Armee und
israelische Sicherheitskräfte treffen.
Es ist jetzt die Pflicht der Palästinenser, zu beweisen, dass sie den Terror
bekämpfen und seine Organisationsstrukturen auflösen. Sie müssen ihre
Absicht zum Frieden unter Beweis stellen. Dann können sie mit uns an einem
Verhandlungstisch sitzen.
Die Welt wartet auf die palästinensische Reaktion, entweder die Hand zum
Frieden oder die Gewalt des Terrors. Der ausgestreckten Hand des Friedens
werden wir mit einem Ölzweig begegnen, doch auf Gewalt werden wir mit Gewalt
reagieren, kräftiger denn je.
Die Abkopplung wird uns einen Blick nach innen ermöglichen. Unsere nationale
Agenda wird sich ändern. Die Wirtschaftpolitik wird sich auf die Schließung
der gesellschaftlichen Kluft und eine echte Armutsbekämpfung konzentrieren
können. Wir werden das Bildungssystem und die persönliche Sicherheit jedes
einzelnen Staatsbürgers verbessern.
Der Streit um den Abkopplungsplan führte zu tiefen Wunden, zu bitterem
Bruderhass, scharfen Äußerungen und Taten. Ich verstehe den Schmerz und die
Frustration der Gegner. Doch wir sind ein Volk, auch in Streit und
Diskussionen.
Siedler des Gazastreifens, heute geht ein prächtiger Abschnitt der
Geschichte Israels zu Ende. Es ist der zentrale Abschnitt in der Geschichte
Ihres Lebens als Pioniere und als jene, die im Namen von uns allen die Last
der Verteidigung und der Besiedlung getragen haben. Ihr Schmerz und Ihre
Tränen sind ein untrennbarer Teil der Geschichte dieses Landes. Daran können
Meinungsverschiedenheiten nichts ändern, wir werden Sie nicht fallen lassen,
und nach der Räumung werden wir alles tun, um Ihr Leben und Ihre Gemeinden
wieder aufzubauen.
Ich möchte den Soldatinnen und Soldaten der israelischen Armee, den
Polizistinnen und Polizisten der israelischen Polizei und dem Grenzschutz
sagen: Ihnen steht eine schwere Aufgabe bevor – Ihnen steht kein Feind
gegenüber, sondern Brüder und Schwestern. Empfindsamkeit und Geduld sind das
Gebot der Stunde. Ich bin mir sicher, dass Sie sich so verhalten werden.
Ich möchte, dass Sie wissen, dass das gesamte Volk hinter Ihnen steht und
stolz auf Sie ist.
Bürger Israels,
die Verantwortung für die Zukunft ist mir auferlegt. Ich habe den Plan
initiiert, da ich zu der Überzeugung gelangt bin, dass er lebenswichtig für
Israel ist. Glauben Sie mir, der Schmerz, den ich dabei fühle, ist genauso
groß wie die volle Überzeugung, dass wir das tun müssen.
Wir begeben uns auf einen neuen Weg, der nicht wenige Gefahren in sich
birgt, der aber auch ein Hoffnungsschimmer für uns alle ist. Mit Gottes
Hilfe wird dieser Weg ein Weg der Einheit sein und nicht der Spaltung, ein
Weg der gegenseitigen Anerkennung und nicht des Burderzwists, von
bedingungsloser Liebe und nicht von bedingungslosem Hass.
Ich werde alles daran setzen, dass es so sein wird.
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hagalil.com 16-08-2005 |