Proportionen behalten:
Was haben Hans, Petersilie und Jerusalem gemein?
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Wegen Hans könnte der Dritte Weltkrieg ausbrechen und
wegen Petersilie schickte Spanien seine Marine vor die Küste Marokkos.
Hans und Petersilie sind winzige unbewohnte Inseln.
Petersilie wird von Spanien beansprucht und ist ein besserer Felsbrocken vor
der Küste Marokkos. Aus unerfindlichen Gründen kamen vor einem Jahr die
Marokkaner auf die Idee, ihre Flagge auf der Mini-Insel im Mittelmeer zu
hissen, was die Spanier nicht auf sich sitzen lassen konnten.
Wesentlich delikater ist der Streit um Hans, ein
gottverlassenes Inselchen in der Arktis zwischen dem dänischen Grönland und
dem kanadischen Festland. Grönland ist übrigens eine "Autonomie" und diente
als Vorbild für die palästinensische Autonomie. Der Streitapfel zwischen
Dänemark und Kanada ist gerade mal 1,3 Quadratkilometer groß und beherbergt
weder Baum noch Gestrüpp. 1974 haben Dänemark und Kanada ihre Grenze "mitten
in die legendäre Nordwestpassage zwischen Atlantik und Pazifik" festgelegt,
aber vergessen, dass es da noch ein paar Inseln gibt.
Nachdem Dänemarks Grönlandminister 1984 die Insel besuchte
und eine Brandy-Flasche mit angehängtem Zettel "Welcome to Denmark" begrub,
eskalierte eine gefährliche Krise zwischen Kopenhagen und Ottawa. Vor einem
Monat hisste der kanadische Verteidigungsminister auf Hans die rotweiße
Flagge mit dem Ahornblatt. Inzwischen patrouillieren Kanada wie Dänemark mit
Kriegsschiffen rund um die Insel. Da besannen sich die USA und Russland auf
ihre Interessen. Sollte die Nordwestpassage dank der Erderwärmung auftauen,
müsse die Meerenge zum internationalen Gewässer deklariert werden.
Weltumspannendes Krisengebiet also, obgleich kein Erdöl in der Region
vermutet wird und Hans noch keine Debatten im UNO-Sicherheitsrat ausgelöst
hat. Selbstverständlich maßen wir uns
keine Meinung an, welches Land die besseren historischen Ansprüche auf
Petersilie oder Hans besitzt. Und was hat das mit dem Quadratkilometer
Jerusalemer Altstadt mitsamt seinen Heiligtümern zu tun? Auch bei dem
lächerlich kleinen Jerusalem wollen wir nicht entscheiden, wer im Recht ist.
Spaniens Juan Carlos ist "König von Jerusalem", der Papst hält sich für den
Hüter Jerusalems, zusammen mit den Nachfolgern der Zaren.
Der König von Saudi Arabien hat in Konkurrenz mit dem
Haschemitischen Königshaus von Jordanien Ansprüche angemeldet, von
Palästinensern und Israelis ganz zu schweigen. Vielleicht sollte die
internationale Weltgemeinschaft den pingeligen Spaniern, Dänen, Kanadiern
und Marokkanern vorschlagen, ihren Streit wegen Hans und Petersilie gemäß
dem Prinzip "Land für Frieden" zu schlichten. Bewusst lassen wir offen,
welche Partei auf das Land verzichten sollte im Tausch für einen
langersehnten Frieden in Mittelmeer oder Arktis.
© Ulrich Sahm / haGalil.com
hagalil.com 24-08-2005 |