Es ist sehr leicht zu kritisieren:
Zur Artikelsammlung von Ari Shavit
Ben Caspit, Maariv, 07.06.2005
"Ein einseitiger Abzug der IDF wird die Staatsgrenzen
gefährden, eine Botschaft der Kapitulation an die Terrororganisationen
richten und Hamas ermöglichen, sich an der Grenzlinie zu stationieren. Der
gesamte Gazastreifen wird zu Hamasland werden, die militärische Lage wird
sich verschlechtern, so auch die Wirtschaftslage Israels". Das klingt
bekannt, oder? Ich habe dies vor dem Rückzug der IDF aus dem Libanon
geschrieben, nur anstatt Hamas-Hisbollah, anstatt Gazastreifen- Südlibanon.
Die Erklärungen stammten von den höchsten Generälen der
IDF, die nicht namentlich genannt werden wollten. Der Sicherheitsapparat
stellte sich auf die Hinterbeine, um Ehud Barak im letzten Moment daran zu
hindern, aus dem Libanon abzuziehen. Aber Barak zog die Armee ab, und das
kann ihm heute niemand nehmen. Und was geschah mit den Warnungen? Sie gingen
in Rauch auf. Es ist nett zu warnen, es kostet nichts zu drohen. Hingegen
ist es sehr viel schwerer zu entscheiden und umzusetzen. Denn wenn sich die
düsteren Prophezeiungen nicht verwirklichen, ist ja nichts weiter passiert.
Wenn schon, dann kann man sagen "ich hab's euch ja gleich gesagt". Wer das
Risiko einging, war Barak. Wer profitiert hat, ist der Staat Israel.
Tatsache: Die Nordgrenze ist ruhig, die IDF ist nicht mehr
im Libanon und das wichtigste: wir müssen nicht mehr 25 Soldaten im Jahr
begraben. Stellen Sie sich nur vor, was passiert wäre, wenn die Armee den
palästinensischen Terror bekämpfen und sich gleichzeitig mit der Hisbollah
auseinandersetzen müsste.
Und jetzt zu unserer Sache. Das Loslösungsprogramm ist
nicht perfekt. Es ist problematisch. Es birgt Risiken. Man hätte eine hohe
Gegenleistung von der Welt und den Palästinensern fordern können. Aber
andererseits ist es ein Programm. Nach seiner Umsetzung werden wir nicht
mehr in Gaza sein. Was kann daran schon schlimm sein? Es gibt keine
Alternative für dieses Programm. Es ist eine vollendete Tatsache, und die
ganze Welt wartet auf seine Umsetzung.
Die wichtige Artikelsammlung Ari
Shavits präsentiert uns eine Gruppe von Neunmalklugen und
Besserwissern, die Ratschläge und kostenlose Kritik liefern. Ob sie es wohl
gewagt hätten, diese gigantische, problematische, gefährliche und so
wichtige Maßnahme anzugehen? Ob sie es wohl gewagt hätten, die Verantwortung
dafür zu übernehmen? Niemals. Sharon ist der einzige, der dazu imstande ist.
Das ist seine letzte historische Aufgabe. Das versteht er auch. Alle anderen
begnügen sich mit einem Artikel in einem Buch und einer Überschrift in einer
Zeitung.
Am ärgerlichsten ist der neue Prophet des Zorns, Mosche
(Nostredamus) Ja'alon. Was zwischen "wir haben gewonnen" und "wir haben
verloren" passiert ist, weiß niemand. Nach der Loslösung kommt die dritte
Intifada? Und wenn keine Loslösung stattfindet, was kommt dann? Der Messias?
Und wenn, wie Ja'alon es behauptet, ein Palästinenserstaat die Sicherheit
Israels gefährdet und es zwischen dem Jordan und dem Meer keinen Platz für
zwei Staaten gibt, warum brüllte er seinerzeit "Abu-Masen muss gestärkt
werden" ? Wofür?
Erinnern wir uns doch bitte daran, wie es hier noch vor
einigen Monaten aussah. An das Blut, das die Straßen überschwemmt. Die
Depression, die Hilflosigkeit, die schwere Rezession. Die leeren Geschäfte.
In der Zwischenzeit erholt sich die Wirtschaft, die Einkaufszentren sind
voll, die Touristen kehren zurück. Der internationale Status Israels blüht
wieder auf. Der Terror nahm drastisch ab.
All das, und daran kann niemand rütteln, mit allem Respekt
vor Netanjahu, Ja'alon und sogar Außenminister Shalom haben wir dem
Loslösungsprogramm zu verdanken. Schaut doch nur, was in der Welt passiert
ist, schaut, welche Stimmung in Israel herrscht. Es kann schon sein, dass
die nächste Phase schwierig wird. Es kann sein, dass Kassam-Raketen fallen
werden (die bis heute drei Todesopfer gefordert haben, andere Anschläge
hingegen 1000), vielleicht aber auch nicht.
Es ist nicht einfach, das umzusetzen. Für Entscheidungen
dieser Art brauchen wir Führer. Für Ratschläge und Kritik haben wir all die
anderen.
Medienspiegel der Deutschen Botschaft Tel Aviv
hagalil.com 09-06-2005 |