Der Augenblick der Wahrheit ist gekommen: Generalstabschef Dan Halutz
hat den Gazastreifen zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Wer nicht in dem
Gebiet wohnt, kann den Streifen nicht mehr betreten. Die Entscheidung fiel
einen Tag nach den schweren Auseinandersetzungen zwischen Siedlern und
Palästinensern, die im Gebiet von Muassi in Gush Katif wohnen. Zur Stunde
tragen Soldaten von Zahal die letzten Demonstranten aus dem besetzten Hotel
"Maoz Yam" in Neve Dekalim (Gush Katif).
Im Verlauf der besonderen Lagebeurteilung, an der auch das Offizierskorps
von Zahal teilnahm, wurde auch eine Entscheidung zur Weiterführung der
Armeepolitik im Gazastreifen und zur Aufstellung zusätzlicher Truppen in
Gush Katif gefällt. Zahal wird seine Truppen verstärken, um der Gazadivision
zu ermöglichen, die Sicherheit der Bewohner gegen palästinensische Angriffe
sicherzustellen, andererseits können die Truppen durch die Verstärkung auch
die Ausschreitungen der Siedler besser in Schach halten. "Wir wägen beides
sehr ernsthaft ab, und die Entscheidungen werden ernsten Einfluss haben auf
den Abkopplungsprozess, der am 15. August beginnen soll", so ein führender
Offizier.
In der kommenden Nacht wird Zahal seine Truppen im Gazastreifen verstärken,
um sich auf weitere Übergriffe seitens rechtsextremer Aktivisten in Gush
Katif vorzubereiten. Im Rahmen der Verstärkung werden große Truppen der
Infanterie und des Panzerkorps nach Gush Katif verlegt, da die Armee
befürchtet, dass es zu Ausschreitungen und Steinigungen seitens Jugendlicher
aus Gush Katif kommen könnte, wie es kürzlich durch Jugendliche in der
Westbank geschehen ist.
Gestern Mittag wurde der 18-jährige Palästinenser Ziad Al Majaida bei
Auseinandersetzungen zwischen Siedlern aus "Tal Yam" und Palästinensern aus
Al-Muassi in der Nähe von Khan Younis im Gazastreifen lebensgefährlich
verletzt. Israelische Soldaten leisteten erste Hilfe, danach wurde der
Verletzte in das Krankenhaus von Khan Younis gebracht. Bei den
Auseinandersetzungen zwischen den beiden Seiten wurden drei weitere Personen
verletzt.
In den Mittagsstunden entdeckten israelische Soldaten eine Gruppe von
Palästinensern aus Al-Muassi, die sich auf ein Haus im "Siedlerstützpunkt
Tal Yam" zubewegten, das Siedler seit wenigen Tagen besetzt halten. Die
Palästinenser hatten zuvor auf einem anderen Haus des Stützpunkts die
Aufschrift "Mohammad ist ein Schwein" entdeckt. Sofort kam es zu gewaltsamen
Ausschreitungen zwischen den Palästinensern und den Bewohnern des
Stützpunktes, wobei auch Steine geworfen wurden. Die Soldaten, die in der
Nähe waren, eilten herbei, um die beiden Seiten zu trennen.
Der Stellvertretende Kommandant der Gaza-Division, Oberst David Menachem,
nahm gestern Abend zu den Ausschreitungen der rechtsextremen Aktivisten im
Gebiet von Muassi im Gazastreifen Stellung. "Es handelt sich um Jugendliche,
von denen die Ältesten 16 Jahre alt sind, und die uns hasserfüllt ansehen,
verfluchen und beschimpfen. Ich nehme das nicht persönlich und bin nicht
beleidigt", so Menachem.
Oberst Menachem beschrieb das Vorgehen der Jungen in einem palästinensischen
Haus in Muassi: "Sie stürmten am Sonntag das Haus und machten den Bewohnern
das Leben schwer. Gestern morgen sind wir gekommen, um sie festzunehmen, und
es gab einen gewaltsamen und zügellosen Kampf. Sie bewarfen uns mit Steinen,
obwohl sie wussten, dass sie israelische Offiziere verletzen." Am Ende der
Räumung, in deren Verlauf 35 Jungen weggebracht wurden, blieb eine
Givati-Truppe vor Ort, um die Jungen daran zu hindern, zurückzukehren.
Vertreter der Rechten sagten, dass die Entscheidung, den Gazastreifen
frühzeitig zu schließen, keine Überraschung sei. "Sharon steht unter Druck,
nachdem er verstanden hat, dass unsere Motivation seine Fähigkeiten der
Räumung überragt. Er geht zur nicht-demokratischen Methode der Schließung
von jüdischen Siedlungen über. Wir werden mit Tausenden und Abertausenden zu
den Sperren kommen, zu Fuß, in Fahrzeugen und auf jede mögliche Art und
Weise und die Abschiebung von Juden in einem jüdischen Staat nicht
zulassen."
Ma'ariv NRG, Botschaft des Staates Israel
47 Tage vor dem Rückzug:
"Er ist ein Araber, bringt ihn
um"
Hilal Mejaide, mit Unterhemd und Jeans bekleidet, liegt bewusstlos am
Boden. An der Stirn ein Blutfleck. Ein Stein hatte ihn am Kopf
getroffen. Ein Soldat kniet neben dem 15-jährigen Araber. "Falls Du ihn
behandelst, werden wir Dich umbringen"...