Auf unterer Ebene:
EU nimmt Treffen mit Hamas wieder auf
Nachrichtenartikel von Ze'ev Schiff, Ha’aretz,
16.06.2005
Übersetzung Daniela Marcus
Die Europäische Union hat die US-Regierung über eine
wesentliche Änderung bezüglich ihrer Kontakte zur Hamas informiert. Die
EU-Entscheidung, die die Amerikaner überraschte, erlaubt europäischen
Diplomaten unter dem Rang eines Botschafters, Gespräche mit Vertretern der
Hamas zu führen. Die Hamas kandidiert bei den Wahlen für den
palästinensischen gesetzgebenden Rat und wird sowohl von der
US-amerikanischen Regierung wie von der EU als Terrororganisation
eingestuft.
Die EU-Entscheidung reflektiert eine politisch-strategische
Wende in Bezug auf den israelisch-palästinensischen Konflikt und stellt den
ersten Schritt in Richtung Anerkennung einer Terrorgruppe dar, die explizit
zur Zerstörung des Staates Israel aufruft und Terrorakte gegen Zivilisten
als legitim einstuft.
Repräsentanten Israels haben scharfe Worte mit britischen
Beamten über dieses Thema gewechselt und gesagt, dieser weitreichende
Schritt werde den Vorsitzenden der palästinensischen Autonomie (PA), Mahmoud
Abbas, und die PA selbst schwächen. Die EU-Entscheidung garantiere einer
Terrorgruppe vor den Wahlen Legitimität – ein Schritt, der zukünftig auch
zur allmählichen Anerkennung des Islamischen Dschihad führen werde, sagen
die israelischen Repräsentanten.
Die Frage, die sich nun für Israel stellt, ist, ob es sich
gegen die Einbindung der EU in die Umsetzung des von den USA gestützten
"Friedensfahrplans" wenden und ob es einer direkten EU-Einmischung in den
palästinensischen Gebieten zustimmen soll. Die USA sieht sich einem
ähnlichen Dilemma von etwas geringerem Ausmaß gegenüber, da sie der Meinung
ist, es sollte keinerlei Zusammenarbeit mit der Hamas geben, nicht einmal
eine indirekte.
Die EU-Entscheidung fordert von der Hamas keinerlei
entgegenkommende Schritte, die die Organisation mäßigen und dazu führen
könnten, eine Lösung des Konfliktes mit Israel über gewaltfreie Mittel
anzustreben. Solche Forderungen wurden damals an die palästinensische
Befreiungsorganisation (PLO) gestellt, als sie erstmalig Anerkennung von und
Kooperation mit Washington suchte. Zu den Forderungen an die PLO gehörte die
Erklärung, dass sie Terrorakte nicht länger unterstütze, die Resolution 242
des UN-Sicherheitsrates und den Staat Israel anerkenne. Die EU führte vor
ihrer Entscheidung keine derartigen Diskussionen mit Hamas.
Während der Außenminister Großbritanniens, Jack Straw, letzte
Woche Israel besuchte, sagte er gegenüber Ha'aretz, die Enthüllung der
Tatsache, dass sich britische Diplomaten kürzlich mit palästinensischen
Bürgermeistern, die der Hamas angehören, getroffen hätten, reflektiere nicht
die generelle Politik Großbritanniens. Straw gehörte zu denjenigen, die den
Schritt, die Hamas auf die Liste der britischen und der europäischen
Terrorliste zu setzen, anführten. Er sagte, es sollte keine Gespräche mit
der Hamas-Führung geben bis die Organisation der Gewalt absage und Israel
anerkenne.
Im Jahr 2002 stellte die EU den militärischen Flügel der
Hamas auf ihre Liste der Terrorgruppen, jedoch nicht den politischen Flügel
der Organisation. Frankreich argumentierte damals, der politische Arm könne
eine Rolle in zukünftigen Friedensgesprächen mit Israel spielen. Infolge
eines Terroranschlags der Hamas auf einen Bus in Jerusalem, der 23 Tote
forderte, prangerten EU-Minister jedoch auch den politischen Flügel der
Organisation an und erklärten Hamas als eine Terrorgruppe.
hagalil.com 16-06-2005 |