Wurzeln des Terrors:
Der Nahostkonflikt und der Terror in London
Wie Tony Blair wohlwollend die Armen
und die Palästinenser als Verursacher des Terrors in London in Verruf bringt
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Der britische Premierminister Tony Blair kennt nicht
die Täter der Terroranschläge in London. Aber er weiß schon, dass "dieser
Terror tiefe Wurzeln" habe: "Armut" und der Nahost-Konflikt.
Der G8 Gipfel hätte Blair belehren müssen, dass der
weltweite Terror seine Wurzeln nicht in der Armut des schwarzen Kontinents,
sondern in den Förderländern des schwarzen Goldes hat. Gelenkt wird er von
Multimillionären wie Osama bin Laden und ausgeführt von Studenten der
gehobenen Mittelklasse, wie Mohamad Atta. Weder der Saudi noch der Ägypter
haben etwas mit dem Nahostkonflikt zu tun. Auch nicht die Briten unter den
Selbstmordattentätern, wie Richard Read, der so genannte Schuhbomber, oder
die geborenen Pakistanis mit britischem Pass, die sich in Tel Aviv in einer
Strandbar nahe der amerikanischen Botschaft sprengten.
"Wurzeln" des Terrors legt freilich Scheich Qardawi, ein
einflussreicher Prediger, der jüngst in London Quartier aufgeschlagen hat.
Sein von der westlichen Presse unterschlagener Ruf, "nach Konstantinopel
jetzt auch Rom", also den Westen, "mit dem Islam zu befreien" schürt ebenso
den Terror wie der Spruch: "Sie (die westlichen Nationen) mögen die
Atombombe besitzen, aber wir haben Kinderbomber, mit denen wir bis zur
Befreiung weiterkämpfen."
Terror mit Entwicklungshilfe bekämpfen zu wollen, ist
romantisierender Sozialismus. Mit dem Nahostkonflikt als Wurzel des Terrors
ist nicht etwa eine Garantie des Existenzrechts Israels gemeint, sondern
vielmehr eine Erfüllung aller Forderungen der Palästinenser. Niemand
behauptete jemals, dass der weltweite Terror seinen Ursprung in
unbefriedigten israelischen Gelüsten nach mehr Land oder mehr Siedlungen
hätte. Terror und Nahostkonflikt in einem Atemzug auszusprechen, bedeutet
vielmehr, dass der Terror von Palästinensern oder im Namen der Palästinenser
betrieben wird, solange Israel nicht alle Forderungen der Palästinenser
erfüllt hat. Auch das verweigerte Rückkehrrecht, Israel mit vier Millionen
Flüchtlingen zu überschwemmen, was einem Ende des jüdischen Staates
gleichkäme, zählt zu den "Frustrationen" der Palästinenser, die aus Sicht
des Westens die Triebkraft für den internationalen Terror seien.
Die verbreitete Vorstellung, dass der Terror ende, sowie
die Palästinenser zufrieden sind, bedeutet im Umkehrschluss, dass der Terror
weitergeht, solange die politischen, territorialen und anderen Träume der
Palästinenser nicht (von Israel) erfüllt wurden. Das ist Erpressung.
Solange die Fatah, Hamas und andere palästinensische
Organisation mit diesem Argument Terror gegen Israel betrieben, tragen sie
selber die Verantwortung dafür. Doch zu behaupten, dass Bali, Madrid, New
York und London im Namen oder zum Wohle der Palästinenser ausgeführt worden
seien, ist eine Zumutung, die jeder anständige Palästinenser zurückweisen
sollte. Denn weder haben die Palästinenser El Qaeda darum gebeten, noch
haben Arafat oder Mahmoud Abbas diese Anschläge in Auftrag gegeben. Tony
Blair stellt aber wohlmeinend eine solche Verdingung her, indem er im "Leid"
der Palästinenser die "Wurzel des Terrors" von El Qaeda sieht.
Es dürfte klar sein, dass der Nahostkonflikt, oder genauer
ausgedrückt, dass die Probleme der Palästinenser mit den Israelis lediglich
als Vorwand dienen und von islamistischen Verbrecherorganisationen
instrumentalisiert werden. Es wäre naiv zu glauben, das El Qaeda die
Argumente ausgehen würden, sowie Israel sich auf die 67-ziger Linie
zurückgezogen und alle Siedlungen abgebaut hätte.
Die "Wurzeln des Terrors" liegen weder in der "Armut" noch
im Nahen Osten und nicht einmal im Islam, obgleich die meisten modernen
Attentäter Islamisten sind und sich auf den Koran berufen. Der islamistische
Terror ist eine mörderische Ideologie, die jegliche menschlichen Werte
verachtet, sogar ihre eigenen Kinder schnöde sterben lässt, um blindlings
unschuldige Zivilisten eines vermeintlichen Feindes zu ermorden. Dieser
Terror will die Weltordnung aus den Angeln heben. Es ist eine Art Weltkrieg,
angeführt von wenigen Fanatikern mit viel Geld und ohne konkrete
Vorstellung, wie die Welt nach ihrem "Sieg" aussehen sollte. Derartige
anarchistische Ideologien lassen sich nicht mit Armutsbekämpfung oder der
Zufriedenstellung eines fünf-Millionen-Minivolkes im vorderen Orient
ausmerzen.
Tony Blairs Analyse ist ein gefährliches
Ablenkungsmanöver, weil sie die wahre Wurzel dieses Terrors ignoriert, die
Armen dieser Welt und die Palästinenser in Verruf bringt, und letztlich die
Initiatoren dieses Terrors anfeuert, ihr blutiges Geschäft mit den
vorgeschobenen fadenscheinigen Begründungen weiter zu betreiben.
Nur allzu gut bekannt:
Londoner Terroranschlag aus
nahöstlicher Sicht
Der explodierte rote Doppeldeckerbus mit dem weggeflogenen
Dach war für viele Israelis ein "allzu gewohnter Anblick, schließlich waren
wir alle mal dort", sagt Dafna Vardi, Korrespondentin des israelischen
Rundfunks in London...
© Ulrich Sahm/haGalil.com
hagalil.com 11-07-2005 |