Gegen das Vergessen:
Ein Leuchter für Margot und Anne Frank
Von Heide Kramer, Hannover
Zwischen Dezember 1999 und Juni 2000 habe ich eine Menora
aus Papier, Pappe und Wachskerzen erarbeitet. In einem gezielt
chronologischen Ablauf beklebte ich das kleine Leuchter-Objekt mit Fotos aus
dem Leben von Margot und Anne Frank. Ich widmete diesen Leuchter allen
Kindern, die Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen geworden sind.
Auf der Menora dokumentieren die ersten Fotos das Leben der Schwestern
Frank, das für Margot am 16. Februar 1926 und für Anne am 12. Juni 1929 in
Frankfurt am Main beginnt. Es verläuft hier bis zur Emigration in die
Niederlande im Jahre 1933.
Dreht man den Leuchter, verweisen die nächsten Fotos auf
die Zwischenstation der Kinder bei der Oma Holländer in Aachen. Die Familie
Frank hat Frankfurt am Main bereits verlassen. Der Vater Otto kümmert sich
zunächst allein in Amsterdam um Arbeit und eine Wohnung. Er holt seine
Familie später nach. Margot und Anne verleben in Amsterdam bis zum Einmarsch
der Deutschen Wehrmacht am 10. Mai 1940 gemeinsam mit ihren Freundinnen und
Freunden ein relativ sorgloses Leben. Weitere Bilddokumente auf der Menora
lassen in aller Vielfalt entsprechende optische Eindrücke zwischen 1933 bis
ca. 1942 entstehen.
Kommende Bilder fallen fortan in die Vorstellungskraft eines jeden, der sich
mit der Biografie der Anne Frank intensiv beschäftigt. Weil von der SS im
Juli 1942 unverhofft für Margot ein Aufruf zum Arbeitseinsatz nach
Deutschland gekommen ist, taucht der Vater Otto Frank unverzüglich mit
seiner Familie in das lang und heimlich vorbereitete Versteck Prinsengracht
263 unter. In das Versteck folgen wenig später noch vier weitere Menschen:
Frau und Herr van Pels mit Sohn Peter und der Zahnarzt Herr Dr. Pfeffer.
Anne Frank nimmt ihr Tagebuch mit, das sie am 12. Juni 1942 zu ihrem 13.
Geburtstag geschenkt bekommen hat. Durch Annes Tagebucheintragungen erfährt
die Nachwelt, dass sich in der Prinsengracht manches abspielte, so die Liebe
Anne Franks zu Peter van Pels, Zwiespältigkeiten mit den Eltern, dem
Mitbewohner Herrn Dr. Pfeffer sowie der Schwester, Verzweiflung, Angst vor
Verrat und dem Entdecktwerden, Sehnsüchte und Träume, trotz allem auch
Humor! ----und: im Laufe dieser Zeit Anne Franks Heranreifen zu einer
weitsichtigen jungen Frau.
Unter den nächsten Bildern auf meinem Leuchter befindet sich schließlich
auch ein Foto vom Durchgangslager Westerbork. Hierher geraten die Familie
Frank und die anderen vier Leidensgefährten vom gemeinsamen Versteck aus der
Amsterdamer Prinsengracht, nachdem alle am 4. August 1944 von der Gestapo
verhaftet worden sind. Die Menschen erfahren die Deportation nach Auschwitz.
Margot und Anne Frank bleiben mit ihrer Mutter in Birkenau bis Ende Oktober
1944. Sie kommen in das Konzentrationslager Bergen-Belsen, das ihre letzte
Leidensstation wird. Die Mutter stirbt allein in Auschwitz-Birkenau am 6.
Januar 1945. Die anderen Mitbewohner aus der Prinsengracht überleben die
Konzentrationslager nicht.
Seit Januar 1945 herrschte durch die Überfüllung im Konzentrationslager
Bergen-Belsen eine große Sterblichkeit. Auch die Schwestern Frank erlebten
die Befreiung des Lagers durch die britischen Truppen am 15. April 1945
nicht mehr, sie starben im März 1945 an den Folgen der Lagerhaft.
Der Vater Otto Frank wurde am 27. Januar 1945 in Auschwitz durch die Rote
Armee befreit. Er kehrte in die Niederlande zurück und siedelte Anfang der
fünfziger Jahre gemeinsam mit seiner späteren zweiten Ehefrau Elfriede
('Fritzi') in die Schweiz über.
©Heide Kramer, Hannover.
Copyright für die kopierten und verkleinerten Bildmaterialien:
©Anne-Frank-Fonds, Basel/Schweiz;
©Anne-Frank-Stiftung, Amsterdam/Niederlande.
hagalil.com 10-05-2005 |