Gemeinsame Werte:
Wir werden es gemeinsam durchstehen
Von Amnon Dankner, Maariv, 01.08.2005
Die Diskussion über die Löslösung ist bereits entschieden.
Jeder weiß das. Manche geben dies offen zu, manche nur im Stillen. Aber nur
fanatische Randgruppen und einige Naive glauben, dass noch etwas geschehen
wird, das die Räumung der Siedlungen im Gazastreifen verhindern kann.
Die Diskussion, die heute stattfindet und nicht viel weniger
stürmisch ist als über die Loslösung, bezieht sich auf die Grenzen des
Protests und des Widerstands gegen die Räumung. Schon diese Definition
liefert eine klare Grenze: Protest - ja, Widerstand - in Maßen, Versuche,
die Räumung zu verhindern - nein. Trotz
des Lärms, den die Orangefarbenen auf der einen, und die IDF und die Polizei
auf der anderen Seite um die für morgen geplanten Protestaktionen in Sderot
veranstalten, hat es den Anschein, als sei es noch nicht zu spät,
miteinander zu sprechen und stille Übereinkünfte zu erzielen, die das
Stattfinden einer Demonstration ermöglichen, bei der der Widerstand und der
Schmerz der Gegner des Programms zum Ausdruck gebracht werden können, die
jedoch nicht in den unerlaubten Vorstoß nach Gush Katif ausartet und sich
nicht zu gewalttätigen Konfrontationen mit der Polizei und Verstößen gegen
das Gesetz entwickelt. Das Problem ist
nur, dass bei diesen Gesprächen zu viel Misstrauen und Abneigung zwischen
den Seiten herrscht. Es gibt auf der einen Seite eine zu starke Absicht, die
demokratischen Rechte auf Bewegungs- und Protestfreiheit und auf freie
Meinungsäußerung abzusprechen. Auf der anderen Seite gibt es eine zu starke
Bereitschaft zu verantwortungslosen Maßnahmen.
Trotz der gespannten Nerven, der großen Sorgen im Herzen der
Siedler, die nicht wissen, was ihnen die Zukunft bringen wird, der Hetze in
den Randgruppen, der oft viel zu scharfen und verletzenden Äußerungen -
trotz alledem sind sich alle der Tatsache bewusst, dass wir das Ganze
gemeinsam durchstehen müssen und auch können.
Vielleicht ist es schon zu spät, das Programm in würdiger
Form und als gemeinsamen Akt umzusetzen, und vielleicht stand dies wegen der
starken Emotionen von Anfang an nicht in den Karten. Aber es ist sicherlich
noch nicht zu spät, jeden Tag aufs Neue daran zu erinnern, dass wir alle,
Rechte und Linke, Religiöse und Säkulare, bei dem sehr erfolgreichen Versuch
voneinander abhängig sind, einen Staat und eine Gesellschaft zu führen, die
trotz aller Kontroversen und Schwierigkeiten frei und demokratisch sind,
einen Staat, hinter dem zwar viele Kämpfe und Kriege liegen, dem jedoch auch
mit Sicherheit noch viele Erfolge und Errungenschaften bevorstehen.
Diese Erfolge können nicht ohne die starken Verbindungen
eintreten, die seit der Staatsgründung die gesamte Gesellschaft vereinten:
die Anerkennung des Rechtsstaats, die Anerkennung der gemeinsamen Existenz
des jüdischen Volkes in einem eigenen Staat und die Bereitschaft, einen
Beitrag für diesen Staat zu leisten und Opfer für ihn zu bringen. Das haben
Blaue und Orangefarbene gemeinsam, und das darf nicht plötzlich auseinander
brechen, weder wegen der Loslösung, noch wegen anderer Dinge.
Medienspiegel der Deutschen Botschaft Tel Aviv
hagalil.com 02-08-2005 |