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Libanon:
Assads Hinterhof

Eine syrische Intervention beendete 1989 den libanesischen Bürgerkrieg. Heutzutage sind viele Libanesen mit der damals ausgehandelten Machtverteilung nicht mehr zufrieden.

Von Jörn Schulz
Jungle World 10 v. 09.03.2005

Nach sieben Wochen Belagerung lag der größte Teil des palästinensischen Flüchtlingslagers in Trümmern. Während die ausländischen Besatzungstruppen in der Umgebung die Stellung hielten, drangen christliche Milizionäre in das Lager ein und massakrierten die Einwohner. Etwa 2 000 Menschen wurden getötet, selbst der Milizenführer Pierre Maltchef musste zugeben, dass "einige Gefangene gefoltert wurden".

Ein Kriegsverbrecherprozess wegen des Massenmords in Tel al-Zatar im August 1976 wurde nie angestrebt, denn anders als beim Massaker in Sabra und Shatila im Jahr 1982 kamen die ausländischen Truppen aus Syrien und nicht aus Israel. Die Rolle der syrischen Truppen ist umstritten, sicher ist, dass sie keinerlei Anstrengungen unternahmen, um ihre christlichen Verbündeten, zu deren Unterstützung sie in den Bürgerkrieg eingegriffen hatten, an diesem Massaker zu hindern. Das war nicht unbedingt die Politik, die man vom syrischen Diktator Hafez al-Assad, einem erklärten Verfechter der palästinensischen und arabischen Sache, erwartete.

Doch auch die palästinensische Führung spielte eine dubiose Rolle. Der britische Journalist Robert Fisk schrieb: "Als Arafat Märtyrer benötigte, rief er zu einem Waffenstillstand um das eingeschlossene Flüchtlingslager Tel al-Zatar auf, dann befahl er seinen Kommandanten im Lager, auf ihre rechten libanesisch-christlichen Feinde zu feuern." Nach dem Massaker eröffnete Arafat ein "Märtyrerdorf" für Witwen getöteter Palästinenser, ausgerechnet in dem christlichen Dorf Damour, wo die PLO-Truppen zuvor alle Zivilisten massakriert hatten, die nicht rechtzeitig geflohen waren.

In der palästinensischen und der antiimperialistischen Mythologie wird der libanesische Bürgerkrieg bis heute als Kampf zwischen der arabischen Linken und der von den USA und Israel unterstützten christlichen Rechten betrachtet. Tatsächlich gehörte zu den Ereignissen, die die Eskalation herbeiführten, die blutige Niederschlagung einer Streikbewegung in der Hafenstadt Sidon im Februar 1975.

Der "Nationalpakt" von 1943, mit dem die französische Kolonialmacht die Herrschaft der christlichen Oligarchie sichern wollte, hatte ein fragiles konfessionelles System hervorgebracht. Seit Ende der sechziger Jahre hatte die PLO ihre bewaffnete Präsenz im Libanon Schritt für Schritt verstärkt. Mitte der siebziger Jahre fühlte sich die libanesische Linke stark genug, die Machtprobe mit der christlichen Rechten zu wagen, die damals von der 1936 nach dem Vorbild des Nationalsozialismus gegründeten Phalange geführt wurde.

Gegen die Phalange kämpften zunächst palästinensische Gruppen, libanesische Linksnationalisten, die KP, muslimische Milizen und die drusischen Truppen Kamal Jumblatts. Der Aufstand war keine soziale Revolte, Massaker an christlichen Zivilisten und die Beschießung christlicher Wohnviertel mit Artillerie waren schwerlich mit den Prinzipien proletarischer Solidarität vereinbar. Die PLO wollte, unterstützt von libanesischen Linksnationalisten, das Land zur Basis für den Kampf gegen Israel machen, während drusische, sunnitische und schiitische Politiker eine Chance erkannten, die Machtverhältnisse zu ihren Gunsten zu ändern. Mit der Amal entstand eine schlagkräftige schiitische Miliz, von der sich später die Hizbollah abspaltete.

"Im Widerstandskampf waren wir bestrebt, breiteste national-patriotische Kräfte unter unseren Losungen zu vereinen", erläutete der KP-Generalsekretär Georges Haoui 1986 die nationalistische Haltung seiner Partei. Die Linke war zu diesem Zeitpunkt bereits marginalisiert, die israelische Armee hatte 1982 den Abzug der PLO-Truppen erzwungen, und der Krieg war zu einer Angelegenheit der Warlords der konfessionellen Oligarchien geworden.

Die Warlords waren unfähig, den Krieg zu beenden. Gefragt war eine Ordnungsmacht, die mit den Warlords eine neue Verteilung der Macht aushandeln und die Einhaltung der neuen Regeln durchsetzen konnte. Israel und die USA hatten dies bereits erfolglos versucht. Hafez al-Assad gelang es jedoch im Jahr 1989, die verschiedenen Fraktionen der libanesischen Oligarchie zur Unterzeichnung des Abkommens von Taif zu zwingen.

Es blieb dabei, dass der libanesische Präsident ein Christ, der Ministerpräsident ein Sunnit und der Parlamentspräsident ein Schiit sein muss. Der Einfluss der muslimischen Oligarchie wurde größer, fortan stand ihr die Hälfte der Parlamentssitze zu. Die Warlords, die ohne Ausnahme Kriegsverbrechen zu verantworten hatten, wurden amnestiert, sofern sie sich dem Abkommen von Taif anschlossen. Viele sind noch heute, wie der Parlamentspräsident Nabih Berri, führende Politiker.

Vertreter des syrischen Regimes empören sich nunmehr darüber, dass ihre damalige Intervention, die von den USA wohlwollend geduldet wurde, nicht mehr gewürdigt wird. Immerhin war Assads Politik erfolgreicher als die meisten "humanitären Interventionen" der Uno. Der ba’athistische Diktator band die Warlords in ein System ein, das bei oberflächlicher Betrachtung sogar als demokratisch gelten kann. Doch keine wichtige Entscheidung kann ohne Zustimmung Syriens getroffen werden, und weiterhin besteht die libanesische Politik im Wesentlichen aus dem Interessenausgleich zwischen den konfessionellen Oligarchien.

"Die Abschaffung des politischen Konfessionalismus ist ein fundamentales nationales Ziel", heißt es im Abkommen von Taif. Da die Entkonfessionalisierung der Politik die weitgehende Entmachtung der Warlords bedeutet hätte, geriet das nationale Ziel schnell in Vergessenheit. Syrien fand im konfessionellen System mit seiner überschaubaren Zahl von zu manipulierenden Politikern ein gutes Instrument zur Kontrolle des Libanon und hatte ebenfalls kein Interesse an einem Wandel.

Die Protestbewegung stellt nun die syrische Dominanz in Frage. Politikern wie Walid Jumblatt dürfte es vorrangig um mehr Einfluss gehen, und ein Teil der Bourgeoisie hofft, von der ökonomischen Liberalisierung Syriens profitieren zu können, die im Bündnis mit den westlichen Staaten vorangetrieben werden könnte. Auf der Straße zeigt sich eine offenbar überwiegend von den Mittelschichten getragene Protestbewegung, für die Rafik al-Hariri zum Symbol einer liberalen kapitalistischen Zukunft geworden ist. Während die meisten Politiker ihre Stellung dem Status und dem Reichtum der "großen Familien" verdanken, die sie vertreten, erwarb Hariri sein Vermögen durch erfolgreiche Geschäfte in Saudi-Arabien.

Das konfessionelle System ist schwer aufzulösen, denn seine Vertreter entscheiden über Investitionen und Karrieren im Staatsdienst. Unter den politischen Kräften, die sich jenseits der "großen Familien" organisiert haben, waren bislang nur jene erfolgreich, die ihrer Klientel etwas bieten konnten, seien es die von Hariri verteilten Almosen und Bestechungsgelder oder die Sozialdienste der Hizbollah.

Die libanesische Linke hat sich durch ihre militaristische Politik während des Bürgerkrieges von sozialrevolutionären Zielen entfernt und die Konfessionalisierung begünstigt. Heutzutage schwanken die linken Gruppen zwischen dem antizionistischen Konsens im Bündnis mit Syrien und einer Protestbewegung, zu der auch die christliche Rechte gehört.

hagalil.com 15-03-2005

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