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Statt der israelischen werde ich die deutsche Flagge hissen:
Der Bayerische Sicherheitschef der Gaza-Siedler

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem

Der stellvertretende Sicherheitschef im Gusch-Katif Siedlungsblock macht keinen Hehl aus seiner Gesinnung. Scharon ist für ihn ein Verräter. Der Rückzug ist noch längst keine vollendete Tatsache. Zuhause mäht er seinen Rasen, während er einen Plan vorbreitet, um Entschädigung für jeden seiner Gummibäume zu verlangen. "Es ist mein Lebensziel geworden, den Staat zu schädigen", sagt der überzeugte israelische Nationalist. Dabei ist Michael Nitzan ein waschechter Bayer, vor zehn Jahren "zufällig" in Israel hängen geblieben, zum Judentum konvertiert, vor neun Jahren "zufällig" in den Siedlungsblock gelangt und dort seit sieben Jahren als Sicherheitsmann tätig.

Mit einer Schiebermütze auf dem Kopf, die Maschinenpistole vor sich auf dem Tisch zwischen Aschenbecher und Colaflaschen, stopft er ein halb-meter langes vollgefülltes Baguette in sich hinein. Den Mund wischt er sich am Ärmel seines schwarzen T-Shirt ab. Nachdem er sich mit großer Geste eine Zigarette angezündet hat, in schnodderigem Hebräisch mit einer bildhübschen Israeli am Nebentisch geflirtet hat, sagt er schließlich: "Jetzt bin ich bereit für das Interview".

Michael hat schon dutzende Scharfschützenattacken, Raketen und Granaten, Infiltrationen von Terroristen in jüdische Siedlungen und Bomben, "alles was internationaler Terror zu bieten hat" miterlebt. Angst habe er immer nur vorher und hinterher. "Zwischendurch ist man zu aufgeregt. Es geht alles viel zu schnell. Da hat man für Angst keine Zeit."

Für den geplanten Abzug hat Michael nicht viel Verständnis: "Wir sind mit Sicherheit dagegen und werden versuchen, das alles zu verhindern." Gleichwohl werde es keinen bewaffneten Widerstand der Siedler geben: "Nee, die Waffe dient nur zum Selbstschutz und zum Schutz der Siedler gegenüber Palästinensern. Waffen, das hoffen wir alle, bleiben auf beiden Seiten außen vor." Michael sieht einen geplanten Volksaufstand voraus. "Man kann sich mit Händen und Füßen gegen die Räumung wehren. Zehntausende Leute werden versuchen, die Räumung auch innerhalb von Israel zu verhindern, durch blockieren von Straßen, Lahmlegen der Infrastruktur. Aber so gewaltfrei wie möglich."

Als bewaffneter Sicherheitsmann soll Michael sich weder auf Seiten der Siedler noch der Armee an der Räumung beteiligen, sondern weiter für Schutz vor palästinensischen Attacken sorgen. Deshalb soll er als Letzter den Gazastreifen verlassen. "Ich habe einen deutschen Pass. Das ist natürlich ein Witz. Ich werde dann die israelische Fahne runterholen und die Deutsche hissen. Aber da würde ich hier keine 24 Stunden überleben. Die Araber würden mich in kleine, kleine Stücke schneiden", lacht Michael. Er wird von der Hamas steckbrieflich gesucht: "Richtige Plakate, mit meinem Kopf drauf. Wer mich umbringt, bekommt eine Belohnung von 10.000 Dollar und dem werden dann nur Söhne geboren, keine Töchter..." Deutsche Siedlungen werde es hier dennoch nicht geben: "Den meisten Deutschen wäre das hier viel zu heiß."

Wie wohl alle Siedler, hat auch Michael Scharon gewählt: "Ich könnte mir da heute noch die Hand abschneiden." Er bezeichnet Scharon als einen Diktator. Der Räumungsbeschluss sei Wählerbetrug: "Das muss man sich so vorstellen, als wenn in Deutschland die Grünen die Wahlen gewonnen hätten und zwei Tage nach der Wahl ein Atomkraftwerk in einem Naturschutzgebiet errichtet hätten", meint der Siedler aus Bayern.

"Scharon hat sich sein Regime aufgebaut. Er benimmt sich wie ein Diktator. Er hat seine eigene Partei befragt, die war absolut dagegen. Er hat trotzdem weitergemacht, gegen sein eigenes Versprechen. Er hat einen Volksentscheid mit allen Mitteln verhindert. Jeder Minister, der sich gegen diesen Plan gewandt hat, wurde sofort entlassen oder es wurde ihm mit der Entlassung gedroht. Ich glaube nicht, dass ein linker Regierungschef es soweit hätte bringen können."

Michael bezeichnet den Siedlungsblock als ein "Paradies ohne Kriminalität". An die Zäune gewöhne man sich und die allgegenwärtige Verwahrlosung sei "typisch israelisch". Er sei auf "Gottes Wegen" nach Gusch Katif gekommen und geblieben. "Das ist heute mein Zuhause. Jeder Mensch möchte in seinem Zuhause bleiben und wehrt sich mit Händen und Füßen, wenn man von seinem Zuhause vertrieben wird."

Der Rückzug werde für Israel "verheerende Auswirkungen" haben. "Der palästinensische Terror wurde doch nur verstärkt. Palästinenser würden sehen, dass fünf Jahre Terror, Mord der Weg ist, weitere Gebiete zu erhalten. Sie werden diesen Druck auch auf Jerusalem ausüben und andere Gebiete Israels. Es gibt keinen vernünftigen Grund warum die Palästinenser nicht mit dem Terror weitermachen und ihn sogar noch verstärken." In Gusch Katif habe es 50 Tote gegeben und weit über 120 gefallene Soldaten. "Aber man kann ja nicht immer vor dem Terror fliehen. In Netanja, in Jerusalem, in Tel Aviv, in jeder größeren Stadt in Israel gab es mindestens genau so viele Tote. Wenn wir die Städte verlassen, wo der palästinensische Terror Leute tötete, gäbe es in zwei Jahren kein Israel mehr."

Michael moniert vor allem, dass der Rückzug ein einseitiger Schritt sei, ohne Vertrag und ohne Frieden. "Mit den Ägyptern, das war ein internationales Friedensabkommen zu einer Zeit, als die Israelis zurecht wirklich den Arabern trauten. Israel und Ägypten haben ja einen....ziemlichen...Frieden. Also keinen hundertprozentigen. Aber mit diesem Zustand kann man leben. Sich heute auf die Palästinenser zu verlassen ist doch absoluter Selbstmord. Das ist unvorstellbar. Bei Scharon ist das kein Schritt sondern eine Flucht. Scharon flieht vor Terror, um seine Söhne vor einer Strafverfolgung zu retten. Die ganze Scharon-Familie ist in kriminelle Machenschaften verwickelt. Der Generalstaatsanwalt war ein Linker, der Scharon mehr hasste als der Teufel das Weihwasser. Scharon hat einfach versucht, die Linke durch die Räumung von Siedlungen zu beruhigen."

Nach Interview in der großen Siedlung "Palmenoase" nahe dem Einkaufszentrum, Supermarkt und einem mächtigen Verwaltungsgebäude, wie es für jede aus dem Boden gestampfte israelische Kleinstadt typisch ist, lädt Michael zum Kaffee in seinem Häuschen in der Minisiedlung Gadid ein. "Das sind Gummibäume, wie man sie im Wohnzimmer als Zierpflanze hat", sagt Michael, der gelernte Ingenieur aus Sonthofen voller stolz über mächtige Bäume mit schaufelgroßen Blättern, die in der feuchtheißen Luft des Gazastreifens seinem Gartentisch Schatten liefern. Anstelle der Schiebermütze trägt er jetzt das gestickte Käppchen frommer Juden auf dem Hinterkopf. Ein Nachbar bringt den Rasenmäher und stutzt Michaels Rasen. "Für uns geht das Leben weiter, als gäbe es keinen Rückzug." Seinen ganzen Verdienst hat Michael in den Garten investiert. "Allein für die Bewässerung muss ich jeden Monat 200 Euro hinblättern", sagt Michael. Sofort wird das Gespräch wieder politisch: "Die Palästinenser behaupten, dass die Siedler ihnen das Wasser stehlen." Michael reagiert sachlich: "Quatsch. Wir haben hier unsere Brunnen und die haben ihre. Im Sommer reicht das Wasser weder hier noch drüben. In den heißen Monaten August September beziehen die Palästinenser wie die Siedler das Wasser aus Israel, aus dem See Genezareth."

Zuletzt bittet Michael noch in das Wohnzimmer seiner bescheidenen "Zwei-Zimmer-Villa" mit Kochecke im Salon. In der Pfanne des Junggesellen kleben noch ein paar Bratkartoffeln von gestern. Schmutziges Geschirr füllt das Waschbecken. Unter dem Fernseher und einigen Musik-Discs liegen acht verbogene Reste palästinensischer Kassam-Raketen und einer Granate. "Die sind alle im Umkreis von 300 Metern um mein Haus eingeschlagen", sagt Michael und zeigt auf Schrammen von Splittern an der Zimmerdecke. Besonders stolz ist er auf das Exemplar einer "Burak-Rakete". Sie sei benannt "nach dem Esel von Muhammad, mit dem der angeblich in den Himmel geflogen ist. Die Rakete fliegt auch genau so wie ein Esel", lacht Michael und macht mit dem Arm das Flügelschlagen eines Vogels nach.

© Ulrich Sahm/haGalil.com

hagalil.com 31-07-2005

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