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Die Ausplünderung des "werktätigen Volkes":
Antisemitismus in der kommunistischen Ideologie und der frühen DDR

Von Bea Schwager, Gruppe gegen Antisemitismus und Antizionismus Zürich
Erschienen in: "Vorwärts" Nr. 24 vom 17. Juni 2005

Antizionistische Parteisäuberungen in den Staaten des Ostblockes gipfelten 1952 im Schauprozess gegen Rudolf Slánský und in der Vollstreckung mehrer Todesurteile von meist jüdischen Mitangeklagten. Auch in der DDR wurden damals in einer Repressionswelle jüdische Organisationen verboten und etliche Juden verhaftet.

War diese Gewalt nur auf den allumfassenden Einfluss Stalins zurückzuführen, oder lassen sich Affinitäten der marxistisch-leninitstischen Ideologie zu antisemitischen Denkmustern aufweisen? Wie war es möglich, dass so kurze Zeit nach Auschwitz eine antisemitische Hetzrhetorik zu Verfolgungen von Juden und Jüdinnen führen konnte? Diesen und weiteren Fragen widmet sich eine interessante und argumentationsreiche Studie von Thomas Haury.

Wichtig ist Haury ein präzise bestimmter ideologietheoretischer Begriff des Antisemitismus. Dabei betont er insbesondere auch die Rolle des Nationalismus. Im antisemitischen Weltbild würden "die Juden" als "Feinde der Nation im Innern"; ja sogar als "Antiprinzip der nationalen Gemeinschaft" stilisiert und böten somit ein ideales Feindbild. Auf solche Feindbilder sei der Nationalismus angewiesen, gerade weil die behauptete Einheit "des Volkes" der Realität so wenig entspreche und deshalb in der Bekämpfung des vermeintlich "Anderen" permanent hergestellt werden soll. Antisemitismus sei nicht nur eine bloße Anhäufung von Vorurteilen, sondern ein Denkmuster für die Erklärung der Welt, das durch drei Grundprinzipe strukturiert werde: "Personifizierung gesellschaftlicher Prozesse mit daraus resultierender Verschwörungstheorie; Konstruktion identitärer Kollektive; Manichäismus, der die Welt strikt in Gut und Böse teilt und den Feind zum existentiell bedrohlichen, wesenhaft Bösen stilisiert, dessen Vernichtung das Heil der Welt bedeutet."

Zur Erklärung für linken Antisemitismus wird nicht selten auf eine der Frühschriften von Karl Marx verwiesen ('Zur Judenfrage'). Aufgrund der oben beschriebenen Definition von Antisemitismus zeigt Haury aber plausibel auf, dass Marx zwar antisemitische Stereotypen verwendete, inhaltlich aber klar gegen Antisemitismus argumentierte. Hingegen macht er deutlich, dass das Weltbild Lenins – trotz des Fehlens antijüdischer Einstellungen – eine strukturelle Affinität zum Antisemitismus aufweise, indem darin ein unüberbrückbarer Gegensatz zwischen "dem werktätigen Volk" und den "bourgeoisen Schmarotzern" hergestellt werde. Lenin habe den Kapitalismus als eine Art "Verschwörung bösartiger Kräfte", von einer "kleinen Gruppe von Finanzkönigen" beschrieben, derer es sich im Kampf für eine gerechtere Gesellschaft zu entledigen gelte.

Im Zuge der zunehmend nationalistisch argumentierenden KPD zur Zeit der Weimarer Republik wurden dem, zu einer Einheit zusammengeschweißten "deutschen Proletariat" implizit und zum Teil sogar explizit das "verjudete Finanzkapital" oder "jüdische Börsenjobber" als Ausbeuter entgegengestellt. Aber die Analyse der Ideologie der KPD zeige, dass gerade auch dort, wo nicht von Juden gesprochen werde, die antikapitalistische und "nationale" Propaganda der KPD in ihren Grundstrukturen erhebliche Ähnlichkeiten mit einem antisemitischen Weltbild aufweise.

Diese Ähnlichkeiten verschärften sich mit der Staatswerdung, die eine noch stärkere Betonung des "nationalen" nach sich rief. Die SED trieb, um sich gegenüber der BRD als das bessere Deutschland abzugrenzen, diesen Nationalismus auf die Spitze. Mit den zunehmend internen Schwierigkeiten und der Verschärfung des Kalten Krieges konstruierte die Propaganda ein immer schrilleres Bild einer existentiellen Fremdbedrohung. Dabei wurde der US-Imperialismus zusammen mit dem Zionismus zu einem Feindbild verschmolzen, welches in einer weltweiten Verschwörung von "Dollarkönigen" mittels "getarnter Agenten" die DDR zu zersetzen versuche. Die Forderung nach einer Restituierung "arisierten" Vermögens an die jüdischen Shoah-Überlebenden wurde als "Ausplünderung des werktätigen deutschen Volkes" zugunsten "zionistischer Monopolkapitalisten" bezeichnet. Somit wurden ausgerechnet in jenem deutschen Teilstaat, der sich als sozialistisch und antifaschistisch definierte, die jüdischen Opfer des NS zu Tätern gegenüber "dem (unschuldigen) deutschen Volk" stilisiert.

In der globalisierungskritischen Bewegung werden nicht selten die USA und Israel als Hauptfeinde ausgemacht. Der Frage, ob es sich dabei um einen "neuen Antisemitismus" handle, geht die Veranstaltung vom 23. Juni in Zürich nach sowie ein kürzlich erschienenes Buch u.a. mit einem Beitrag von Thomas Haury.

Veranstaltung mit Thomas Haury:
Antisemitische Motive aus der Anti-Globalisierungsbewegung

hagalil.com 23-06-2005

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