Computerpionier Weizenbaum:
Internet ist ein "Schrotthaufen"
Das Internet ist nach Ansicht des US-Computerexperten
und Philosophen Prof. Joseph Weizenbaum ein "Schrotthaufen" und verführt die
Menschen zur Selbstüberschätzung. Weizenbaum, der in den 60er Jahren das
Sprachanalyseprogramm ELIZA entwickelte, sprach im Rahmen einer
Vortragsreihe beim weltgrößten Computermuseum in Paderborn.
"Das Ganze ist ein riesiger Misthaufen, der Perlen
enthält. Aber um Perlen zu finden, muss man die richtigen Fragen stellen.
Gerade das können die meisten Menschen nicht."
Weizenbaum sagte weiter: "Wir haben die Illusion, dass wir
in einer Informationsgesellschaft leben. Wir haben das Internet, wir haben
die Suchmaschine Google, wir haben die Illusion, uns stehe das gesamte
Wissen der Menschheit zur Verfügung.
Kein Computer könne dem Menschen die eigentliche
Information liefern. "Es ist die Arbeit der Interpretation im Kopf, die aus
den Zeichen, die Computer anzeigen, eine Information macht. Wir kriegen auch
meistens nicht die Zeichen, die wichtig sind für eine Entscheidung." Die
wichtigsten menschlichen Errungenschaften seien es, kritisch zu denken und
wahrhaft zuzuhören.
Der emeritierte Forscher des Massachusetts Institute of
Technology ; kritisierte scharf das frühe Heranführen von Kindern an den
Computer: "Computer für Kinder - das macht Apfelmus aus Gehirnen." Die Folge
sei unter anderem, dass ein Großteil der Studenten nicht mehr kreativ
schreiben könne und zum Teil bereits Programmen das Zusammenstellen der
Hausarbeit überlasse. "Selbst an den besten Universitäten kann ein Viertel
der Studenten nicht schreiben." Weizenbaum sagte weiter: "Das Fernsehen ist
die größte kulturelle Katastrophe, die die Erde in der Zeit, an die wir uns
erinnern können, erlebt hat." Er ergänzte: "Die höchste Priorität ist es,
den Kindern Sprache beizubringen."
Zwischenfall in Jerusalem: Der türkische Premierminister
entfernte am Tempelberg die israelische Fahne von seinem Wagen
Von Itamar Eichner, Jediot Acharonot
Der Besuch des türkischen Premierminister Recep Tayyip
Erdogan endete mit einer bitteren Note auf dem Tempelberg. Erdogan weigerte
sich, das Gebiet des Berges zu betreten, während auf seinem Wagen die
israelische Fahne neben der türkischen Fahne weht, wie es vom diplomatischen
Protokoll vorgeschrieben wird. Die Leute des Außenministers beharrten
anfangs darauf, dass die israelische Fahne auf der Limousine verbleiben
soll, in der Erdogan während seines Israel-Besuches fuhr, doch die Türken
weigerten sich standhaft, unter der Begründung, dass Israel kein
Hoheitsrecht auf den Tempelberg besitzt. Letztendlich konnte ein Kompro-miss
gefunden werden: Erdogans Wagen fuhr im Osten der Stadt mit israelischer
Fahne, doch als sie das Gebiet des Berges betrat, wurde die israelische
Fahne entfernt. Als Erdogan aus dem Berg herausfuhr, wurde sogleich die
Fahne auf den Wagen montiert. Stellen im Außenministerium teilten mit, dass
aufgrund der großen Wichtigkeit, die diesem Besuch beigemessen wird,
beschlossen wurde, keine überflüssige Krise aufkommen zu lassen und einen
Kompro-miss zu finden, doch auch das konnte eine weitere Auseinandersetzung
bei der Einfahrt zum Berg nicht vermeiden. Die Türken mochten den Entschluss
nicht und beschwerten sich über unnötige Verzögerungen. Der Zwischenfall am
Tempelberg war der letzte in einer Reihe von peinlichen Ereignissen während
dem Besuch von Erdogan, der sich letzten Sonntag geweigert hatte, während
seines Aufenthalts im Iskor-Zelt in "Yad Vaschem" eine Kippa aufzusetzen.
Westliche Geheimdienste rechnen mit neuen Anschlägen in Ägypten
BERLIN - Bereits vier Tage vor den blutigen Anschlägen am vergangenen
Wochenende in Kairo hatten westliche Geheimdienste nach Informationen der
Berliner Tageszeitung "B.Z." vor neuen Terrorattacken in Ägypten gewarnt.
Auch in einem neuen Lagebild, das deutschen Sicherheitsbehörden und der
Bundesregierung vorliege, stehe wörtlich: "Mit weiteren Anschlägen ist zu
rechnen." Die Bekennerschreiben bisher unbekannter Gruppen seien nach
westlichen Erkenntnissen "wenig glaubwürdig", berichtete die Zeitung in
ihrer Freitagsausgabe weiter. Die Auswahl der Ziele zeige die ideologische
Nähe zum internationalen Dschihad: "Es kann daher auch nicht ausgeschlossen
werden, dass es zu Nachahmungstaten kommen wird."
Erstmals mehrere Kandidaten zu Präsidentwahl in Ägypten
erlaubt
KAIRO - Bei den Präsidentenwahlen in Ägypten im September können erstmals
mehrere Kandidaten antreten. Die verfassungsgebende Versammlung in Kairo
billigte eine entsprechende von Präsident Husni Mubarak vorgeschlagene
Ergänzung der Verfassung, berichtete die Nachrichtenagentur MENA. Der
77-jährige Mubarak, der Ägypten seit 24 Jahren regiert, will sich
voraussichtlich für eine weitere sechsjährige Amtszeit bewerben. Im Februar
hatte er sich dafür ausgesprochen, Gegenkandidaten zuzulassen.
Oppositionsparteien und Intellektuelle fordern mehr politische Freiheiten
und ein größeres Mitspracherecht. Auch die USA drängen auf demokratische
Reformen in Ägypten. Nach der Verfassungsergänzung können sich nach Angaben
von MENA Kandidaten politischer Parteien "ohne Vorbedingungen" zur Wahl
stellen. Einzelkandidaten benötigen die Unterschriften von Abgeordneten der
beiden Kammern des nationalen Parlaments und der regionalen Parlamente.
Jüdische Extremisten beten für Scharons Tod
JERUSALEM (AFP) - Aus Protest gegen den Gaza-Abzugsplan
haben jüdische Extremisten zu Gebeten für den Tod des israelischen
Regierungschefs Ariel Scharon aufgerufen. Entsprechende Flugblätter seien in
jüngster Zeit bei Demonstrationen gegen den Abzugsplan aufgetaucht,
berichtete die israelische Zeitung "Haaretz". Derweil bekräftigte die
israelische Justizministerin Zivi Lipni den bei Umweltschützern umstrittenen
Plan, Bewohner einer Großsiedlung im Gazastreifen möglichst gemeinsam nahe
Tel Aviv neu anzusiedeln. In den Flugblättern beriefen sich die unbekannten
Verfasser auf ultra-orthodoxe und nationalistische Rabbiner, unter ihnen
Rabbi Ovadia Josef, den geistigen Kopf der Schas- Partei. Er wurde mit einem
Ausspruch aus einer Predigt zitiert, die er vor mehreren Wochen gehalten
hatte: "Gott sollte Scharon einen Schlag versetzen, von dem er nicht wieder
aufsteht." Damals hatte Josef gesagt, seine Worte seien falsch interpretiert
worden; er wolle nicht Scharons Tod. Wegen des im Sommer geplanten Abzugs
der israelischen Armee aus dem Gazastreifen und vier Siedlungen im
Westjordanland hat Scharon bereits mehrere Morddrohungen erhalten. Im
September hatte der Rabbi Josef Dajan aus der jüdischen Siedlung Psagot im
Westjordanland mit dem Ausspruch für Empörung gesorgt, er wünsche wegen des
Abzugs den Tod Scharons.
Die israelische Armee suspendierte unterdessen einen
Kommandeur vom Dienst, dessen Einheit bei Ramallah zwei palästinensische
Jugendliche erschossen hatte. Die beiden waren im Dorf Bet Likia während
Protesten gegen die israelische Sperranlange tödlich von israelischen
Geschossen getroffen worden. Die Armee untersucht den Vorfall, der von
palästinensischer Seite als grober Verstoß gegen die Waffenruhe beschrieben
wurde.
ISRAEL NACHRICHTEN - TAGESZEITUNG IN DEUTSCHER SPRACHE
Druck: haDfus hachadasch
Wir bitten alle Postsendungen an die folgende Adresse zu
senden: ISRAEL NACHRICHTEN Postfach 28397, 61283 Tel Aviv, Hanegew Str. 5,
Tel.: 03-5372059 /4, Fax.: 03-5376166 Chefredakteurin d. ISRAEL NACHRICHTEN:
Alice Schwarz-Gardos E-Mail:
Nachrichten120@Yahoo.com
Medienspiegel der Deutschen Botschaft Tel Aviv
MAA (S. 6, Shmuel Mittelmann u.a.): Heute Debatte im
Obersten Gericht, mit einer Kammer bestehend aus sieben Richtern unter
Vorsitz von Aharon Barak, über 12 Eingaben von Siedlern gegen das
Räumungs-Entschädigungsgesetz
Die Staatsanwaltschaft: Die Entschädigung ist in
angemessener Höhe "Die Entschädigungsregelungen sind in manchen Fällen sogar
höher als der Wert der Wohnungen und Geschäfte", antwortet die
Staatsanwaltschaft. In der Zwischenzeit verspricht die Justizministerin:
Wenn genügend Leute als Einheit nach Nizzanim umziehen wollen, werden wir
eine neue Kommune dort gründen.
MAA (S. 7, Ilil Shachar u.a.): Sharansky legte gestern
sein Rücktrittsschreiben vor "Die Loslösung ist ein tragischer Fehler" "Die
Loslösung ist ein tragischer Fehler, an dem ich nicht beteiligt sein will",
erklärte gestern Minister Sharansky in dem Rücktrittsschreiben, das er dem
MP vorlegte. ...Nach dem Rücktritt kann Sharon nun zwei neue Likud-Minister
ernennen, entsprechend dem Verhältnis zwischen Likud und Avoda in der
Regierung. Die Kandidaten: Roni Bar- On und Se’ev Boim.
Bassis Leute:
Das Jonathan-Unternehmen
Nava Zuriel in der Wochenendbeilage M'ariw
Die Sela-Behörde soll den Auszug der Siedler aus ihren
alten Siedlungen und ihren Einzug in neue Wohnorte begleiten und
unterstützen. Als Jonathan Bassi, der Leiter der Behörde, nach Kadim und
Ganim (zwei zu räumende Siedlungen in Nord-Samaria) kam, wurde er dort als
"Hellenist" beschimpft. Aus dem Holocaust-Lexikon fanden die Siedler weitere
Schimpfwörter für ihn: "Judenrat" und "Kapo". Morddrohungen sind inzwischen
an der Tagesordnung.
Sein Mitarbeiter Shlomo (Momo) Zimmerman hat die
Siedlung Ofra mitbegründet und war ein Freund der Siedleranführer Chanan
Porat und Benny Katzover, die seine Taten heute als "tiefe Beschämung"
betrachten. In Samaria und Judäa hat Zimmerman noch immer eine sehr große
Familie, darunter auch sein eigener Sohn. Er selbst wohnt heute in Caesarea
und seine beiden Töchter sind aktiv bei Peace Now.
In der Sela-Behörde ist Zimmerman für die Gush-Katif-Siedlungen (im
Gaza-Streifen) verantwortlich. Zimmerman meidet die Presse, aber hat
kürzlich gesagt: "Ich schäme mich für nichts, was ich tue. Nicht dafür, dass
ich Ofra mitbegründet habe, und auch nicht dafür, dass ich für den
Premierminister arbeite. Zimmerman zählt zu einem kleinen Team von 12
Mitarbeitern, die eng mit Jonathan Bassi, dem Leiter der Sela-Behörde,
zusammen arbeiten.
Das Hauptquartier der Sela-Behörde befindet sich in der
Nesharim-Straße in Givat Shaul-Jerusalem und kürzlich wurden zwei weitere
Büros eröffnet, eines in Hadera und eines in Sderot. Alle 12 Mitarbeiter
haben ein eindrucksvolles Resume vorzuweisen und sie wurden ganz genau
ausgesucht, um zwischen der Regierung und den zu evakuierenden Siedlern zu
vermitteln. Diese Vermittleraufgabe ist sehr kompliziert und schwierig: Sie
sollen einen Dialog in feindlicher Umgebung führen, die keinerlei
Bereitschaft zum Entgegenkommen zeigt.
Die Siedler betrachten sie als die "Bösen", betrachten sie als die Exekutive
der Regierung. Aber diese 12 Mitarbeiter betrachten sich als Personen, die
nur helfen und den Siedlern die schweren Stunden erleichtern wollen. Ein
Rechtsanwalt, der mit der Sela-Behörde zusammen arbeitet, bestätigte diese
Woche: "Die Mitarbeiter sind erschöpft und sie können keine Antworten
bieten.
Jonathan Bassi, der Leiter der Behörde, kam nach Kadim und Ganim und
wurde dort als "Hellenist" beschimpft. Da ist viel Kraft notwendig, um diese
Treffen fortzusetzen und etwas in Bewegung zu setzen." Bassi, der Leiter der
Sela-Behörde, Mitglied des religiösen Kibbutzes Sde-Eliyahu bei Beit Shean,
war die große Hoffnung des Premierministers. Man ging davon aus, dass der
religiöse Bassi, einer von 'ihnen', ein Mann der religiösen Besiedlung, es
schaffen wird, die Herzen der Siedler zu gewinnen. Er besaß große Erfahrung
als Generaldirektor des Landwirtschaftsministeriums, als Leiter der Firma
'Mehadrin' und der Firma 'Bio-Bee'. Aber Bassi schaffte es bereits in der
Anfangsphase nicht.
Die Rechten sahen in ihm sofort denjenigen, der als Katalysator des
Evakuierungsprozesses damit beauftragt wurde, die Juden aus ihren Häusern zu
"entwurzeln" und er wurde somit zum "bösen" Mann der Siedler und zur
Zielscheibe ihres Zorns.
Aus dem Holocaust-Lexikon fanden sie Schimpfwörter für ihn: "Judenrat" und
"Kapo". Außerdem wurde er mit Veröffentlichungen über gegensätzliche
Interessen konfrontiert, weil er der Firma 'Mehadrin' vorsitzt, die Land bei
Ashkelon besitzt, wohin einige Evakuierte hinziehen sollen. Dutzende geheime
Treffen mit den Siedlern und das Bemühen um sie in den Regierungsministerien
haben die Feindseligkeit ihm gegenüber nicht beseitigen können. Als er
Morddrohungen erhielt, wurden ihm Leibwächter gestellt.
Der Generaldirektor des Wohnungsbauministeriums bezeichnet Bassi als "Opfer
der Situation". "Es ist schwer, Verhandlungen zu führen, wenn die andere
Seite keinerlei Entgegenkommen und Bereitschaft zeigt. Er sitzt einem
Apparat vor, der einfach nicht funktionieren kann. Es ist einfach sehr
schwer, einen so dramatischen Schritt mit religiösen, ideologischen,
juristischen und rechtlichen Auswirkungen durchzusetzen, und da ist es ganz
egal wer diesen Apparat leitet." In der Sela-Behörde ist man allerdings noch
immer überzeugt davon, dass es sich bei Bassi um den richtigen Mann an der
richtigen Stelle handelt.
Ein weiterer Mitarbeiter Bassis ist Moka Cohen, der zu den
Mitbegründern von Zur-Nathan in Samaria gehört. Cohen war unter
Verteidigungsminister Moshe Arens persönlicher Berater für
Besiedlungsangelegenheiten. Cohen gilt als Experte in in diesem Bereich. In
der Sela-Behörde ist Cohen für die Auffindung von Orten für die Umsiedlung
der Evakuierten verantwortlich.
Auch der Sprecher der Sela-Behörde, Chaim Altman, ist von Beruf
PR-Mann und kennt den religiöszionistischen Sektor sehr gut. Er ist auch
Sprecher der Yeshivah Kfar Haro'eh.
Für die vier Siedlungen in Nordsamaria ist in der Sela-Behörde Amos Zuk
verantwortlich. Zuk ist erfahren auf dem Gebiet Auflösung von verschuldeten
Kibbutzim und ist mitverantwortlich für das Kibbutzabkommen, welches 1987
mit der Regierung unterzeichnet wurde und in dessen Rahmen der Staat
Kibbutzschulden in Milliardenhöhe gestrichen hat.
Drei weitere Mitarbeiter der Sela-Behörde hatten in diesem Bereich mit Zuk
zusammen gearbeitet: Ami Chamzani, der jetzt bei Sela für die
Finanzaspekte der Sela-Behörde verantwortlich ist, Ilan Samema und
Gadi Hassid, beides Wirtschaftsexperten, die bei Sela mit Zimmerman
und Zuk eng zusammen arbeiten.
Dann gibt es noch zwei Rechtsberater bei Sela: RA Adiel Shomron und
Itaj Aharonson.
Auch der ehem. Brigadegeneral Daniel Stroll ist bei Sela tätig und
für den psychologischgesellschaftlichen Aspekt der Sela-Arbeit
verantwortlich. Bei den IDF war er für die Abteilung für
Verhaltenswissenschaften verantwortlich und das, was er bei Sela tut, ist
eigentlich nicht genau sein Spezialgebiet. "Dort ist doch eher klinische
Psychologie gefragt," teilt eine Stelle aus den IDF mit.
Dann gibt es noch David Davidian, einen Offizier aus dem ehem.
Gazasektor der IDF, der für die Kontakte zwischen der Sela-Behörde und den
IDF und der Polizei verantwortlich ist. All diese Mitarbeiter sind in den
letzten Wochen zum nationalen Punchingball geworden.
Es hat sich auch allmählich gezeigt, dass PM Sharon aus diesem Grunde
bereits mehrfach Wege der Umgehung der Sela-Behörde gefunden hat, um neue
Lösungen für die anstehenden Probleme wie z.B. das Nissanit-Projekt usw. zu
finden, an dem die Sela-Behörde nicht beteiligt war. Diese Umgehung
erreichte vor etwa zwei Wochen einen neuen Höhepunkt, als PM Sharon
beschloss, einen Ministerialausschuss zur beschleunigten Umsetzung der
Abtrennung und zur Aufnahme von Bauarbeiten in Nitzanim zu gründen.
Umweltminister Simhon bezeichnet dies als "Umgehungsstraße" um die
Sela-Behörde. Simhon kritisiert, dass die Sela-Behörde jetzt nicht
ausreichend von PM unterstützt wird… Als Bassi die Aufgabe übertragen wurde,
ging man im Wohnungsbauministerium davon aus, dass die Räumung so gut wie
von allein vorangehen werde und dass der Großteil der zu evakuierenden
Bevölkerung ohnehin von selbst Lösungen finden werde. In den letzten Monaten
zeigte Bassi zunehmend mehr Empathie gegenüber den Siedlern und schlug ihnen
Wohnlösungen vor, die bisher nicht angesprochen worden waren. Diese neuen
Pläne verliehen den Eindruck, als versuche man die Sela-Behörde zu umgehen.
De facto aber sind es die Israel Land Authority und das
Wohnungsbauministerium, die heute nach Lösungen für die Umsiedlung suchen
und sich um die Bauplanung neuer Ortschaften kümmern. "Sharon hat vor kurzem
die Möglichkeit einer Strategie erkannt, die es vorher nicht zu geben
schien, und zwar die Möglichkeit, doch ein Abkommen mit den Siedlern zu
erreichen," sagt Hr. Abuhav, der GD des Wohnungsbauministeriums. "Dafür ist
er bereit, weitere Möglichkeiten anzubieten, die es vorher nicht gab, so
z.B. Nitzanim, eine Alternative, die von der Sela-Behörde allerdings
abgelehnt wurde." Die Sela-Behörde war aufgrund der Lehren gegründet worden,
die man aus der Räumung von Yamit gezogen hat. Die Frustration und das
Trauma der Evakuierten von Yamit und Hevel Sadot sowie die Kritik an den
übertriebenen Entschädigungsgeldern, die Begin damals den Siedlern gab,
hatten Sharon, der damals Verteidigungsminister war, dazu veranlasst, im
PM-Amt eine Behörde einzurichten, die um eine Erleichterung der Belastung
für die zu evakuierenden Siedler bemüht ist… Der Sela-Behörde wurden drei
zentrale Arbeitsbereiche übertragen – Umsetzung des Entschädigungs-
(Abtrennungs-)Gesetzes, Hilfeleistung für die zu evakuierenden Siedler auf
persönlich-sozialer Ebene, Hilfeleistung bei der Findung eines neuen
Ersatzwohnortes, sowohl für Einzelpersonen oder –familien als auch für ganze
Gruppen. Aber die Realität zeigte sich ganz anders. Bereits gleich zu Beginn
der Einrichtung der Sela-Behörde im Juni letzten Jahres litt die Behörde an
Identitätsproblemen. Sie nannte sich "Abtrennungsbehörde" und wurde somit
automatisch als eine Behörde der "Entwurzelung" gesehen, als Exekutive einer
"Vertreibungspolitik", wie dies in einer Kampagne der Siedler formuliert
wurde.
Vielleicht auch wegen der Weigerung vieler Siedler die nahende Realität der
bevorstehenden Räumung zu akzeptieren, war das Resultat, dass bei der
Sela-Behörde bisher nur etwa 40 Anträge auf Entschädigung eingegangen sind,
von insgesamt etwa 1700 Familien, die heute in den zu räumenden Siedlungen
wohnen. Nur sehr wenige Vereinbarungen zwischen der Sela-Behörde und den
Bewohnern gibt es bisher: in Gush Katif sind die wichtigsten Vereinbarungen
vielleicht die Umsiedlung von 26 Familien aus Pat-Sadeh nach Mawki’im, die
Umsiedlung von 38 Familien aus Aley Sinai und Nissanit nach Bat-Hadar, die
Umsiedlung von 23 Familien aus Nissanit nach Karmia und die Erarbeitung
eines Abkommens zum Bau von 450 Wohneinheiten in Nitzan. In Nordsamaria wird
noch immer mit den Bewohnern von Homesh, Ganim und Kadim verhandelt.
"Selbst mit den Bewohnern von Ganim und Kadim, denen Ideologie nicht als
Hauptanliegen im Leben gilt, ist noch kein Abkommen mit der Sela-Behörde
abgeschlossen worden. Darin zeigt sich doch das große Problem von Bassi und
seinen Leuten", sagt eine Instanz im Regionalrat Samaria. Die
Veröffentlichung über das Bestehen eines Abkommens mit den Bewohnern von
Pat-Sade Ende des vergangenen Jahres hatte die Anführer des Kampfes gegen
die Abtrennung stark beunruhigt. Ihrer Ansicht nach führt die
Abtrennungsbehörde einen Psychokampf gegen sie und versucht den Eindruck zu
verleihen, dass ihr Kampf gegen die Abtrennung allmählich abschwächt. Die
Anführer des Kampfes behaupten, Bassi habe dafür die Schwachstellen in Gush
Katif ganz geschickt ausgenutzt. "Dieser Mann wurde mit der Pinzette ganz
exakt für diese Aufgabe ausgesucht und wir führen genau in diesem Punkt
einen sehr schweren Kampf gegen ihn aus," sagt Eran Sternberger, der
Sprecher der Gaza- Küste-Regionalbehörde. "Das hier ist ein schwerer
psychologischer Krieg, in dem alle Mittel eingesetzt werden können. Sie
versuchen, interne Streitigkeiten hervorzurufen. Und das werden wir nicht
zulassen." Der GD des Wohnungsbauministeriums ist aufgrund dieser
Begebenheiten überzeugt davon, dass die bisher so geringen Erfolge nicht an
der Arbeit der Abtrennungsbehörde liegen sondern eher bei der fehlenden
Zusammenarbeit von Seiten der Siedler. "Die Behörde wurde gegründet, als die
geplante Evakuierung von den Siedlern noch nicht verinnerlicht war und
jeder, der dennoch mit der Behörde in Kontakt trat, galt sogleich als
Verräter. Daher war die Kontaktaufnahme von Seiten der Behörde mit den
Siedlern von Anfang an sehr belastet. Die Arbeit der Behörde blieb rein
theoretisch, weil keine Vereinbarungen getroffen wurden.
Auch neue Wohnanlagen können nicht eingerichtet werden, wenn die
Vereinbarungen fehlen usw. usw. Das Finanzministerium finanziert doch erst,
wenn auch Unterschriften von Interessenten vorliegen." Andere Instanzen
beschuldigen die Führung der Siedler, die der Sela-Behörde den Boykott
erklärt haben. "Die Leute dort sind verwirrt, müssen den Verlust ihrer
Wurzeln bewältigen und fühlen sich in Bezug auf die Entschädigungssummen
zutiefst beleidigt, und darüber hinaus hat diese allgemeine Unklarheit hat
eine "Spirale des Schweigens" entstehen lassen, in der die Mehrheit der
Siedler zu ihrer Führung halten." Die Rechtsanwälte, die die zu
evakuierenden Bewohner vertreten, sind überzeugt davon, dass das Problem
nicht bei den Leuten der Sela-Behörde liegt, sondern bei den Befugnissen,
die ihnen übertragen wurden. "Eine Gruppe von etwa zehn Leuten kann einen so
umfassenden, großen Ablauf nicht allein bewältigen", meint einer der
Anwälte. "Jeder einzelne Fall erfordert endlos viele Genehmigungen und
unerhört viel Bürokratie... Der Gesamtansatz bei einem so komplizierten
Prozess ist wieder einmal typisch israelisch (nicht richtig durchdacht;
Anm.d.Ü.). Hier wird es viel Zorn geben, aber nicht unbedingt aus
ideologischen Gründen.
David Monsengo aus Kadim ist überzeugt davon, dass das Hauptproblem die
Tatsache ist, dass die Sela- Behörde das Abtrennungs-(Entschädigungs-)Gesetz
hätte umsetzen sollen, aber bis das Gesetz endlich in Kraft trat, entstand
eine Lage des Misstrauens gegen die Behörde. "Solange kein verabschiedetes
Gesetz vorlag, konnten sie keine Antworten bieten und es entstand der
Eindruck, dass die Behörde nicht den Bewohner hilft sondern der Regierung
hilft, die Abtrennung durchzubringen. Sobald die Bewohner merkten, dass die
Behörde keine Einrichtung ist, die ihnen hilft, haben sie ihr Entgegenkommen
bzw. ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit ihr gegenüber eingestellt. Auch
als dann das Abtrennungsgesetz verabschiedet war, begann man noch immer
nicht mit seiner Umsetzung, weil der Haushalt erst verabschiedet werden
musste. So und nun, wo es ein verabschiedetes Gesetz und einen
verabschiedeten Haushalt gibt, bleibt nur noch sehr wenig Zeit, eigentlich
gar nicht genug Zeit, um eine Ersatzortschaft zu finden. Für uns ist das
schon nicht mehr relevant." Eine Militärinstanz, die mit der Sela-Behörde
zusammenarbeitet, bestätigt ebenfalls: "Sie haben viel Zeit, viel zu viel
Zeit verschwendet, bis das Gesetz verabschiedet wurde. Die Verabschiedung
des Gesetzes hat sie dann plötzlich richtig überrascht, denn bis dahin lief
alles langsam unter dem Vorwand, erst mal das Gesetz und dann das Budget
abwarten. Als es dann so weit war, muss es nun schnell gehen und jetzt ist
nicht mehr genug Zeit." Man hätte die nun mögliche Umsetzung gewissenhafter
vorbereiten müssen, was nicht geschehen ist. Da müssen Fabriken,
Gewächshäuser, Wasserreservoirs verlegt werden und das geht nicht einfach
von heute auf morgen… Im Wohnungsbauministerium sagt man, dass bis vor sechs
Monaten, als Avi Maoz, ein begeisterter Siedlungsanhänger und Rechter, noch
GD war, nichts bewegt werden konnte und sich die Sela-Behörde in einer
unmöglichen Konfliktsituation befand und auf keinerlei Bereitschaft zur
Zusammenarbeit stieß.
Diese die heute stattfindet und vom Netvision
Institut zur Antisemitismus-Forschung im Internet, unter der Leitung von Eli
Cohen, abgehalten wird.
hagalil.com 08-05-2005 |